Das zweite Vaterland
sie bei ihrer freien Lage desto heftiger trafen, sicher widerstehen konnten.
Auf der Walfischinsel bildeten die harzreichen Bäume, die immergrünen Strandkiefern, jetzt schon dichte Gehölze. Die Anpflanzungen von Cocospalmen und anderen Nutzbäumen waren, seit dornige Hecken sie gegen alle Thiere beschützten, vortrefflich gediehen. In Zukunft war auch nichts mehr von den Hunderten von Kaninchen zu fürchten, die in der ersten Zeit alle jungen Triebe beschädigten. Verschiedene Seepflanzen boten den gefräßigen Nagern genügende Nahrung, unter anderen der
Fucus saccharinus
, nach dem sie vor allem lüstern schienen. Jenny traf bei ihrer Rückkehr jedenfalls das Eiland, das ihr der ältere Zermatt als persönliches Eigenthum überwiesen hatte, in vortrefflichstem Zustande an.
Auf der Haifischinsel ließen die Anpflanzungen von Mango-und Cocosbäumen und Kiefern nichts zu wünschen übrig. Hier mußten nur die Einfriedigungen verstärkt werden, in denen sich die schon fast zahm gewordenen Antilopen befanden. Gras und Blätter, die Hauptnahrung dieser Wiederkäuer, konnten ihnen für die Zeit des Winters nicht fehlen, ebensowenig das nöthige Wasser, das die am Ende der Insel entdeckte, niemals versiegende Quelle lieferte. Der ältere Zermatt hatte in der Mitte des Platzes einen Schuppen aus starken Planken errichtet, worin aller Art Vorräthe aufgespeichert lagen. Die auf der Oberfläche des Hügels aufgestellte Batterie endlich hatte ein festes, von überhängenden Bäumen beschütztes Dach, das von der Flaggenstange überragt wurde.
Am Tage dieses Besuches lösten Ernst und Jack, wie alljährlich beim Anfang und beim Ende der Regenzeit, die zwei regelmäßigen Kanonenschüsse. Diesmal freilich wurde keine Antwort von der Seeseite her vernommen, wie vor sechs Monaten bei der Ankunft der englischen Corvette. Als dann die beiden Geschütze wieder mit neuen Kartuschen und Schlagröhren versehen waren, rief Jack:
»Nach Verlauf von drei Monaten werden wir an der Reihe sein, der »Licorne« zu antworten, wenn sie die Neue Schweiz salutirt, und mit welcher Freude werden wir ihr unsere Antwort senden!«
Die letzte Ernte an Weizen, Gerste, Roggen, Mais, Hafer, Hirse, Maniok, Sago und Bataten wurde bald in den Schuppen und Scheuern von Felsenheim untergebracht. Dank einer verständigen Wechselwirthschaft hatten die Gemüsefelder Erbsen, Schwert-und Buschbohnen, Möhren, Steckrüben, Lauch, Lattich und Kopfsalat in überreichlicher Menge geliefert. Die Felder und Anpflanzungen mit Zuckerrohr und Obstbäumen lagen noch in der Nähe der Wohnstätte an beiden Ufern des Wasserlaufes. Die Einbringung der Weinernte von Falkenhorst vollzog sich noch in der dafür bestimmten Zeit, und was den Meth anging, fehlte es für diesen weder an Gewürz noch an Roggenmehlteig, seine Gährung zu unterstützen. Palmenwein besaß man ebenfalls in Ueberfluß, von dem noch vorhandenen Canarienwein ganz zu schweigen. Mehrere Tönnchen mit Branntwein, die vom Lieutenant Littlestone herrührten, lagerten in dem kühlen Untergrunde der Felsenhöhle. Als Brennmaterial für die Küche gab es in großen Haufen aufgestapeltes trockenes Holz und überdies bestreuten die zu erwartenden Stürme das Uferland bei Felsenheim jedenfalls mit einer Menge abgebrochener Aeste und Zweige, abgesehen von denen, die durch die Fluth aus der Rettungsbucht ans Land gespült wurden. Von einer Heizung der Wohn-und Schlafräume konnte man von vornherein absehen. Zwischen den Wendekreisen hier unter dem neunzehnten Breitengrade giebt es keine bemerkbare Kälte. Feuer bedurfte man nur für die Küche, sowie für die Wäsche und ähnliche häusliche Arbeiten.
Allmählich kam die zweite Hälfte des Mai heran und nun mußten alle Vorbereitungen bald beendigt sein. Unmöglich konnte man sich noch länger täuschen über die Vorzeichen des herannahenden schlechten Wetters. Mit Sonnenuntergang bezog sich der Himmel bereits mit Dunstmassen, die von Tag zu Tag dichter wurden. Der Wind schlug mehr und mehr nach Osten um, und bei dieser Richtung war die Insel allen Stürmen vom offenen Meere her preisgegeben.
Vor der vollständigen Einschließung in Felsenheim wollte der ältere Zermatt den 24. Mai noch zu einem Ausfluge nach der Einsiedelei von Eberfurt benützen, woran nur Wolston und Jack theilnehmen sollten. Es erschien rathsam, sich zu überzeugen, ob der Paß der Cluse hinreichend verschlossen sei, daß Raubthiere nicht dadurch eindringen konnten. Ein Ueberfall von solchen
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