Das zweite Vaterland
Flußpferden vernehmbar gewesen war. Wir wissen schon aus dem Berichte Fritzens über seine Fahrt auf dem Ostflusse, daß darin das Vorkommen dieser riesigen, halb amphibischen Dickhäuter in den Wasserläufen der Insel erwähnt worden war.
Da das Wetter prächtig und die See ruhig war, beschloß man, den jetzt weiter draußen aufgesprungenen Wind sich bestens zu nutze zu machen. Der ältere Zermatt erkannte zu seiner großen Befriedigung, daß es möglich sein werde, binnen fünfzehn Stunden, also noch vor Anbruch der Nacht, in Felsenheim zu sein.
Um den kürzesten Weg einzuschlagen und unmittelbar auf das Cap im Osten zuzusteuern, entfernte sich die »Elisabeth« eine gute halbe Lieue vom Lande. Die Passagiere genossen dann einen weiteren Ueberblick über die sich nach Süden hin drei bis vier Lieues ausdehnende Küste.
Der ältere Zermatt hatte die Schoten etwas anziehen lassen, um dichter am Winde zu segeln, und die Pinasse trieb nun, mit Steuerbordhalsen, dem Cap im Osten zu.
Gleichzeitig brachte Wolston, der auf dem Vordertheile stand, sein Fernrohr vor die Augen. Erst wischte er noch einmal das Objectivglas ab und schien dann sehr aufmerksam einen bestimmten Punkt des Uferlandes zu betrachten.
Wiederholt senkte er das Fernglas und erhob es immer wieder. Alle waren verwundert über die Spannung, mit der er den Horizont im Südosten überblickte.,
Zermatt übergab das Steuer an Jack und ging selbst nach dem Vordertheile der Pinasse, um Wolston nach der Ursache dieses etwas auffälligen Verhaltens zu fragen.
»Nein, sagte da von Wolston, ich habe mich doch getäuscht…
– Getäuscht? Worin denn, lieber Wolston, erkundigte sich Zermatt, und was haben Sie denn in jener Richtung zu sehen geglaubt?
– Einen Rauch…
– Einen Rauch?« wiederholte Ernst, durch diese Antwort betroffen.
Ein solcher Rauch hätte natürlich nur von einem am Ufer aufgeschlagenen Lager herrühren können. Das ergab dann aber die beunruhigende Schlußfolgerung, daß die Insel von Eingeborenen bewohnt war, oder daß Wilde auf ihren Piroguen von der australischen Küste herübergekommen und ans Land gegangen waren, um vielleicht ins Innere der Insel vorzudringen. Welchen Gefahren waren aber die Insassen von Felsenheim ausgesetzt, wenn solche Urbewohner je den Fuß auf das Gebiet des Gelobten Landes setzten!
»Wo meinten Sie den verdächtigen Rauch bemerkt zu haben? fragte der ältere Zermatt lebhaft.
– Dort, bei der letzten Spitze, die vom Ufer auf dieser Seite hinausragt.«
Wolston wies dabei nach dem äußersten, gegen drei Lieues entfernten Punkt des Landes hin, das von der bezeichneten Spitze ab nach Südwesten umbog.
Der ältere Zermatt und Ernst nahmen einer nach dem anderen das Fernrohr und blickten aufmerksam nach der angegebenen Stelle hinaus.
Die Zubereitung der Speisen und das Einmachen von Conserven. (S. 168.)
»Ich sehe nichts, erklärte der ältere Zermatt.
– Ich auch nicht,« setzte Ernst hinzu.
Wolston beobachtete selbst noch einige Augenblicke mit gespanntester Aufmerksamkeit.
»Nein, ich kann von einem Rauche nichts erkennen, sagte er. Es wird nur ein leichter grauer Dunst gewesen sein, eine kleine, in Auflösung begriffene Wolke.«
Diese Antwort lautete ja recht günstig. Immerhin behielt der ältere Zermatt den betreffenden Punkt, so lange er überhaupt sichtbar blieb, im Auge, sah aber nichts, was ihn hätte beunruhigen können.
Unter vollen Segeln glitt die »Elisabeth« schnell über das Meer, dessen leichter Wellengang sie nicht zu behindern vermochte. Schon um ein Uhr zu Mittag schwankte sie vor der »Licorne«-Bai, die eine Lieue von Backbord liegen blieb; dann folgte sie der Küstenlinie und steuerte geraden Weges auf das Cap im Osten zu.
Dieses Cap wurde gegen vier Uhr umschifft, und da die wieder steigende Fluth nach dem Westen der Rettungsbucht lief, genügte eine Stunde, die Strecke bis zu dieser zurückzulegen. Nachdem sie an der Haifischinsel vorübergekommen war, steuerte die »Elisabeth« auf den Schakalbach zu, und fünfunddreißig Minuten später landeten ihre Passagiere am Ufer in der Nähe von Felsenheim.
Elftes Capitel.
Vor der Regenzeit. – Besuch der Meiereien und der Eilande. – Die ersten Stürme. – Die Abende in Felsenheim. – Die Kapelle. – Ernsts Entdeckung und wie diese aufgenommen wird. – Fortdauer des schlechten Wetters. – Zwei Kanonenschüsse. – Auf der Haifischinsel.
Vierundeinenhalben Tag oder hundertacht Stunden hatte die Abwesenheit der
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