Das zweite Vaterland
den seine Kinder nöthigten, sich einige Ruhe zu gönnen, lösten Fritz, Ernst, Jack und Franz einander bis zum Tagesanbruche von der Wache ab. Von der Galerie des Hauses, die sie nie verließen, konnten sie das Meer bis zur Haifischinsel hin übersehen. Wäre ein Schiffslicht in der Einfahrt zur Bai aufgetaucht, so hätten sie es bemerkt und den etwaigen Donner einer Kanone hätten sie gehört, trotz des Gebrauses der Wellen, die sich mit furchtbarer Gewalt am Felsenufer des Landeinschnittes an der Bachmündung brachen.
Den Wachstuchmantel auf den Schultern, gingen sie nach der Mündung.
Als der wüthende Wind sich einmal mäßigte, gingen alle vier, den Wachstuchmantel auf den Schultern, nach der Mündung des Schakalbaches, konnten sich hier aber zum Glücke überzeugen, daß die Schaluppe und die Pinasse noch sicher an ihrem Platze lagen.
Das schlimme Wetter hielt volle vierundzwanzig Stunden an. Kaum vermochten in diesem Zeitraume Zermatt und seine Söhne bis halb nach Falkenhorst vorzudringen, um das Meer im weiteren Umfange übersehen zu können. Die weite Wasserfläche mit hochgehenden, sthaumgekrönten Wogen zeigte sich verödet. Es hätte sich bei diesem Sturme übrigens auch kein Schiff so nahe aus Land heranwagen dürfen.
Zermatt und seine Gattin hatten alle kaum aufgetauchten Hoffnungen schon wieder aufgegeben. Ernst, Jack und Franz, die von ganz jungen Jahren her das Leben hier gewohnt waren, bedauerten vielleicht gar nicht, daß jene Gelegenheit, es zu ändern, verloren gegangen schien. Fritz beklagte es freilich um seiner Brüder oder auch mehr um Jennys willen.
War jenes Schiff wirklich abgesegelt und sollte es in diese Meeresgegend nicht wiederkehren, wie hart enttäuscht mußte sich die Tochter des Obersten Montrose dann fühlen!
Die Möglichkeit, wieder zu ihrem Vater zu kommen, war ihr damit ja abgeschnitten. Wie lange Zeit würde wohl vergehen, ehe sich eine Gelegenheit, nach Europa zurückzugelangen, wieder darbot, wenn dieser Fall überhaupt noch einmal eintrat.
»Lassen wir die Hoffnung nicht sinken! redete Fritz dem jungen Mädchen zu, dessen Schmerz auch ihm so nahe ging. Jenes Schiff oder irgend ein anderes wird wieder hierherkommen, da jetzt das Vorhandensein der Neuen Schweiz bekannt geworden ist!«
In der Nacht vom 11. zum 12. October hatte sich der Wind mehr nach Norden gedreht und das schlechte Wetter nahm damit ein Ende. Im Inneren der Rettungsbai beruhigte sich das Meer sehr bald und mit Sonnenaufgang schäumten die Wellen am Ufer von Felsenheim schon nicht mehr empor.
Die ganze Familie trat ins Freie und ließ die Blicke in der Richtung nach dem offenen Meere hinausschweifen.
»Nun wollen wir sofort nach der Haifischinsel fahren, schlug Jack den anderen vor, selbst mit dem Kajak ist keine Gefahr mehr dabei.
– Und was thätet Ihr dort? fragte Frau Zermatt.
– Vielleicht liegt jenes Schiff dort im Schutze des Ufers noch vor Anker… und selbst wenn der Sturm es genöthigt hätte, die hohe See zu gewinnen, könnte es ja wieder zurückgekehrt sein. Wir geben dort einige Kanonenschüsse ab, und wenn darauf eine Antwort erfolgt…
– Ach ja, Fritz, ja! rief Jenny, die gern auf dem Eiland selbst mitgewesen wäre.
– Fritz hat recht, erklärte der Vater Zermatt, wir dürfen nichts außer acht lassen. Ist das Schiff noch da, so wird es uns hören und sich ebenfalls bemerkbar machen.«
Der Kajak war schon in wenigen Minuten zur Abreise fertig; als aber Fritz darin Platz nehmen wollte, rieth ihm sein Vater, mit seiner Mutter, seinen Brüdern und Jenny in Felsenheim zu bleiben. Ihn sollte jetzt Jack begleiten. Er werde eine Flagge mitnehmen, um damit zu melden, ob sie gute Nachricht mit heimbringen würden oder ob ihnen irgendwelche Gefahr drohe Im zweiten Falle werde er die Flagge, nachdem er sie geschwenkt hätte, ins Meer schleudern und Fritz sollte dann die ganze Familie nach Falkenhorst überführen. Er selbst und Jack würden auch schleunigst dahin kommen und im Falle der Noth wollten sie sich entweder nach den Meiereien von Waldegg oder Zuckertop, oder sogar nach der Einsiedelei Eberfurt zurückziehen. Schwenkte er die Flagge dagegen nur zweimal und pflanzte er sie darauf neben der Batterie auf, so läge nichts Beunruhigendes vor und Fritz sollte seine Rückkehr in Felsenheim abwarten.
Natürlich waren die erwähnten Signale von der Mündung des Schakalbaches aus, wenigstens mit Hilfe eines Fernrohres, ganz deutlich zu erkennen.
Jack zog den Kajak an den
Weitere Kostenlose Bücher