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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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felsigen Uferrand heran. Sein Vater und er stiegen hinein. Wenige Kabellängen vor dem Landeinschnitte der Bachmündung verminderte sich der Wellenschlag schon zu einem friedlichen Plätschern. Von den Pagaien getrieben, flog das leichte Boot schnell auf die Haifischinsel zu.
    Dem älteren Zermatt klopfte das Herz recht fühlbar, als sie an dem Eiland landeten und dann eiligst den Hügel hinanliefen.
    Beim Schuppen oben angelangt, machten sie Halt. Von hier aus konnten sie die Wasserfläche von dem Vorlande im Osten bis zum Cap der Getäuschten Hoffnung übersehen. Kein Segel war zu erblicken auf dem öden Meere, das draußen noch immer einen starken Wellenschlag zeigte.
    Als dann beide unter den Schuppen zurücktraten, fragte der ältere Zermatt noch einmal:
    »Dein Bruder und Du, Ihr seid also sicher, gestern gehört zu haben…
    – Vollkommen sicher! antwortete Jack. Es waren unzweifelhaft Kanonenschüsse dort von Osten her…
    »Gott gebe, daß es so ist!« sagte der ältere Zermatt.
    Da die beiden kleinen Geschütze von Fritz gleich wieder geladen worden waren, brauchten sie jetzt nur abgefeuert zu werden.
    »Jack, sagte dessen Vater, Du wirst zwei Schüsse im Zwischenraume von zwei Minuten abgeben und nach der Wiederladung des ersten Rohres noch ein drittesmal feuern.
    »Wie Du willst, Vater, antwortete Jack. Und Du?…
    – Ich werde mich an den nach Osten zugewendeten Rand der Hügelfläche stellen, und wenn eine Detonation von dieser Seite her käme, müßte ich sie da ja deutlich hören.«
    Da überdies der Wind nach Norden umgesprungen war, doch nur sehr schwach wehte, erschienen alle Nebenumstände so günstig wie möglich. Der Donner von Geschützen, ob er nun von Westen oder von Osten her kam, mußte, wenn die Entfernung einundeinehalbe Lieue nicht übertraf, leicht vernehmbar sein.
    Der ältere Zermatt nahm also an der Seite des offenen Schuppens Platz.
    Unter Einhaltung der verabredeten Zwischenräume gab Jack jetzt dreimal Feuer. Dann eilte er neben seinen Vater hin und beide blieben, das Ohr nach Osten gewendet, regungslos stehen.
    Da schallte eine Detonation deutlich bis zur Haifischinsel herüber.
    »Vater… Vater… rief Jack, das Schiff ist noch da!
    – Hören wir erst weiter!« antwortete Zermatt.
    Sechs andere Schüsse folgten in regelmäßigen Zwischenräumen dem ersten. Das noch unsichtbare Schiff gab also nicht nur Antwort, sondern schien auch sagen zu wollen, daß es damit nicht sein Bewenden haben solle.
    Nach zweimaligem Schwenken der Flagge, stellte der ältere Zermatt diese nun neben der Batterie auf.
    War das Krachen der Geschütze auch nicht bis Felsenheim hörbar gewesen, so wußte man dort jetzt, daß keine Gefahr zu befürchten sei.
    Uebrigens rief Jack, eine halbe Stunde nach der Rückkehr in die kleine Bucht, plötzlich
    »Ein siebenter Schuß!… Sie haben siebenmal gefeuert!
    – Und der Himmel sei siebenmal dafür gesegnet!« setzte Franz hinzu.
    Eine Beute der lebhaftesten Erregung, ergriff Jenny Fritzens Hand. Dann warf sie sich der Frau Zermatt in die Arme, die ihre Thränen durch innige Küsse trocknete.
    An der Anwesenheit eines Schiffes konnte also kein Zweifel mehr sein, da dieses der Batterie der Haifischinsel geantwortet hatte. Aus einem oder dem anderen Grunde mußte es in einer der Buchten an der Küste im Osten vor Anker gegangen sein und war vielleicht sogar während des Sturmes nicht genöthigt gewesen, diese zu verlassen. Jetzt aber segelte es gewiß nicht ab, ohne mit den Bewohnern dieses unbekannten Landes in Verbindung getreten zu sein. Erschien es da nicht rathsamer, nicht erst darauf zu warten, daß es von der Bai aus in Sicht kam?
    »Nein… nicht warten! Vorwärts! Fahren wir sofort dahin!« drängte Jack.
    Der alles überlegende Ernst machte hierzu indeß noch einige Bemerkungen, die auch der ältere Zermatt als richtig anerkannte. Niemand wußte ja, welcher Nationalität jenes Schiff angehörte, ebensowenig, ob es nicht vielleicht gar Seeräuber trug, die zur Zeit in diesen Theilen des Indischen Oceans sehr zahlreich waren. Das Schiff konnte ja selbst solchen Verbrechern in die Hände gefallen sein, und damit wären Zermatt und seine Familie den schlimmsten Gefahren ausgesetzt gewesen.
    Alle diese Gedanken tauchten ja ganz ungesucht auf.
    »Nun gut, erklärte Fritz, was wir noch nicht wissen, müssen wir in kürzester Frist zu erfahren suchen…
    – Ach ja… schnell… recht schnell! wiederholte Jenny, die ihre Ungeduld nicht bemeistern

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