Date mit meinen Ichs
begutachten. Es ist losgelöst von jeglicher Emotion und setzt den Fokus auf das logische und rationale Denken. Das Erwachsenen-Ich weiß nicht, was Sie erfüllt und glücklich macht. Es wartet auf die „Bestellung“ vom Natürlichen Kindheits-Ich.
Um dies an einem kleinen Beispiel zu verdeutlichen: Stellen Sie sich vor, Ihr Natürliches Kindheits-Ich gibt Ihrem Erwachsenen-Ich die Bestellung auf, dass es gerne Klavier spielen lernen würde. Das Erwachsenen-Ich nimmt die Bestellung auf, betrachtet sie als neues Projekt und beginnt sogleich mit der Realisierung. Die Aufmerksamkeit des Erwachsenen-Ichs wird in diesem Beispiel maßgeblich gesteuert vom Interesse des Kindheits-Ichs. Das Erwachsenen-Ich entwickelt eine selektive Wahrnehmung, um das Ziel zu realisieren. Wie ein Pilot, der einen klaren Kurs eingegeben hat und diesen auch einhält. Das Erwachsenen-Ich beschäftigt sich auf logischer und strategischer Basis mit der Thematik. Das Erwachsenen-Ich fragt sich nun: Wo könnte man am besten ein Klavier kaufen? Ist möglicherweise ein elektrisches Piano günstiger? Wie finde ich einen geeigneten Lehrer? usw. Die Form des Zusammenspiels ist höchst effektiv, vorausgesetzt, das Kindheits-Ich überfordert das Erwachsenen-Ich nicht täglich mit neuen Bestellungen. Doch dazu später mehr.
„Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.“
Curd Jürgens
Wir könnten theoretisch annehmen, dass die beiden Ich-Zustände, also das Kindheits- und das Erwachsenen-Ich, für unser Leben durchaus ausreichend wären. Aber wir leben nicht allein und so kommen wir zum dritten Ich-Zustand, dem Eltern-Ich, das sich in das Kritische Eltern-Ich und das Stützende Eltern-Ich unterteilt. Schauen wir uns zunächst das Kritische Eltern-Ich an.
Wir leben in einer Gesellschaft mit Regeln, die „ Sekundärfähigkeiten “, wie Pünktlichkeit, Sauberkeit, Ordnung, Höflichkeit, Ehrlichkeit, Treue, Gerechtigkeit, Fleiß/Leistung, Sparsamkeit, Zuverlässigkeit, Gewissenhaftigkeit erfordern. Diese haben sich historisch und kulturabhängig entwickelt. Ziel war und ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es uns ermöglichen, innerhalb einer Gesellschaft friedlich und harmonisch leben zu können. Das Wissen um Regeln erleichtert das Leben innerhalb einer Kultur, auch wenn sich das Natürliche Kindheits-Ich so manches Mal dagegen sträubt. Das Ergebnis unserer jahrelangen Erziehung mit dem Fokus auf die Vermittlung und Einhaltung sekundärer Fähigkeiten ist im Kritischen Eltern-Ich lokalisiert. Es ist ein von Menschen gemachtes Konstrukt. Wann immer wir geneigt sind zu werten, sei es z. B. über das Verhalten, die Manieren oder das Aussehen einer Person, kommt dies vom Kritischen Eltern-Ich. Es ist sehr „ pflicht- und mussgesteuert “ und anscheinend nie zufrieden.
„Ich habe mir meine Meinung bereits gebildet. Bitte verwirren sie mich nicht durch Tatsachen.“
Hermann Josef Abs
Sie kennen bestimmt die Situation: Sie sitzen gemütlich auf dem Sofa, doch nach wenigen Minuten spricht das Kritische Eltern-Ich mit lauter Stimme zu Ihnen und fragt Sie, ob Sie nichts zu tun hätten? Schließlich wartet doch so viel Arbeit auf Sie! Oftmals wurden wir so erzogen, dass Nichtstun etwas Schlechtes ist.
Vermutlich kennen Sie diese Aussagen auch:
„Ein Junge weint nicht!“
„Wer Schwäche zeigt, ist ein Versager!“
„Das ist nichts für dich!“
„Dies steht dir nicht zu!“
„Man widerspricht nicht!“
„Mach deine Arbeit und achte darauf, dass du nicht auffällst!“
„Was sollen die Leute von dir denken! Schäme dich!“
„Du glaubst wohl, etwas Besonderes zu sein!“
„Das heißt nicht ich und Hans, sondern Hans und ich!“
„Wenn ich meine Rente bekomme, fängt mein Leben an!“
„An erster Stelle im Leben steht die Sicherheit!“
„Ohne Ellenbogen kommt man heute nicht mehr durchs Leben!“
„Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben!“
„Da kannst du mir sagen, was du willst, ich bleibe bei meiner Meinung!“
Charakteristisch für das Kritische Eltern-Ich ist ebenso, dass es alles bereits weiß und sich anmaßt, richten zu dürfen. Selbst wenn es objektiv nicht sein kann, beharrt das Kritische Eltern-Ich darauf, dass es so ist.
Gerhard Polt, ein bayerischer Kabarettist, beschreibt dies sehr treffend in einem seiner Stücke:
Sagt eine Frau zu ihrer Freundin: „Die Frau Mayer klaut mir schon über zwei Wochen meine Tageszeitung aus dem Briefkasten.“ Worauf die
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