Daughter of Smoke and Bone
geglaubt hatten, dass ihre Liebe einen göttlichen Zweck gehabt hatte. Und doch war es so schön gewesen. Was sie mit Akiva geteilt hatte, konnte von Scham nicht berührt werden. Madrigal hob die Stimme und sagte: »Wir haben zusammen von einer neuen Welt geträumt.«
Ein langes Schweigen folgte, in dem Brimstone sie nur ansah, und wenn sie sich als Kind nicht ein Spiel daraus gemacht hätte, seinem Blick standzuhalten, wäre sie jetzt nicht imstande gewesen, es auszuhalten, und auch heute brannte sie darauf zu blinzeln, als er schließlich sagte: »Und deswegen sollte ich mich deiner schämen?«
Mit einem Schlag kam das Mühlrad des Leids in Madrigal zum Stillstand – ein Gefühl, als bewegte sich ihr Blut plötzlich nicht mehr. Sie machte sich keine Hoffnungen … das wagte sie nicht. Was meinte Brimstone damit? Würde er mehr darüber sagen?
Nein. Er stieß einen langen Seufzer aus und wiederholte den Satz, mit dem er zu ihr gekommen war: »Ich kann dich nicht retten.«
»Ich … ich weiß.«
»Yasri schickt dir das hier.« Er steckte ein Stoffbündel durch das Gitter, und Madrigal nahm es entgegen. Es war warm und duftete köstlich, und als sie es auspackte und darin die Vanillehörnchen sah, mit denen Yasri sie schon seit Jahren erfolglos zu mästen versuchte, traten ihr Tränen in die Augen.
Behutsam legte sie das Päckchen zur Seite. »Ich kann nichts essen«, sagte sie. »Aber … würdest du Yasri bitte trotzdem sagen, dass sie wunderbar geschmeckt haben?«
»Das werde ich.«
»Und … Issa und Twiga.« Der Schmerz schnürte ihr die Kehle zu. »Sag ihnen …« Wieder musste sie die Knöchel an die Lippen drücken, und nur mit äußerster Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten. Warum war das in Brimstones Gegenwart so viel schwieriger? Ehe er hereingekommen war, hatte die Wut ihr geholfen, hart zu bleiben.
Obwohl sie ihm noch gar nicht aufgetragen hatte, was er ausrichten sollte, erwiderte er: »Das wissen sie, Kind. Das wissen sie längst. Und sie schämen sich deiner auch nicht.«
Auch nicht.
Mehr sagte er nicht, aber es reichte, und Madrigal brach in Tränen aus. An die Gitterstäbe gelehnt, weinte sie, mit gesenktem Kopf, und als sie seine Hand auf ihrem Nacken spürte, weinte sie noch heftiger.
Er blieb bei ihr, und sie wusste, dass niemand außer Brimstone – mit Ausnahme des Kriegsherrn selbst – Thiagos Befehl, dass sie keinen Besuch bekommen durfte, hätte außer Kraft setzen können. Er war mächtig, aber nicht einmal er konnte Madrigals Urteil aufheben. Dafür war ihr Verbrechen zu schwer, ihre Schuld zu eindeutig.
Nach und nach versiegten die Tränen, und Madrigal fühlte sich gleichzeitig leer und … besser, fast so, als hätte das Salz all ihrer ungeweinten Tränen sie vergiftet und das Weinen sie nun gereinigt. Noch immer lehnte sie am Gitter, Brimstone war auf der anderen Seite in die Hocke gegangen. Auf einmal begann Kishmish zu piepen, in regelmäßigen Intervallen, eine typische Kombination, die Madrigal als Mischung aus Befehl und Bitte nur allzu gut kannte, und sie brach Stückchen von Yasris Hörnchen ab und fütterte ihn damit.
»Gefängnispicknick«, sagte sie mit einem schwachen Versuch zu lächeln, der jedoch abrupt unterbrochen wurde.
Sie hörten es gleichzeitig – ein Schrei von solch abgrundtiefer Qual, dass Madrigal sich zusammenkrümmte, ihr Gesicht auf die Knie und die Hände auf die Ohren presste und sich in Dunkelheit, Stille, Leugnen stürzen wollte. Aber es klappte nicht. Der Schrei war bereits in ihrem Kopf, und selbst als er abbrach, hallte sein Echo in ihr nach.
»Wer wird der Erste sein?«, fragte sie Brimstone.
Er wusste sofort, was sie meinte. »Du. Und der Seraph muss zuschauen.«
In einem seltsamen Anflug von Distanz erwiderte sie: »Ich dachte, Thiago würde sich für das Gegenteil entscheiden und mich zuschauen lassen.«
»Ich glaube«, erwiderte Brimstone mit einem gewissen Zögern, »ich glaube, er ist noch nicht … noch nicht fertig mit ihm.«
Ein Laut wie ein leiser Schrei kam aus Madrigals Kehle. Wie lange? Wie lange würde Thiago ihn noch foltern?
»Erinnerst du dich an den Wunschknochen?«, fragte sie Brimstone. »Damals, als ich noch klein war?«
»Ja.«
»Ich habe mir damit etwas gewünscht. Oder eigentlich habe ich etwas
gehofft
, denn er besitzt ja nicht wirklich Magie.«
»Hoffnung
ist
die wahre Magie, Kind.«
Bilder blitzten durch ihr Bewusstsein. Akiva, der sein Lichtlächeln lächelte. Akiva, den man zu
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