David Weber - Honor Harrington 20 - An Bord der Hexapuma
der Provisorischen Gouverneurin dem Parlament zu melden, noch hätte ich, das muss ich zugeben, erwartet, dass man dies von mir erwartet.«
»Madam President, ich fürchte, Sie verstehen entweder meine Frage nicht oder versuchen ihr absichtlich auszuweichen.« Diesmal war Ranjinas Stimme zur Klinge eines gefrorenen Dolchs geworden. »Vor über vier T-Monaten hat die Baronin Medusa Sie informiert, dass der fortgesetzte Stillstand im Verfassungskonvent − der nach allen mir vorliegenden Berichten hauptsächlich auf die vorsätzlichen Bemühungen der Freiheitlichen Verfassungspartei zurückzuführen ist, die Sie im Spindle-System gegründet haben − den Anschluss gefährdet. Vor drei T-Monaten informierte Baronin Medusa Sie dass das Sternenkönigreich von Manticore sich nicht mehr an seine Zusage gebunden fühlt, den Talbott-Sternhaufen anzuschließen, wenn der Konvent nicht innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens einen Verfassungsentwurf vorlege. Und vor zwei T-Monaten wurden sie weiterhin informiert, dass ein festes Zeitlimit von einhundertfünfzig Standardtagen existiere, nach dessen Verstreichen ohne die Vorlage eines Verfassungsentwurfs die Regierung Königin Elisabeths entweder vollständig von dem Anschluss Abstand nehmen oder eine Liste von Sonnensystemen vorlegen würde, die von zukünftigen Anschlussversuchen ausgeschlossen wären, und dass das Split-System auf dieser Liste erschiene.«
Die geflüsterten Wortwechsel, die Ranjinas Angriff zuerst hervorgerufen hatten, waren einem immer lauter anschwellenden konsternierten Gemurmel gewichen, je länger die Vizevorsitzende mit ihrer eiskalten Stimme redete. Tonkovics Gesicht war gefleckt vom Elfenbeinweiß des Schocks und dem tiefen Rot der Wut. Sie konnte es einfach nicht glauben. Sie konnte nicht fassen, dass selbst eine Hinterbänklerin der Schlichtungspartei wie Ranjina ihr so etwas antun konnte! Damit verstieß sie gegen jeden Aspekt des Kodexes, nach dem man politische schmutzige Wäsche nicht in der Öffentlichkeit wusch. Selbst die bittersten Konflikte zwischen den etablierten Parteien folgten gewissen Regeln und hatten einige Grenzen. Die Reaktion der Reporter hinter ihr machte nur allzu deutlich, dass der Kern von Ranjinas kalt spezifizierten Anschuldigungen nie öffentlich gemacht worden waren, und die Planetare Präsidentin knirschte in einer Mischung aus Demütigung und Wut mit den Zähnen.
Sie funkelte Gazi an, und ihre hellen grünen Augen verlangten, dass er Ranjina zügelte, doch der Vorsitzende des Komitees wirkte genauso gelähmt wie Tonkovic selbst. Ihm schwindelte, während er nach einer Möglichkeit suchte, Ranjina zum Schweigen zu bringen, doch offensichtlich hatte er keinen Erfolg. Er wusste nicht, wie er dagegen einschreiten sollte, denn Angehörige des kornatischen politischen Establishments unternahmen solch brutale Frontalangriffe einfach nicht. Er hob seinen Hammer, doch er zögerte und versuchte, sich einen akzeptablen Vorwand auszudenken, um sie zum Schweigen zu bringen, doch es gab keinen. So grob und hinterhältig ihr Angriff auch gewesen war, sie hielt sich an den Rahmen ihres Rechtes, die fünfzehn Minuten Redezeit so zu nutzen, wie sie wollte. Und sie war noch nicht fertig.
»Die Delegation von Autorität und Nachrichtenlaufzeiten sind ja schön und gut, Madam President. Aber wie Sie selbst zugaben, beträgt die maximale Verzögerung für einen Gedankenaustausch nur fünfzehn Tage. Aber nicht einhundertvierzig Tage, nicht zweiundneunzig Tage, nicht einmal einundsechzig Tage − sondern fünfzehn. Ich stimme Ihnen zu, dass man sich einer unvermittelten Krise in dem Augenblick stellen muss, in dem sie entsteht, doch es ist eine ganz andere Sache, Ihre komplette Regierung einer Politik Ihrer eigenen Schöpfung zu unterwerfen, ohne auch nur eine Seele auf diesem Planeten zu warnen, was Sie vorhaben. Eine Politik, bei der man Sie ausdrücklich gewarnt hat, dass sie dazu führen könnte, dass unserem Sonnensystem der Anschluss verweigert wird, für den mehr als siebzig Prozent unserer registrierten Wähler gestimmt haben. Das ist nicht nur simple Arroganz, Madam President. Das grenzt an die Anmaßung diktatorischer Macht und offenkundigen Amtsmissbrauch.«
Tonkovic fiel aus purem Unglauben die Kinnlade herunter. Ranjina hatte keine Frage gestellt, nicht einmal eine verschleierte politische Position geäußert. Es war eine Anklage. Eine Anklage, die so hinterhältig präsentiert wurde, wie sie seit über zweihundert T-Jahren
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