David Weber - Honor Harrington 20 - An Bord der Hexapuma
Tonkovic Ranjina für eine Null. Sie hatte nie begreifen können, wieso jemand, der einmal einen sicheren Posten innerhalb der Partei der Sozialen Mäßigung besaß, plötzlich zur Schlichtungspartei übertreten konnte.
»Madam President«, fuhr Ranjina in freundlichem Ton fort, »Ihrem Bericht über Ihre Vertretung Kornatis beim Verfassungskonvent habe ich mit beträchtlichem Interesse zugehört. Allerdings gibt es da einen oder zwei Punkte, über die ich mir nicht ganz im Klaren bin. Wären Sie so freundlich, mir darin Aufklärung zu geben?«
»Ich möchte es sicherlich gern versuchen, Madam Vice Chairwoman.«
»Vielen Dank. Eine Kleinigkeit in Ihrem sonst umfassenden Bericht erschien mir etwas merkwürdig, Madam President. Ich beziehe mich auf die Tatsache, dass Baronin Medusa, die Provisorische Gouverneurin Königin Elisabeths, Sie mehrfach eindeutig informiert hat, dass Ihre Verzögerungstaktik beim Konvent nicht nur die Einigung auf eine Verfassung, sondern den gesamten Anschluss gefährde, und Sie es nicht für nötig hielten, dieses Komitee davon zu unterrichten. Könnten Sie uns vielleicht den Grund dafür erklären?«
Die Freundlichkeit hatte Ranjinas Stimme nie verlassen. Sie lächelte noch immer. Dennoch schlug ihre Frage im Sitzungssaal ein wie eine Handgranate. Gazis Gesicht nahm ein beunruhigendes Ziegelrot an. Zwei andere Komiteemitglieder erschienen so fassungslos − und erzürnt − wie der Vorsitzende und einen einzigen Herzschlag lang folgte tiefes Schweigen auf ihre Frage. Dann verschwand die entsetzte Stille einem anschwellenden Wirrwarr aus geflüsterter Aufregung unter den Mitarbeitern, die hinter den Komiteemitgliedern saßen und denen hinter Tonkovic.
Was sie selbst anging, so bemerkte Tonkovic, dass sie die Frau auf der anderen Seite des Hufeisens in purem, ungläubigem Schock anstarrte. Sie konnte nicht glauben, dass Ranjina die unfassbare Frechheit besaß, während einer öffentlichen Komiteeanhörung solch eine ungeheuerliche Frage zu stellen. So etwas tat man einfach nicht. Man versuchte nicht, die Planetare Präsidentin in einen Hinterhalt zu locken und zu demütigen! Aus Gazis Reaktion ging eindeutig hervor, dass Ranjina ihm nicht einmal angedeutet hatte, was sie zur Sprache bringen wollte. Eindeutig war dem hinterhältigen Miststück klar gewesen, dass der Vorsitzende ihr einen Maulkorb verordnet hätte − oder zumindest Tonkovic gewarnt −, wenn er sich hätte träumen lassen, dass sie solch einen ungehobelten, brutalen Angriff auf die Würde von Tonkovics Amt beginnen würde.
Die Präsidentin benötigte mehrere Sekunden, um ihre Fassung zurückzuerlangen. Sie bedauerte die Verzögerung, die Art, wie sie dadurch unvorbereitet und überrascht wirkte, aber sie wusste, dass sie sich vor den laufenden Kameras der Reporter eines nicht leisten konnte, nämlich der unverschämten Schlampe die Standpauke zu halten, die sie so reichlich verdient hatte.
»Madam Vice Chairwoman«, sagte sie daher kühl, »Spindle ist selbst mit einem Kurierboot siebeneinhalb Tage von Split entfernt. Angesichts dieser Laufzeit − fünfzehn Tage, erinnere ich Sie, braucht eine Nachricht, um beide Wege zurückzulegen − ist es meine Pflicht als Kornatis Vertreterin auf dem Konvent und als Planetare Präsidentin zu entscheiden, wie wir in Verhandlungen mit den anderen Delegierten und Baronin Medusa am besten verfahren. Es war mir nicht möglich, mich mit diesem Komitee oder dem Parlament als Ganzem zu beraten, ehe ich entscheide, wie ich auf spezifische Situationen reagiere. Das war, wenn Sie sich erinnern möchten, einer der Hauptgründe, aus denen beschlossen wurde, die Planetare Präsidentin persönlich zum Oberhaupt unserer Delegation zu machen.«
»Verzeihen Sie, Madam President«, sagte Ranjina gelassen und anscheinend völlig unberührt von der eisigen Präzision und der kühl fokussierten Wut von Tonkovics Antwort, »aber ich habe keineswegs nach Reaktionen auf die spezifische Situation beim Konvent gefragt. Ich habe mich erkundigt, weshalb Sie es nicht für nötig befanden, uns über Ihre Korrespondenz mit Baronin Medusa zu unterrichten.«
»Wie ich gerade erläutert habe«, antwortete Tonkovic, die sich bewusst war, dass sie jedes einzelne Wort zerbiss, ohne sich zügeln zu können, »dauert es fünfzehn Tage, bis eine Nachricht von Split nach Spindle gereist und wieder zurückgekehrt ist. Es war weder praktikabel, jeden Austausch zwischen mir und den Angehörigen anderer Delegationen oder
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