Davidson, Mary Janice - Me(e)hr Mann fürs Herz
hast ihn Deadwood sehen lassen?“, zischte Fred und zog Thomas am Ohr, bis er vor Schmerz aufjaulte. „Ist das die Art von menschlicher Kultur, die du ihm zeigen möchtest?“
„Es war nicht meine Schuld! Ich hatte die DVD gerade eingelegt, als ich sie herumführte.“
„Und jetzt, wenn ihr Wichser euch mir auch nicht anschließen wollt“, fuhr König Mekkam fort, „so wäre ich euch Hurensöhnen doch dankbar, wenn ihr still wärt, damit ich mehr von König Al sehen kann.“
Fred stöhnte.
„Äh, König Mekkam, was das Fluchen betrifft …“ Thomas räusperte sich und rieb sich das Ohr. „Ich weiß nicht, ob Sie das schon so richtig raushaben.“
„In unserer Kultur ist es nur höflich, mit anderen in ihrem Dialekt zu sprechen“, sagte der König entschieden. „Und haltet ihr Wichser die Klappe. So, Thomas. Wo ist deine beschissene DVD-Maschine?“
„Oje.“
„Dafür kommst du in die Hölle“, sagte Fred zu ihm. „Auf jeden Fall.“
„Und hast du ein paar von diesen beschissenen Kartoffelchips?“
15
Am nächsten Tag fand Fred heraus, warum ihr das Volk ihres Vaters aus dem Weg ging, und dies nicht mithilfe von Thomas, Jonas oder Artur. Natürlich nicht.
Im Nachhinein hätte sie es lieber nicht erfahren. Zwar hatte das schreckliche Trio kein Recht, ihr etwas zu verschweigen. Aber sie verstand doch, warum sie es getan hatten. Irgendwie.
Sie war früh wach geworden, hatte Haferbrei mit Milch und Rohrzucker zum Frühstück gegessen und dann ein frühmorgendliches Bad im Meer nehmen wollen. Die Sonne lugte gerade über den Horizont, und außer ihr war niemand auf den Beinen. Fred war normalenvei.se kein Frühaufsteher, aber sie hatte schlecht geschlafen.
Der Stress, sagte sie sich. Die Nerven. Eigentlich hätte sie nach der langen Reise erschöpft sein und wie eine Tote schlafen müssen. Trotzdem war sie nur weggedöst, und dies auch bloß für zwei oder drei Stunden. Vielleicht würde sie ja heute noch irgendwann ein Schläfchen machen können. Das kam darauf an, wann das Pelagial begann.
Darum war sie bei Sonnenaufgang hellwach gewesen. Irgendeine freundliche Seele hatte bereits Haferbrei, Frühstücksflocken, Speck, verschiedene Säfte und eiskalte Milch bereitgestellt. Ganz allein schlang sie ein schnelles Frühstück hinunter und machte sich dann auf den Weg zum Strand.
Sie schwamm an dem Unterwasserwohnmobil vorbei ins tiefere Wasser, neugierig, welche Art von Meeresfauna zu dieser unchristlichen Zeit bereits unterwegs war, und hatte einen Teufelsrochen gestreichelt (sie war immer wieder erstaunt, wie seidig die sich anfühlten … wie riesige Pilze mit Augen). Dann sah sie ihn.
Er war schlank und – wie die meisten aus dem Volk ihres Vaters – beinahe zu dünn. Sie konnte seine Rippen zählen, selbst aus der Entfernung von sechs Metern. Dank der wunderbaren Klarheit des Wassers konnte sie ihn ganz deutlich in den durcheinanderwirbelnden Fischschwärmen erkennen.
Sein Haar war von demselben erstaunlichen Blau wie Tennians, und seine Augen waren genauso dunkelblau, beinahe schwarz. Sein langer, breiter Schwanz schimmerte in tausend Grüntönen, die Farben so leuchtend, dass sie beinahe hypnotisch wirkten, eher wie der Schwanz eines Pfaus als der eines Wassermannes.
Ihr eigener Schwanz dagegen war kürzer und schmaler. Und er schimmerte nicht nur in Blau, sondern auch in Grün. Reinblütige Meeresmenschen waren selbstverständlich bessere und kraftvollere Schwimmer als sie. Daran hatte sie sich erst gewöhnen müssen. Bevor sie Artur kennengelernt hatte, war sie stolz darauf gewesen, eine der schnellsten Schwimmerinnen im Ozean zu sein.
Ha! Jetzt aber nicht mehr. Nicht annähernd.
Ich starre ihn an, dachte sie verlegen. Und jetzt ist es zu spät, so zu tun, als wäre nichts. Besser also, ich sage mal etwas.
Guten Morgen, dachte sie in seine Richtung.
Ohne ein Wort drehte er sich um und schwamm schon weg.
He. HE! Ich spreche mit dir! Denke mit dir, besser gesagt. Sie schlug mit dem Schwanz und schoss ihm hinterher. Was? Habe ich den supergeheimen Meerjungfrauenhandschlag nicht richtig gemacht?
Ich möchte nicht mit einer Verwandten des Verräters gesehen werden, erwiderte er, ohne sich umzudrehen. Stattdessen brachte er schnell eine gewisse Distanz zwischen sie.
Des Verräters? Was? He! Beweg deinen fischigen Arsch mal hierher zurück!
Bitte verzeih meinem Bruder, dachte eine neue Stimme. Er sorgt sich um seinen Ruf.
Erschrocken fuhr sie herum und sah Tennian, die
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