Davidson, Mary Janice - Me(e)hr Mann fürs Herz
Vater habe ihn geschickt, um sie zu suchen.
Jetzt verstehe ich! Deswegen hat mir niemand etwas erzählt. Das ist der Grund, warum alle meinen Fragen ausweichen. Wirft man mir etwa vor, was mein Vater getan hat? Aber das ergibt doch keinen Sinn … jeder weiß doch, dass ich den Mann nie gesehen habe. Sind sie denn wirklich alle dermaßen dumm?
Sie hatte sich absichtlich so provokativ ausgedrückt (abgesehen davon, dass sie auch gar nicht anders konnte), aber Tennian tappte nicht in die Falle.
Sie sind nicht … dumm, Fredrika. Aber die Familie bedeutet dem Unterseevolk alles. Sie ist der Ursprung von allem, verantwortlich für alles. Wir glauben daran, dass Charakterzüge genauso vererbt werden können wie Haarfarben oder Schwanzlängen. Einige von uns …
Fred spürte, dass es ihr widerstrebte weiterzusprechen. Sehr sogar. Tennian wandte den Blick ab, schnappte sich einen Jungfernfisch aus einem Schwarm und verschlang ihn mit vier Bissen – so geistesabwesend wie jemand, der an den Fingernägeln kaut. Fred hatte Mühe, sich nicht zu übergeben. Mit Blut hatte sie kein Problem; es war eher die beiläufige Art, in der Tennian den Fisch aß, die ihr aufstieß. Ganz zu schweigen vom Anblick ihrer nadelspitzen Zähne. Einige von uns glauben, dass du ein ebensolcher Verräter sein könntest wie dein Vater. Der Prinz allerdings …
Was ist mit Artur?
Er mag dich sehr. Das, fügte sie hinzu und wedelte Blut und Schuppen mit der Hand fort, ist aber sicher nichts Neues …
Ach, er hat mal so was gesagt. Ich hob nicht richtig zugehört.
Es wäre zu deinem Vorteil. Fred spürte Tennians trockene Belustigung. Er hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er dich zu seiner Prinzessin küren will. Aber dazu …
Willst du damit sagen, dass mich niemand hier haben wollte, wenn Artur nicht scharf auf mich wäre?
Ich kann dir nicht sagen, was sein und was nicht sein könnte, sagte Tennian taktvoll. Nur was ist. Oder was war, wenn ich Kenntnis davon habe.
Fred ließ sich ein paar Sekunden treiben und dachte nach. Dein Zwilling hat mir also die kalte Schulter gezeigt, aber du nicht? Wie kommt das? Nicht, dass ich mich beschweren würde. Aber seitdem ich hier bin, ist niemand an Land gekommen. Außer Artur, dem König und dir hat keiner mit mir gesprochen. Offenbar bin ich der Ehrengast, aber niemand sagt mal hallo. Warum also bist du so freundlich zu mir? Einigermaßen freundlich.
Ich mag deinen Freund, sagte Tennian schüchtern. Den Blonden. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Landbewohner so loyal sein kann.
Der Blonde … oh, Jonas! Um Himmels willen. Wegen Jonas hatte Tennian den Schweigekodex gebrochen? Er würde sich ausschütten vor Lachen, wenn sie ihm das erzählte. Wenn sein Ego dadurch nicht ins Unerträgliche wüchse.
Seine Hoheit sagt, dein Freund hat dein Geheimnis viele Jahre lang bewahrt. Für einen Landbewohner ist das eine außerordentliche Leistung, aber dein Freund ist anders.
Du hast ja keine Ahnung, WIE anders.
Als Mann der Wissenschaft hätte er doch sicher viel Gold bekommen können, wenn er den richtigen Leuten etwas verraten hätte.
Jonas ist aber kein großer Freund von Gold. Er spielt lieber an der Börse, wenn er nicht gerade bei Nordstrom’s die Regale leer räumt.
Womit auch immer er gerne spielen mag, dachte Tennian ganz ernst und ohne den leisesten Anflug eines Lächelns, er spielt nicht mit deinem Ruf oder deinem Leben. Ich … kannte diese Eigenschaft an Zweibeinern bisher nicht. Seither möchte ich mit ihnen reden, obwohl ich diesen Wunsch sonst noch nie verspürt habe.
Ist das auch der Grund dafür, warum du mit mir sprichst? Weil ich einen guten Geschmack bei meinen Freunden bewiesen habe?
Nun, man sagt doch, seine Verwandten könne man sich nicht aussuchen, nur seine Verbündeten. Und du hast wirklich gut gewählt. Vielleicht handelst du ja auch in anderen Dingen klug.
Oh, das tut mir leid! Das war jetzt unhöflich von mir. Tennian stocherte mit einem winzigen Knochen zwischen ihren scharfen Zähnen. Möchtest du, dass ich etwas für dich fange?
Guter Gott, nein! Fred mäßigte ihren Ton, denn Tennian riss vor Überraschung die Augen auf, als sie die Vehemenz in ihrer Stimme hörte. In ihren Gedanken. Wo auch immer. Ich meine, nein danke. Ich bin allergisch.
Allergisch?
Wenn ich Fisch esse, werde ich krank.
Du wirst krank … wenn du Fisch isst?
Ja, aber mach dir um mich keine Sorgen. Ich esse viel Gemüse, Proteine und so weiter. Wirklich, Tennian, keine Sorge.
Fisch macht
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