Davidson, Mary Janice - Traummann an der Angel
geschnitten. Er trug, wie sie missbilligend bemerkte, einen Laborkittel. Aber schließlich war er neu, und Dr. Barb hatte ihn wahrscheinlich dazu gezwungen. Braune Augen, die wie sein Haar nicht einfach nur braun waren, sondern goldene Tupfen hatten, die ihr jetzt zufunkelten, während er sie mit prüfendem Blick von oben bis unten musterte. Eine ausgeprägte Nase, Schwimmerschultern, lange Beine, schmale Hüften. Und … Grübchen?
„… ist neu in der Gegend, deshalb hoffe ich, dass Sie unserer NEA-Familie helfen, ihm zu zeigen, wie hübsch dieser Teil des Landes ist, vor allem um diese Jahreszeit“, plauderte Dr. Barb weiter.
„Klar“, sagte Fred. Wovon redet sie? Was für eine Jahreszeit haben wir denn jetzt?
Dr. Barb hatte offenbar den – wie üblich verständnislosen -Ausdruck auf Freds Gesicht richtig gedeutet. „Sie wissen schon. New England im Herbst und so.“
„Ah“, erwiderte sie.
„Bunte Blätter. Herbstliche Kühle in der Luft. Schulbeginn. Zeit für einen Neuanfang.“ „Okay.“
„Dr. Bimm. Es ist Ihnen vollkommen neu, dass wir bereits September haben, nicht wahr?“
„Das gehört nicht zu meiner Arbeit.“
„Sie sind wohl nicht sehr gesprächig, wie?“ Thomas funkelte. Es gab keinen anderen Ausdruck dafür: Er grinste, zeigte seine Grübchen, seine großen, dunklen Augen glänzten, und er funkelte sie an.
Sie zuckte die Achseln.
„Ich mag Ihr Haar“, sagte er. „Das ist das tollste Grün, das ich je gesehen habe.“
Dr. Barb runzelte die Stirn. „Dr. Bimms Haare sind blau.“
Thomas schüttelte den Kopf. „Nein. Die Farbe erinnert mich an Gras an einem ersten Sommertag.“ Er senkte die Stimme. „Ich schreibe Liebesromane unter dem Pseudonym Priscilla D’Jacqueline.“
„Wie bitte?“
„Nein, es ist blau“, sagte Dr. Barb beharrlich.
„Ähem, können wir vielleicht über etwas anderes als meine Haare reden?“, bat Fred.
„Natürlich. Dann führe ich Sie mal weiter herum.“ Dr. Barb begann, den Flur hinunterzutraben, und zerrte Thomas am Ellbogen mit sich mit. „Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben, Dr. Bimm. Wir überlassen Sie jetzt wieder Ihrer Arbeit.“
„Okay.“
„Und vergessen Sie nicht, die neue Praktikantin zu begrüßen.“
„Nein, natürlich nicht“, log sie.
„War schön, Sie kennenzulernen, Fredrika“, rief er ihr nach, während Dr. Barb ihn davon schleifte.
„Nicht Fredrika. Fred. Und auch nicht Dr. Bimm“, sagte sie in den jetzt leeren Flur hinein. „Fred.“
Der neue Kollege. Nicht schlecht.
Nachdem sie einen Augenblick nachgedacht hatte, verbannte sie Thomas aus ihren Gedanken (was nicht allzu schwer war) und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.
Sie versuchte es zumindest. Auf dem Weg ins Labor wäre sie beinahe mit einem unsagbar üblen und nervtötenden Geschöpf zusammengestoßen: einer Studentin.
„Oh, hiiiii!“, legte das Geschöpf los, strich ihre bereits perfekt geglätteten Ponyfransen glatt und streckte Fred eine warme Pfote entgegen. „Du meine Güte, Dr. Bimm, richtig? Du meine Güte! Da bin ich aber superhappy, dass ich Sie hier zufällig treffe. Super! Weil ich nämlich so wahnsinnig viel von Ihnen lernen will!“ Sie lachte, als wenn allein der Gedanke daran so aufregend wäre, dass sie einfach nicht an sich halten konnte. „Super!“
Fred starrte das Wesen an. Sie schätzte es auf neunzehn Jahre. Sie war klein und ging ihr ungefähr bis zur Brust. Mit absoluter Sicherheit ließ sich das allerdings nicht feststellen, denn das Wesen hüpfte ständig auf und ab. Das platinblonde Haar reichte ihr bis zum Ellbogen und die natürlichen Wellen gaben ihrem Haar Elastizität – Spannkraft nannte man das wohl. Was allerdings ebenfalls an all dem Herumgehüpfe liegen konnte. Keine dunklen Wurzeln.
Ein perfekter Teint – wie hätte es auch anders sein können. Große blaue Augen – selbstverständlich himmelblau. Eine kleine, perfekt geformte Nase. Ein kleines, spitzes Kinn. Keine Sommersprossen, kein Pickel weit und breit. Eine perfekte Figur unter dem Laborkittel, den zu tragen Dr. Barb ihr sicher auferlegt hatte.
Winzige (weil natürlich auch ihre Füße klein und anmutig waren), perfekte hochhackige Schuhe. Schwarz, natürlich, denn ein Praktikum war immerhin eine ernste Angelegenheit.
„… und das ist so krass, weil ich nämlich hier arbeiten will, seitdem ich …“
„Ein kleines Mädchen war.“
„Krass! Ja! Weil ich …“
„Delfine liebe.“
„Ja, genau! Wow, ich habe
Weitere Kostenlose Bücher