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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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gedacht, sie schliefe bloß. Ihre dünnen, athletischen Beine, die ich von ihr geerbt hatte, waren nun kalt und steif, obwohl sie noch die mädchenhafte Form hatten, auf die sie so stolz gewesen war.
    Ich beugte mich über sie und legte einen Finger an ihren Hals. Ihre Haut war eiskalt. Ich weiß nicht, wieso ich ihren Puls suchte, obwohl ich wusste, dass sie schon tot war. So leblos sah sie verhärmter aus als gewöhnlich, als ob sie um zehn Jahre gealtert wäre. Ihre Wangen waren merkwürdig eingesunken und ihre Brille war verschwunden. Ohne sie wirkte die Haut unter ihren Augen wund, mit hängenden Ringen wie die Jahreslinien eines Baums.
    Mein Vater lag ein Stück entfernt, um ihn verstreut weitere Geldstücke. Die Taschenlampe glitt mir aus den Fingern, landete weich auf dem Boden und rollte ein Stück, bis ihr Lichtkegel die Beine meines Vaters erfasste. Als ich seine Stiefel anstarrte, die in einem unnatürlichen Winkel dalagen, schnürte es mir die Luft ab. Ich wollte wegschauen, zum Auto zurückrennen und nach Hilfe rufen, aber ich brachte es nicht fertig, denn ich wusste, dass dies die letzten Augenblicke waren, die ich jemals mit meinen Eltern haben würde.
    »Warum?«, würgte ich heraus. Als ich ein Kind war, schienen meine Eltern selbst auf die schwierigste Frage eine Antwort parat zu haben. Aber nun, zum ersten Mal,blieben sie stumm. Ich wischte mir die Augen und berührte die Lippen meiner Mutter. Sie waren gerade weit genug geöffnet, dass ich ein dünnes Fetzchen Stoff hervorblitzen sehen konnte. Behutsam zog ich es zwischen ihren Zähnen heraus und hielt es ins Licht. Die Ränder waren ausgefranst und es hatte die weiche Beschaffenheit einer Mullbinde. Ich wendete es in meinen Händen und blickte hinunter auf meine Mutter. Keine Anzeichen von Gewalt waren zu erkennen, keine Blutergüsse oder Kratzer auf dem Körper, kein Blut. Aber der Mullstoff, die Münzen – das war das Werk eines Menschen. Allein der Gedanke ließ mir das Herz rasen. Ich drehte mich um und starrte in die Dunkelheit: War ich allein?
    Die Bäume schienen auf mich niederzustürzen, die Baumkronen kreisten mich ein und neigten sich zu mir herab. Bilder meiner sterbenden Eltern vernebelten mir das Gehirn; vor meinen Augen tanzten Sternchen und ich wusste weder vor noch zurück. Den Stoff in der Faust, legte ich meinen Kopf auf die Brust meiner Mutter und schloss die Augen, lauschte dem Knarren der Bäume und hoffte, dass es Morgen wäre, dass der Wald leer und voll Sonne und alles klar sein würde, wenn ich sie wieder öffnete. Um mich herum strich die kühle Nachtluft durch die Äste und die weißen Stofffetzen flatterten am Boden, wie Motten, die blind hinter einem Fliegengitter tanzten.
    Am Tag, als meine Eltern beerdigt wurden, spürte ich den ersten kalten Lufthauch aus meiner Vergangenheit. Ich lag auf dem Wohnzimmerboden und starrte auf die Insekten,die sich an den Fensterrändern sammelten, als es klingelte. Annies Mutter Margerie, die während der Beerdigung bei mir blieb, machte die Tür auf.
    »Mr Winters, ich bin so froh, dass Sie gekommen sind«, sagte sie gedämpft.
    Ich lauschte. Leises Gemurmel von Stimmen; das Geräusch von Schuhen, die an der Fußmatte abgestreift wurden; und dann ein tiefes Husten.
    Schritte.
    »Renée«, sagte Margerie sanft.
    Ich rührte mich nicht. Zwei Füße hielten vor mir an und ich starrte auf die großen braunen Schuhe.
    »Renée, dein Großvater ist hier.«
    Ich richtete mich auf. Meine Haare klebten mir schweißnass am Hinterkopf.
    »Hallo, Renée«, dröhnte er mit Bassstimme. Er streckte eine lange ledrige Hand aus, um mir aufzuhelfen. Er hatte etwas Gelehrtenhaftes, mit weißem Haar, übermäßig langen Ohrläppchen und einem fleischigen, zu groß geratenen Gesicht, das durch reine Schwerkraft in die Länge gezogen zu werden schien. Seine Kleidung atmete den süßlichen Geruch von Pfeifentabak.
    Ich ignorierte seine Hand und legte mich wieder hin. Brownie Winters, der Vater meiner Mutter. Es schien seltsam, dass wir den gleichen Nachnamen trugen, obwohl ich ihn nicht mehr gesehen hatte, seit ich sieben war. Er und meine Eltern hatten sich lautstark gestritten und dann war er unter Türenknallen verschwunden. Seitdem hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Noch nicht mal eine Geburtstagskarte hatte es gegeben.
    »Du hast die Feier verpasst«, sagte ich kalt und starrte auf seinen faltigen Hals.
    Er seufzte. Er hatte die Augen meiner Mutter, wasserblau und irgendwie traurig. »Ich habe

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