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Dead End: Thriller (German Edition)

Dead End: Thriller (German Edition)

Titel: Dead End: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Arm, um ihn daran zu hindern aufzustehen. »Lass es ruhig«, sagte sie.
    »Wer?«, fragte er. »Wer wollte dich verrückt machen?«
    »Ich weiß es nicht genau. Aber ich weiß, dass einer von denen ein hochrangiger Polizeibeamter ist. Der wird mir Ärger machen, wenn er noch hier ist.«
    »Dazu muss er erst mal an mir vorbei.«
    Die kleinen Furchen auf Evis Wangen erschienen langsam, fast widerwillig, als hätte sie lange nicht mehr gelächelt und ihre Muskeln wüssten nicht mehr genau, wie das ging. »Ich hab vergessen, dass du mich immer so genannt hast«, sagte sie. »Ich glaube, das Ganze hat mit einem schwer geschädigten jungen Mann angefangen, der in seinem Schmerz Linderung darin gefunden hat, andere zu quälen und zu ängstigen. Und dann sind irgendwann immer mehr Leute mit reingeraten, und diese ganze finstere Geschichte fing an, sich immer mehr um sich selbst zu drehen, bis sie fast nicht mehr aufzuhalten war.«
    Das Kanu hatte das Wasser erreicht. Der Fluss, der eine Beute in Reichweite spürte, begann daran zu zerren. Harry blies die Luft durch die gespitzten Lippen und legte den Arm um Evi. Auf ihrer anderen Seite leckte der Hund ihm die Hand. Er hatte keine Ahnung, wovon sie gerade geredet hatte, doch das spielte auch so gut wie keine Rolle. Sie hatten jede Menge Zeit. »Wofür war der Hammer?«, fragte er.
    »Um ein Loch in den Boden von dem Kanu zu schlagen«, antwortete Evi. »Und in dem Kanu wollte ich davontreiben wie die Lady von Shalott. Die Riesendosis Morphium, die ich mir verpasst habe, bevor ich hier rausgekommen bin, sollte verhindern, dass ich zum Ufer strampele, wenn es sinkt. Wenn ich ein bisschen weggetreten klinge, dann liegt das daran.«
    »Evi …«
    »Das hat mich gerettet, Harry. Das Morphium. Zum ersten Mal seit Wochen hatte ich keine Schmerzen. Ich konnte wieder denken.«
    Sie sahen zu, wie das Kanu flussabwärts trieb und immer tiefer ins Wasser sank.
    »Die haben auch mit meinen Medikamenten rumgemacht«, sagte Evi. »Waren im Haus, haben die Tabletten geklaut, die ich brauche, und sie durch irgendwas anderes ersetzt, wahrscheinlich einfach durch irgendwelche Placebos. Und haben mir alle möglichen sonderbaren Streiche gespielt, um mir Angst zu machen.«
    »Die Polizei hat Überwachungskameras in deinem Haus gefunden«, meinte Harry. »Und versteckte Lautsprecher, hast du das gewusst?«
    »Ich hab’s mir gedacht«, antwortete Evi. »Die haben mich jetzt schon seit einer ganzen Weile beobachtet.«
    Die Kälte des Schnees drang allmählich durch Harrys Lederhosen. Das Kanu war mittlerweile schon ganz tief in den Fluss gesunken, es war fast in der Dunkelheit verschwunden. Wasser begann über den Rand zu schwappen.
    »Da gehe ich hin«, sagte Evi. Sie sahen zu, wie das Kanu verschwand, dann wandte sich Evi zu Harry um. Er sah, wie ihre Hand auf ihn zukam, fühlte, wie ihre Finger seine Wange liebkosten, und spürte dann den Wind auf der feuchten Haut.
    »Das kommt von der Kälte«, sagte er. »Davon tränen einem die Augen.«
    »Wir sollten reingehen.«
    »Das wäre gut.«
    Harry erhob sich und hob Evi auf. Sie ließ den Stock liegen, wo er war, und nahm seinen Arm. Zusammen gingen sie durch den Garten auf das Haus zu. Der Hund rannte voraus und hielt erst am Ende der Rasenfläche an, um sich zu vergewissern, dass sie ihm auch folgten. Mit einem letzten »Nun macht schon«-Kläffen sauste er durch die Hintertür ins Haus.
    »Gehört der dir?«, fragte Harry.
    »Ja«, antwortete Evi.
    »Versteht er sich mit Katzen?«, wollte Harry wissen.

83
    Dienstag, 22. Januar (ein paar Minuten vor Mitternacht)
    Joesbury spürt die kalte Luft im selben Moment, als er die Tür oben an der Treppe sieht. Dann ist er draußen auf dem Dach, noch ehe er irgendeine Vorstellung davon hat, was er tun soll, wenn es zu spät ist und sie bereits gesprungen ist. Oder was zum Teufel er tun soll, wenn sie es nicht getan hat.
    »Lacey!«, brüllt er. »Nein!«
    Das Dach ist leer.
    Hinter ihm sind Schritte und schweres Atmen zu hören. Jemand anderes hat das Ende der Treppe erreicht und ist gleich darauf draußen.
    Er wird nie wissen, wie es ist, neben ihr aufzuwachen.
    Joesbury sieht einen Mann kurz stehen bleiben, nach Luft schnappen und dann zum Rand des Daches rennen. Er hinterlässt Spuren in dem unberührten Schneeteppich. Joesbury sieht zu, wie der andere sich über die Brüstung beugt und mit einer starken Taschenlampe hinableuchtet, ehe er sich wieder aufrichtet und zur anderen Seite des Daches geht.

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