Dead End: Thriller (German Edition)
unüberhörbaren gedehnten South-London-Akzent. »Also, haben Sie irgendwas Wichtiges zu berichten, ich will nämlich für heute Schluss machen.«
»Ich bin auf dem Industriegelände. Sie haben mich geschnappt. Die werden …« Ich hielt inne. Das war nicht Joesbury. Und ich hörte ihn in Stereo, aus dem Handy und direkt über mir. In diesem Moment bemerkte ich, dass das Licht heller wurde; es flutete das Zimmer und kam von oben. Ich hörte ein unterdrücktes Kichern und schaute hoch.
Die falsche Decke meines »Zimmers« war entfernt worden, und hinter dem starken Scheinwerfer, der auf mich hinableuchtete, konnte ich bis zum Dach des Gebäudes sehen. Dann schwenkte der Scheinwerfer ein wenig herum, so dass er den unechten Kleiderschrank anstrahlte, und ich konnte einen schmalen Laufsteg erkennen, ungefähr drei Meter über meinem Kopf. Talaith Robinson und John Castell standen darauf, an das Geländer gelehnt. Talaiths Haare hingen ihr ums Gesicht wie Wasserpflanzen in einem stillen Teich.
Dann vernahm ich ein Scheppern, das Geräusch von Schritten, die den Laufsteg entlangkamen. Scott Thornton und Iestyn Thomas kamen auf Castell und Talaith zu. Als die beiden Neuankömmlinge das Paar erreichten, schauten alle zu mir herab.
Und da waren sie endlich, die drei Männer, die mich an meinem allerersten Abend hier als ihr letztes Opfer ausgesucht hatten, und die Frau, die ihnen wahrscheinlich überhaupt erst den entsprechenden Tipp gegeben hatte.
Sie wollten es noch einmal versuchen. Ich war vorhin nicht in ihre Falle getappt, und ich hatte gewusst, dass sie nicht aufgeben würden. Jetzt musste ich ruhig und clever sein. Auf Zeit spielen. Gib ihnen nicht, was sie wollen, aber bring sie nicht zu sehr in Fahrt. Ich hob das linke Handgelenk und schaute auf die Stelle, wo normalerweise meine Armbanduhr wäre.
»Weiß mal jemand, wie spät es ist?«, fragte ich.
Keine Antwort. Talaiths Schultern bebten ein wenig, als würde sie beinahe lachen, aber nicht ganz. Castell hielt ein Handy in der Hand. Er war es gewesen, der eben Joesbury imitiert hatte.
»Ich glaube nämlich, euch könnte die Zeit knapp werden«, fuhr ich fort. »Scotland Yard weiß Bescheid über diesen Laden und über euch. Die haben euch schon seit Monaten beobachtet.«
»Ach ja?«, meinte Castell.
»Am Fußende vom Bett ist Wasser«, sagte Talaith. »Müsste noch einigermaßen warm sein. Und was zum Anziehen. Wasch dich und zieh dich an.«
Mich waschen und anziehen, das hörte sich an wie eine sehr gute Idee. Es vor diesen Typen zu tun war etwas ganz anderes.
»Du hast eins von diesen Rattenschwanzteilen, die du Haare nennst, im Schneideraum liegen gelassen«, sagte ich zu ihr. »Wird wahrscheinlich gerade von der Polizei analysiert. Ich würde Hackengas geben, wenn ich du wäre.«
Talaith warf Castell einen raschen Seitenblick zu. Er schüttelte fast unmerklich den Kopf. »Sie lügt«, versicherte er ihr. »Und selbst wenn nicht, sie hat eine Woche lang mit dir zusammengewohnt. Sie könnte selbst jede Menge Haare hier eingeschleppt haben.«
»Wenn du dich nicht wäschst, Lacey«, sagte Iestyn Thomas, »dann spritzen wir dich mit dem Schlauch ab. Das kommt bei den Kunden immer prima an.«
Talaith hatte sich von ihrer kleinen Schrecksekunde erholt. Sie lehnte sich noch enger an Castell. »Was ist eigentlich dran an nasser Frauenhaut?«, fragte sie ihn.
»Bei mir wirkt das«, antwortete er und sah ihr unverwandt in die Augen.
»Nehmt die Kohle und haut ab«, riet ich ihnen. »Vielleicht kommt ihr sogar davon. Aber wenn ihr eine Polizistin umbringt, hören sie nie auf, nach euch zu fahnden.«
Alle vier schauten ruhig zu mir herab. Keinem von ihnen schienen meine Drohungen auch nur im Entferntesten etwas auszumachen. So leicht würde es nicht werden. Ich begann, in Gedanken das Zimmer nach einer wie auch immer gearteten Waffe abzusuchen, nach einem Versteck.
»Oh, wir bringen dich nicht um, Lacey«, sagte Castell schließlich. »Das wirst du selbst erledigen.«
»Wisst ihr, Jungs«, meinte Talaith, »ich weiß nicht genau, ob die Szene von euch da im Wald so richtig gut geworden ist. Was haltet ihr davon, wenn wir’s noch mal drehen?«
»Hört ihr mir überhaupt zu?« Jetzt schrie ich. Ich konnte das nicht noch einmal durchmachen, ohne den Verstand zu verlieren. »Ich habe meinem Vorgesetzten von euch erzählt, gestern Abend um sieben. Die hatten jetzt vierundzwanzig Stunden Zeit, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Ihr Spinner habt höchstens
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