Deadline - Toedliche Wahrheit
es ist Zeit, sich mit einem weiteren Scheißmorgen auseinanderzusetzen, was, George?«
Zur Antwort kam nur Schweigen. Ich nahm die Hand vom Gesicht und setzte mich ganz auf. »George?« Noch immer keine Antwort. »Du machst mir langsam Angst, George. Was habe ich dir getan, dass du mich anschweigst? Ich tu genau das, was du willst. Ich komme aus dem Quark. Kannst du also bitte mit dem Quatsch aufhören?«
Sie hörte nicht mit dem Quatsch auf. Sie war noch immer da – ich wusste noch, wie es sich anfühlte, geistig gesund zu sein, nämlich anders. Wenn ich geistig gesund gewesen wäre, hätte ich nicht ständig das unterschwellige Gefühl gehabt, dass George in meinem Hinterkopf saß. Sie sagte bloß nichts. Ich runzelte die Stirn.
»Na schön! Wenn du mich anschweigen willst, dann schweige ich dich eben auch an. Mal sehen, wie dir das gefällt.« Ich rutschte mit dem Hintern über die Matratze, bis meine Füße schließlich den Boden berührten. Jeder Muskel in meinen Beinen tat mir weh. Ich wusste jetzt schon, dass ich den ganzen Tag Salbe draufschmieren und Aspirin wie Smarties einschmeißen würde. Das hat man wohl davon, wenn man bei einem Ausbruch davonläuft.
»Und trotzdem ist es irgendwie besser als die Alternative«, brummte ich.
Die Frage, wer die Tür geöffnet hatte, wurde von dem Stapel Klamotten und anderem Kram auf dem Bücherregal daneben beantwortet. Ich dankte Maggies hauseigenem Wäschereidienst – im Stillen, weil ich befürchtete, dass das für die Wäsche zuständige Programm ihres Haussystems antworten würde, wenn ich die Worte laut aussprach. Dann zog ich mich an. Auch die Gegenstände, die ich im Badezimmer hinterlassen hatte, waren gesäubert, selbst der Rost von meinem uralten Schweizer Armeemesser war entfernt. Ich schüttelte den Kopf. Manchmal kann etwas auch zu gut organisiert sein. Die Vorstellung, dass das Haus kleine Geräte ausgesandt hatte, um meinen USB -Stick und mein Kleingeld zu säubern, war irgendwie verstörend.
Zumindest fehlte nichts. Ich verstaute alles in den richtigen Taschen, schloss meinen Gürtel und setzte mich aufs Bett, um mir die Stiefel anzuziehen. In diesem Moment drang die Realität der Lage in mein verschlafenes, von George verlassenes Gehirn durch:
Ich befand mich allein im Zimmer. Wo zum Teufel war Becks? Ich schaute mich zum Bett um, das keine Antworten bereithielt. Wenn man danach ging, wie ich beim Aufwachen dagelegen hatte, gab es nicht mal einen Hinweis darauf, dass sich überhaupt noch jemand anders im Bett befunden hatte. Das beunruhigte mich. Wenn ich inzwischen so sehr neben der Spur war, dass ich mir einbildete, von irgendwelchen meiner Kolleginnen verführt zu werden, blieb mir wahrscheinlich nur noch wenig Zeit, bevor ich endgültig durchdrehte.
Mit diesem aufmunternden Gedanken im Kopf machte ich mich daran, mir die Stiefel anzuziehen. Das wurde mir durch die Hunde erschwert, die der Meinung waren, dass man mit meinen Schnürsenkeln wunderbar spielen konnte. Der Hauptunterschied zwischen Hunden dieser Größe und Katzen schien zu sein, dass Katzen zwar ein bisschen verrückt waren, das aber auch sein sollten , während das Schrumpfen von Hunden selbige offenbar in den Wahnsinn treibt. »Immerhin haben wir eine Sache gemeinsam«, brummte ich, stand auf, streckte mich ein letztes Mal und verließ das Zimmer. Die Tür ließ ich offen. Ich sah keinen Grund, den Bulldoggen ein schönes warmes Bett vorzuenthalten.
Alaric saß mit seinem Laptop am Küchentisch und tippte geschäftig vor sich hin. Vor ihm stand eine halb volle Kaffeekanne, aus der mir der köstliche Geruch heißen Koffeins entgegenschlug, als ich eintrat. Ich hielt inne, um genussvoll zu schnuppern. Das Geräusch ließ ihn aufmerken. Er nickte mir kurz zu und senkte den Blick dann wieder. »He!«
»He!«, sagte ich, nahm mir einen Becher von der Anrichte und goss mir einen heißen schwarzen Kaffee ein. Morgens ist die einzige Zeit, zu der ich Kaffee bekomme, ohne mir Beschwerden von den billigen Plätzen in meinem Kopf anhören zu müssen. Wenn George unbedingt schmollen wollte, konnte ich mir vielleicht sogar noch eine zweite Tasse genehmigen, ehe ich wieder zu Cola übergehen musste.
Ein schuldbewusster Stich folgte dem Gedanken auf dem Fuß, doch das hielt mich nicht davon ab, einen Mundvoll von der brühwarmen Flüssigkeit zu nehmen. Lieber als allen Kaffee der Welt hätte ich George zurückgehabt. Trotzdem, wenn die Konzentration auf meine Koffeinversorgung mich von
Weitere Kostenlose Bücher