Deadline - Toedliche Wahrheit
der Frage ablenkte, warum sie schwieg, dann war es das wert. Alaric tippte weiter, während ich mich ihm gegenüber hinsetzte. Er schien mich überhaupt nicht wahrzunehmen. Ich nahm einen Schluck Kaffee. Er tippte. George sagte kein Wort.
Das ging ein paar Minuten so weiter, bis ich mich schließlich räusperte und fragte: »Also, was habe ich verpasst? Abgesehen vom Sonnenaufgang und, wie es aussieht, dem Frühstück?«
Alaric hob den Kopf. »Maggie hat Becks und den Doc in die Stadt zum Einkaufen mitgenommen. Sie hat irgendwas darüber erzählt, dass wir ihr das Dach überm Kopf wegfressen würden.«
Die Vorstellung, wie diese drei sich gemeinsam den Supermarkt von Weed vornahmen, war faszinierend. Einen Moment lang verweilte ich schweigend bei dem Bild vor meinem geistigen Auge. Ich kenne noch die Supermärkte aus der alten Zeit. Es waren seltsame, beengte Orte, voller schmaler Gänge, in denen sich die Kunden drängten – als die Zombies kamen, haben diese Geschäfte sich natürlich in praktische kleine Todesfallen verwandelt, voller Verstecke für die Infizierten. Selbst die Sprinkleranlagen, mit denen man Obst und Gemüse besprüht hatte, trugen zur Verbreitung von Ausbrüchen bei, weil nur ein paar Tröpfchen Blut in den Wasserkreislauf gelangen mussten, und, schwupps, wurden die Gänge buchstäblich mit aktiven Viren bestäubt. Dass die Leute immer wieder austickten und sich Orte suchten, an denen sie sich verkriechen konnten, bis die ganze Sache vorbei war – wie zum Beispiel im nächsten Supermarkt – , half auch nicht gerade. Die Verluste bei Wal-Mart waren geradezu astronomisch.
Die ersten paar Jahre nach dem Erwachen kauften die Leute nur noch online ein. Manche machen das bis heute so. Sie ziehen eine kleine Versandgebühr dem Risiko vor, sich nach draußen unter den Rest der Bevölkerung zu begeben. Unglücklicherweise eignet sich nicht alles dazu, es online anzubieten. Frisches Obst und Gemüse, Fleisch – Fisch und Geflügel zumindest, das einzige Fleisch, das noch als Nahrungsmittel angeboten wird – , und alles, was es en gros gibt, kauft man besser persönlich. Die Entstehung des modernen Lebensmittelgeschäfts spiegelt beide Bedürfnisse der Menschen wider – zu essen und nicht gefressen zu werden. Sein Grundriss ähnelt am ehesten alten Riesensupermärkten, aber zu jedem Zeitpunkt darf sich nur eine bestimmte Anzahl von Menschen in jeder Abteilung aufhalten. Die Gruppen werden durch die einzelnen Abteilungen geleitet, die durch Luftschleusen und Bluttesteinheiten voneinander getrennt sind. Das Ganze dauert Stunden. Einkaufen ist nichts für Leute mit schwachen Nerven.
Ich zögerte. »Hat Maggie keine Angst, dass man sie erkennen wird?«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Geschäft ihren Eltern gehört.«
»Ach so, dann ist ja gut. War der Doc überhaupt jemals zuvor in einem Lebensmittelgeschäft?«, fragte ich. Mein Kaffee wurde langsam kälter. Ich nahm einen größeren Schluck und ließ mir voll Wohlbehagen die bittere Flüssigkeit in die Kehle rinnen. Es war seltsam, Kaffee zu trinken, ohne sich dafür bei George zu entschuldigen oder vorher um ihre Erlaubnis zu bitten. Ich nahm einen weiteren Schluck, fast um sie zu einem Kommentar herauszufordern.
Doch sie sagte nichts.
»Ich glaube nicht«, antwortete Alaric. »Sie ist ein bisschen blass geworden, als Maggie ihr gesagt hat, wo es hingeht.«
»Himmel, ich hoffe, dass jemand eine Kamera mitlaufen lässt!« Oder auch vier oder fünf oder ein ganzes Dutzend. Das Videomaterial konnten wir für alles Mögliche benutzen, aber Kelly an einer echten Fischtheke würde eine unschlagbare Lachnummer abgeben.
»Sicher«, sagte Alaric. »Die kennen ihren Job.«
»Stimmt.« Ich goss mir Kaffee nach. »Sonst noch etwas?«
»Eigentlich nicht.«
»Hm! Na schön, wie waren unsere Quoten über Nacht?«
»Gut.«
»Nicht großartig?«
»Wirklich gut.« Alaric schien zu begreifen, dass ich ihn nicht so schnell in Ruhe lassen würde. Er schob seinen Laptop beiseite und griff nach seinem eigenen Becher. »Dein Bericht ist absurd oft runtergeladen worden. Ich meine wirklich absurd. Jedes Mal, wenn du dich auch nur ansatzweise ins Feld wagst, haben wir eine irre Quotenspitze.«
»Ja, toll, jedes Mal, wenn ich mich auch nur ansatzweise ins Feld wage, schlafe ich anschließend fast einen Monat lang nicht, letztlich gleicht sich das wohl aus. Hat der Seuchenschutz etwas über die Sache in Portland bekannt gegeben?«
»Eine offizielle
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