Deadline - Toedliche Wahrheit
aber verdammt gut angefühlt hätte.
Sei vorsichtig , warnte mich George. Wenn du zu viel Druck auf sie ausübst, dreht sie durch. Wir müssen hier ruhig bleiben und zusammenarbeiten. Wir dürfen nicht aufhören, miteinander zu reden.
»Ich dachte, sie hätte uns bereits alles gesagt«, brummte ich, während Kelly loslief, um zu uns aufzuschließen. Alaric warf mir einen Blick zu, sagte jedoch nichts.
So dumm bist du nicht.
Darauf hatte ich nichts zu erwidern. Während ich weiterging, begutachtete ich die Gebäude um uns herum. Ich rechnete eigentlich nicht mit einem großen Schild, auf dem HIER ILLEGALES VIROLOGIE - LABOR stand, aber nett wäre es gewesen. Die Gebäude des IT -Komplexes wirkten im Prinzip alle gleich, quadratisch und halbwegs gut instand gehalten, wenn man nicht nach dem Anstrich ging. Auf einem nahen Dach befand sich ein noch vollständiger Satz Mobiltelefon-Antennen, die ein vertrautes Zickzackmuster vor dem Nachmittagshimmel bildeten.
Ich verharrte. Verwirrt blieb auch Alaric stehen. »In welchem Jahr wurden private Telefonantennen für jeden Wohnblock eingeführt? Hat jemand eine Ahnung?«
»Äh … 2020«, sagte Alaric nach einer langen Kopfrechenpause. »Ich kann mich noch dran erinnern, wie sie unsere eingebaut haben.«
»Stimmt. Und der Komplex hier stammt aus der alten Zeit. Wer hat die Dinger also installiert?« Ich zeigte mit dem Daumen auf die Antennen.
»Alaric riss die Augen auf. »Oh!«
»Ja, oh! Hier drüben, Leute.« Ich winkte die anderen heran und ging über das aufgesprungene Pflaster Richtung Eingangstür. Verschlossen. Nicht weiter verwunderlich. Wenn ich ein illegales Biotechlabor betreiben würde, dann würde ich auch nicht gern Überraschungsbesuche von Plünderern und Abenteurern erhalten wollen. Ich klopfte an die metallene Tür und hörte das dumpfe Echo im Raum dahinter.
Niemand reagierte. Auch das war nicht weiter verwunderlich. Vielleicht sollten wir das Schloss aufschießen«, schlug Becks vor.
Ich bedachte sie mit einem zweifelnden Blick. »Hast du gerade vorgeschlagen, eine Schusswaffe auf eine Tür abzufeuern, hinter der sich ein Labor befinden könnte? Ein Labor mit, du weißt schon, explosiven Chemikalien, verrückten Maschinen und Gott weiß was noch drin?«
Becks zuckte mit den Schultern. »Zumindest tun wir dann irgendwas.«
»Wir tun jetzt gerade etwas. Wir gehen da rein.« Ich klopfte erneut. Nach ein paar Sekunden Stille räusperte ich mich und rief: »Hier ist Shaun Mason von Nach dem Jüngsten Tag . Wir möchten zu Dr. Abbey. Ist sie zu sprechen? Es geht um die Sache mit den Reservoirkrankheiten.«
Das Echo meines Klopfens war noch nicht verhallt, als die Tür auch schon aufging und dahinter eine kleine, fröhlich dreinblickende, gut gebaute Frau zum Vorschein kam, mit braunen, nach allen Seiten abstehenden Haaren, in die scheinbar nach dem Zufallsprinzip einige gebleichte Strähnen verteilt waren. Sie trug ein neonorangefarbenes T-Shirt, auf dem NERV NICHT DEN OKTOPUS stand, Jeans und einen Laborkittel, und sie hielt ein Jagdgewehr auf meine Brust gerichtet.
»Kannst du dich ausweisen?«, fragte sie. Ihr Tonfall war locker, geradezu charmant, und sie hatte einen Akzent, den ich nicht genau zuordnen konnte. Auf die Frage folgte ein freundliches Lächeln, das sich allerdings nicht in ihren Augen widerspiegelte. Diese Frau würde, ohne zu zögern, abdrücken, wenn sie der Meinung war, dass wir ihr einen Grund dazu gegeben hätten.
Nicht die denkbar freundlichste Begrüßung, aber auch nicht die unfreundlichste , sagte George. Kelly schnappte nach Luft, entweder vor Schreck oder vor Empörung. Egal, so konnte ich etwas erwidern, ohne dass die Frau mit der großen Knarre mich von Anfang an für verrückt hielt. Das durfte gerne noch warten, bis sie nicht mehr mit ihrer Waffe auf uns zielte.
»Still«, sagte ich und achtete dabei darauf, Kelly einen Seitenblick zuzuwerfen, sodass es wenigstens so aussah, als würde ich mit ihr reden. Dann schaute ich wieder zu der Frau in der Tür und fragte: »Darf ich in meine Jackentasche greifen, um meinen Presseausweis rauszuholen? Ich verspreche, langsam zu machen.«
»Von mir aus«, antwortete sie noch immer lächelnd. »Joe! Komm mal hier rüber, Junge!« Der größte Hund, den ich je gesehen hatte, kam hinter ihr hervor. Von seinen Schlabberbacken troffen zähe weiße Speichelfäden. Sein Kopf kam mir größer vor als mein Brustkorb. Vielleicht war es nur der Schock, aber in diesem Moment hätte ich
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