Deadlock
Testamentsvollstreckerin bestellt - eine Aufgabe, die voraussichtlich mit großem Arbeitsaufwand verbunden war.
Nach der Begräbniszeremonie kämpfte sich Lieutenant Bob Mallory zu mir durch. Ich war auf dem Weg zu Champs Tante Helen, um dort den Nachmittag bei Piroschkis und Fleischklopsen zu verbringen. Fein, dass Bobby gekommen war: Er war ein alter Freund meines Vaters aus dessen Tagen bei der Chicagoer Polizei und der erste Mensch aus dem Viertel, über dessen Gegenwart ich mich wirklich freute.
»Die Sache mit Champ tut mir aufrichtig Leid, Vicki. Ich weiß, wie gern ihr euch hattet.«
Bobby ist der Einzige, dem ich gestatte, mich »Vicki« zu nennen. »Danke, Bobby. Es geht mir sehr nahe. Ich bin froh, dass du hier bist.« Ein eisiger Aprilwind zerzauste mir das Haar und ließ mich in meinem Wollkostüm frösteln. Hätte ich doch einen Mantel angezogen! Mallory ging mit mir zu den Limousinen, die für den Transport der dreiundfünfzig Personen bereitstanden, die zur engsten Verwandtschaft gehörten. Die Beerdigungskosten würden vermutlich fünfzehntausend Dollar aus dem Nachlass verschlingen, aber das war mir gleichgültig.
»Gehst du auch zum Leichenschmaus? Kann ich mit dir fahren? Bei dem Haufen Leute passt sowieso keiner auf den anderen auf.«
Gutmütig wie er war, erklärte sich Bobby einverstanden. Er half mir auf den Rücksitz der Polizeilimousine und machte mich mit dem Fahrer bekannt: »Vicki, Officer Cuthbert gehörte zu Champs zahlreichen Fans.« »Stimmt, Miss. Ich war richtig geknickt, als Cha-, Verzeihung, als Ihr Vetter plötzlich nicht mehr spielen konnte.«
»Nennen Sie ihn ruhig weiterhin Champ«, sagte ich. »Er mochte diesen Namen, und alle nannten ihn so ... Bobby, ich hatte einen von der Verschiffungsgesellschaft an der Strippe, aber es ist mir nicht gelungen, aus dem Kerl irgendetwas herauszuholen. Wie ist Champ ums Leben gekommen?« Er sah mich streng an. »Musst du das denn wirklich wissen, Vicki? Ich weiß, dass du dich für abgebrüht hältst, aber es wäre angenehmer für dich, Champ so in Erinnerung zu behalten, wie du ihn vom Eis her kennst.«
Ich presste die Lippen aufeinander; bei Champs Beerdigung wollte ich nicht aus der Rolle fallen. »Ich lechze nicht nach Blut, Bobby. Ich möchte nur gern wissen, was mit meinem Vetter passiert ist. Er war Sportler - ich kann mir schlecht vorstellen, dass er einfach ausgerutscht und hineingefallen ist.« Bobbys Gesichtszüge entspannten sich. »Du meinst doch nicht etwa, er sei ins Wasser gegangen?«
Ich machte eine unbestimmte Handbewegung. »Er hat bei meinem telefonischen Auftragsdienst eine dringende Nachricht hinterlassen, während ich verreist war.
Ich frage mich, ob er vielleicht über irgendetwas verzweifelt war.«
Bobby schüttelte den Kopf. »Dein Vetter war keiner von denen, die sich einfach vor den Bug eines Schiffes werfen. Das weißt du genauso gut wie ich.«
Ich war nicht scharf auf einen Vortrag über die Feigheit von Selbstmördern. »Ist das der Tatbestand?«
»Wenn dir die Getreideverschiffungsgesellschaft keine Auskunft geben wollte, so sicherlich nicht ohne Grund. Aber du kannst dich damit nicht abfinden, stimmt's?« Er seufzte. »Vermutlich wirst du deine Nase erst recht dort zur Tür hineinstecken, wenn ich es dir verschweige. Also, ein Schiff lag am Kai vor Anker, und Champ geriet in die Schraube, als es ablegte. Er wurde übel zugerichtet.«
»So war das also.« Ich schaute nach vorn auf den Eisenhower Expressway. »Es war ein feuchter Tag, Vicki. Die Docks sind alt und aus Holz - sie werden bei Regen ganz schön glitschig. Ich habe den Bericht des Sachverständigen gelesen und denk' mir, dass Champ ausgerutscht ist. Dass er hineingesprungen ist, glaube ich nicht.«
Ich nickte und tätschelte seine Hand. Eishockey war Champs Lebensinhalt gewesen, und er hatte sich nur schwer mit seinem erzwungenen Ruhestand abgefunden. Ich teilte Bobbys Meinung, dass mein Vetter nicht zu denen gehörte, die einfach aufgaben. Doch während des letzten Jahres war eine gewisse Resignation bei ihm unübersehbar gewesen. Ob das ausgereicht hatte, um sich vor eine Schiffsschraube zu stürzen?
Ich versuchte, nicht mehr daran zu denken, als wir an dem gepflegten einstöckigen Ziegelhäuschen von Tante Helen vorfuhren. Tante Helen war einer Schar Polen aus dem Süden von Chicago nach Elmwood Park gefolgt. Ich glaube, es gab auch einen Ehemann, einen pensionierten Metallarbeiter, der sich aber -wie alle männlichen Wojciks -
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