Marcus Gladiator - Aufstand in Rom (German Edition)
I
Die Angreifer kamen kurz nach Einbruch der Nacht. Sie schlichen zwischen den Zedern hervor, die an den Hängen des Berges hinter der Villa aufragten. Es waren über fünfzig Mann, mit Schwertern, Speeren und Keulen bewaffnet. Manche trugen Rüstung: Kettenhemden oder alte Bronzekürasse und unterschiedliche Helme und Schilde. Die meisten waren dünn und hager, an ein Leben mit harter Arbeit und ständigem Hunger gewöhnt. Ihre Anführer dagegen sahen anders aus: Sie waren von den Narben ihres Gewerbes gezeichnet und trugen kunstvoll verzierte und sorgfältig gepflegte Rüstungen. Diese Männer waren, ehe sie ihren Besitzern entflohen waren, einmal Gladiatoren gewesen – die tödlichsten Kämpfer in allen von Rom regierten Ländern.
An der Spitze der kleinen Truppe ritt ein breitschultriger Mann mit lockigem, schwarzem Haar. Er saß auf einer schönen, schwarzen, Stute, die er im Monat zuvor bei einem Überfall auf eine andere Villa erbeutet hatte. Über Braue und Nase des Reiters verlief eine Narbe, die ihm vor wenigen Monaten ein Zenturio zugefügt hatte, der Anführer einer Patrouille, die sie in den Hinterhalt gelockt hatten.
Die Patrouille hatte zu den Truppen gehört, die man vonRom ausgesandt hatte, um die Banden von Räubern und entlaufenen Sklaven, die sich tief in den Bergen des Apennins verbargen, aufzuspüren und auszumerzen.
Viele der Flüchtlinge waren Überlebende des großen Sklavenaufstands, den der Gladiator Spartakus vor etwa zwölf Jahren angeführt hatte. Sie trugen sein Erbe noch immer im Herzen. Damals hatte die Revolte Rom beinahe in die Knie gezwungen, und seither fürchteten die Römer einen weiteren blutigen Aufstand. Weil sie außerhalb von Italia mehrere Kriege geführt hatten, war es ihnen nicht möglich gewesen, die Rebellen vollständig auszulöschen. Mit den Jahren war das Rebellenheer um Tausende angewachsen.
Entflohene Sklaven und diejenigen, die bei den Überfällen der Rebellen auf die Villen und Landgüter der reichsten Römer befreit worden waren, bildeten nun eine große Armee von Freiheitskämpfern.
Schon bald, überlegte der Anführer mit einem dünnen Lächeln, würden sie stark genug sein, um größere Angriffe auf ihre römischen Herren zu unternehmen. Er hatte bereits Pläne geschmiedet. Die Zeit würde kommen, wenn wieder einmal ein Gladiator ein Heer von Sklaven gegen ihre Unterdrücker anführen würde. Bis dahin war er damit zufrieden, kleine Überfälle wie den heutigen durchzuführen. Sie sollten die reichen Männer, die Rom regierten, ängstigen und die unterdrückten Sklaven ermutigen, die in den Häusern, Bergwerken und auf den Feldern landauf, landab in ganz Italia ein jämmerliches Dasein fristeten.
Mit scharfen Augen musterte der Anführer die dunklen Umrisse der Gebäude und Mauern, die vor ihnen lagen. Zwei Tagelang hatte er mit seinen Männern die Villa aus den Schatten der Bäume heraus beobachtet. Es war das typische Landgut eines reichen Römers. Auf der einen Seite stand ein großzügiges Haus, das um einen Innenhof herum gebaut war, in dem säuberlich Blumenbeete und Kieswege um Wasserbecken und Fischteiche verliefen. Eine Mauer trennte das Haus von den niedrigen, schlichteren Gebäuden, in denen Sklaven und Aufseher, Wachen und Ackergeräte untergebracht waren, und von den Kornspeichern und Lagerhäusern, wo die Früchte des Landguts angesammelt wurden, ehe man sie auf den Markt brachte. Der Gewinn wurde dem Reichtum des Besitzers zugeschlagen, der in Rom lebte und dem der Schweiß, die Schufterei und das Leiden derjenigen einerlei war, die ihn so reich machten. Um das gesamte Anwesen verlief eine zehn Fuß hohe Mauer, die die Sklaven einschließen und Bedrohungen abwehren sollte.
Während die Angreifer in ihrem Versteck lagen, hatten sie die Gewohnheiten auf dem Landgut und das Kommen und Gehen der mit Ketten zusammengeschlossenen Sklaven und ihrer Wachen beobachtet, die auf den Feldern und in den Wäldern ringsum arbeiteten Die Wut des Anführers war in seinen Adern hochgekocht, als er sah, wie die Aufseher mit der Peitsche knallten und ihre Knüppel einsetzten, um Sklaven anzutreiben, die sich zu langsam bewegten. Nur zu gern hätte er mit seinen Männern den Schutz der Bäume verlassen, hätte alle Wachen überwältigt und die Sklaven befreit. Doch er hatte gelernt, wie wichtig die Tugend der Geduld war. Diese Lektion hatte ihm Spartakus vor vielen Jahren erteilt.
Bei jedem Kampf war das Wichtigste, den Feind genau zubeobachten und
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