Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
die Absicht, von der Version abzuweichen. Mrs Grafalk schüttelte energisch den Kopf. »Nein, meine Liebe. Damit gebe ich mich nicht zufrieden. Vor zwei Tagen tauchte Gordon Firth, der Vorstand der Ajax, mit einer ganz haarsträubenden Geschichte über Niels hier auf. Er brachte einen jungen Engländer mit, einen gewissen Roger Ferrant, der erzählte, Sie und er hätten herausgefunden, dass die Grafalk-Schifffahrtsgesellschaft mit Verlust arbeitete. Außerdem hätten Sie Niels verdächtigt, Martins Schiff in die Luft gejagt zu haben.«
    Ich setzte das Sektglas ab. »Was soll ich dazu sagen?«
    »Die Wahrheit!« Sie sah mich scharf an. »Schließlich muss ich als Haupterbin über das verbleibende Firmeneigentum verfügen. Martin Bledsoe wäre der ideale Mann, um die Firma zu übernehmen. Wir beide waren vor Jahren gut befreundet. Aber bevor ich mit ihm oder mit meinen Anwälten rede, möchte ich die ganze Wahrheit wissen.«
    »Beweise habe ich keine - nur eine Reihe von Vermutungen. Daran sind Sie wohl kaum interessiert. Vielleicht könnten die Polizei, das FBI oder die Küstenwache Beweise beibringen. Möchten Sie die Toten nicht in Frieden ruhen lassen?«
    »Miss Warshawski, ich werde Ihnen jetzt etwas anvertrauen, was außer Karen niemand weiß. Sie werden mein Privatleben respektieren, das nehme ich an. Aber wenn Sie's nicht tun, ist es auch kein Unglück. Niels und ich haben seit zehn Jahren nur noch nebeneinanderher gelebt.« Sie hob ihre kleinen beringten Hände. »Man hat sich nichts mehr zu sagen. Das soll ja vorkommen. Er hat sich wie ein Besessener der Grafalk-Schifffahrtsgesellschaft gewidmet, dachte überhaupt an nichts anderes mehr. Und war bitter enttäuscht, als seine Kinder kein Interesse für sein Unternehmen zeigten. Peter ist Cellist geworden, unsere Tochter Spezialistin für Thoraxchirurgie. Als ihm klar wurde, dass niemand aus der Familie die Firma übernehmen würde, zog er sich innerlich von uns zurück. Ich habe mich in den letzten Jahren wenig um Niels gekümmert. Trotzdem ist mir in den vergangenen acht oder neun Monaten seine zunehmende Rastlosigkeit aufgefallen. Ich habe Sie hierher gebeten, weil Sie mir bei unserem letzten Gespräch klug und intelligent erschienen. Sie können mir sicher verraten, was mit Niels los war: Sie gehören nicht zu seinem Bekanntenkreis, und ich glaube auch nicht, dass Sie seine Geliebte waren -« Sie stockte und warf mir einen prüfenden Blick zu. Fast hätte ich gelacht. Doch ich schüttelte nur stumm den Kopf.
    »Nein. So sehen Sie nicht aus. Also: Ich möchte von Ihnen wissen, was Sie auf Niels' Boot zu suchen hatten, und wie es zu dem Brand gekommen ist.«
    Ich nahm noch einen Schluck Champagner. Falls überhaupt jemand ein Recht auf die Wahrheit hatte, dann war es Grafalks Frau. Deshalb erzählte ich ihr die ganze Geschichte von Anfang an. Ich begann mit Champs Tod und endete mit dem Erlebnis im eisigen Wasser. Ein Blick auf den See ließ mich unwillkürlich frösteln.
    »Und wie sind Sie da herausgekommen? Hat Sie jemand gerettet?«
    »Ein Segelboot kam vorbei. Die Leute wurden durch das Feuer aufmerksam.
    Aber daran habe ich keine klare Erinnerung.«
    »Und die Beweise im Zusammenhang mit Claytons Tod?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Die Plastiktüten mit seinem Haar und den Teppichfasern habe ich noch. Ich werde sie aufheben - aber nur, weil sie dem ganzen Geschehen etwas Realität verleihen, nicht weil ich davon Gebrauch machen möchte.«
    Ihr Kopf war noch immer zur Seite geneigt. Sie dachte nach. »Sie legen also keinen Wert auf Strafverfolgung?« »Ich habe mich lange mit der Frau unterhalten, deren Mann in Champs Wohnung ermordet wurde. Meiner Ansicht nach sind sie und ich die Hauptbetroffenen - Jeannine können wir vergessen.« Ich starrte gedankenverloren hinaus auf den See und dachte an mein Gespräch mit Mrs Kelvin. Zu später Stunde hatte sie mich im Krankenhaus besucht, wo ich mich zwei Tage lang von dem Schock erholen musste, nachdem ich beinahe ertrunken wäre. Wir hatten über Champ und Henry Kelvin gesprochen - und über das Wesen der Liebe.
    »Niels und Sandy sind beide tot, es gibt also niemanden mehr, den man anklagen könnte. Und eine gerichtliche Auseinandersetzung um den Nachlass Ihres Mannes brächte mir keine Genugtuung. Sie würde nur das Andenken an zwei tapfere Männer besudeln.«
    Sie schwieg und knabberte konzentriert an einem Törtchen. Ich trank noch etwas Champagner. Das Essen war hervorragend gewesen, doch wenn ich an mein

Weitere Kostenlose Bücher