Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
Ganz gleich, wie man es betrachtete, die Zwei sollte nicht neben der Fünf, sondern zwischen Eins und Drei stehen … Wenn seine Theorie zutraf. Aber wer behauptete denn, dass der Mörder logisch dachte?
Vielleicht lag er auch völlig falsch mit seiner Geburtenfolge-Theorie. Vielleicht war die Nummer sechs aus einem ganz anderen Grund von Bedeutung und wurde Shannon zugeordnet … oder dem Mädchen? Möglich – immerhin handelte es sich um die Geburtsurkunde von Dani Settler, nicht um Shannons. Vielleicht war er völlig auf dem Holzweg.
Er musste zurück an den Ausgangspunkt. Den Hinweis auf die ›Geburtenfolge‹ vorerst vergessen und noch einmal von vorn anfangen.
Sein Blick wanderte zum nächsten Stapel. Anmerkungen zum ›unsichtbaren Feuerteufel‹ … Bei dieser Serie von Bränden war außer einer Frau niemand ums Leben gekommen. Es sah fast so aus, als hätte der Brandstifter absichtlich nur verlassene Gebäude gewählt.
Paterno trank noch einen Schluck und zerbiss einen Eiswürfel, dann blätterte er durch die drei Seiten Notizen über den unsichtbaren Feuerteufel … Sein Blick fiel auf den Namen der Frau, die damals umgekommen war: Dolores Galvez.
Warum kam ihm der Name bekannt vor? Da war doch was …
Er setzte sich an den Schreibtisch und zog eine Mappe mit Notizen hervor, Kopien der Ermittlungsunterlagen zu dem Fall. Die Seiten waren vergilbt und rochen muffig nach drei Jahren Lagerung. Während Paterno die Berichte durchsah, kreisten seine Gedanken um all die Brände, die sich ganz in der Nähe von Santa Lucia ereignet hatten. Zu jener Zeit war nicht nur Patrick, Shannons Vater, Feuerwehrmann gewesen, sondern auch seine Söhne. Sämtliche Söhne. Paterno prüfte das noch einmal: Aaron, Robert, Shea, Oliver und Neville. Und noch zwei weitere bekannte Namen tauchten auf: Ryan und Liam Carlyle. Cousins ersten Grades. »Was für eine inzestuöse Bande«, sagte Paterno zu sich selbst. Sie waren ihm allesamt unsympathisch, einschließlich der Verstorbenen. Ryan Carlyle war ein harter Brocken gewesen, und seine Cousins waren keinen Deut besser. Ein solches Schicksal hatte Mary Beth sicher nicht verdient, aber sie war doch ein herrschsüchtiges Weib gewesen. Ihre Schwester Margaret war eine frömmelnde Spießerin und Kevin, einer ihrer Brüder, ein regelrechter Kauz, ein Sonderling, der trotz seiner zahlreichen Diplome nur einen Verwaltungsjob bei der Bundesregierung hatte. Liam, der älteste Bruder, der am engsten mit Ryan befreundet gewesen war, lebte ebenfalls zurückgezogen. Er war mehrmals verheiratet und wieder geschieden, und nachdem er seinen Job bei der Feuerwehr von Santa Lucia aufgegeben hatte, betätigte er sich als Brandermittler bei einer Versicherungsgesellschaft in Santa Rosa.
Und Teddy, Ryans jüngerer Bruder, war tot, im Alter von dreizehn Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ryan hatte am Steuer des Wagens gesessen.
Nein, dachte Paterno, er mochte weder die Flannerys noch die Carlyles.
Ryan war wohl der Schlimmste gewesen. Er hatte seine Frau geschlagen, das war erwiesen. Paterno hatte einen Teil von dem Tonband abgehört, auf dem der letzte Streit zwischen ihm und seiner Frau Shannon aufgezeichnet worden war.
Der gewalttätige Ehemann hatte die Geräte zwar zerstört, doch die Polizei hatte ein Stück des Bandes rekonstruieren können, auf dem Shannon ihn anschrie. Es klang, als kämpfe sie um ihr Leben. Dieses Stückchen Band hatte die Grundlage zu der Theorie geliefert, sie könne ihren Mann umgebracht haben … Sicher, es zeigte, dass sie ein Motiv gehabt hätte, doch das reichte nach Paternos Einschätzung nicht. Die Staatsanwaltschaft hatte darauf beharrt, Shannon habe den Mord entweder selbst begangen oder sich Hilfe gesucht – sei es bei einem Auftragskiller oder bei ihren Brüdern. Diese gaben sich gegenseitig ein Alibi.
Es war eine schwache Argumentation gewesen, und rückblickend fragte Paterno sich jetzt, warum der Staatsanwalt so sehr darauf aus gewesen war, eine Verurteilung zu erwirken. Der Mann hatte unter Druck gestanden, entschied er und starrte auf die Transkription des Bandes.
Er suchte weiter, bis er auf Informationen über das einzige Todesopfer der vom unsichtbaren Feuerteufel gelegten Brände stieß.
Dolores Galvez war zweiunddreißig Jahre alt gewesen, geschieden, kinderlos, Kellnerin in einem italienischen Restaurant, das inzwischen geschlossen hatte. Dolores hatte einen Bruder, der in Pasadena lebte. Ihre Eltern hatten vor drei
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