Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deathkiss - Suess schmeckt die Rache

Deathkiss - Suess schmeckt die Rache

Titel: Deathkiss - Suess schmeckt die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
unterdrücken – sicher ging es Oliver gut. Sie musste ihn nur finden.
    Doch dann dachte sie an Mary Beth, an Dani und daran, dass Oliver sie vorhin unbedingt hatte sprechen wollen. Sie hätte sich selbst dafür ohrfeigen mögen, dass sie ihm nicht zugehört hatte. Voller Unbehagen ging sie zur hinteren Veranda und tastete unter der untersten Stufe nach dem Schlüssel. Sekunden später drehte sie ihn im Schloss und trat zusammen mit Travis in das kleine, muffige, spartanisch eingerichtete Haus ihres Bruders.
    Sie schaltete das Licht in der Küche an.
    Alles war unauffällig und aufgeräumt. Kein Geschirr in der Spüle, kein Stapel ungelesener Post auf dem Tresen, beide Stühle waren ordentlich an den Tisch gerückt. Abgesehen vom Summen des Kühlschranks und dem Ticken der Uhr im Flur war alles still.
    »Oliver?«, rief sie. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken.
    Im Wohnzimmer lag eine Bibel aufgeschlagen auf einem Tisch neben dem Sessel, dessen Lederbezug von jahrelanger Abnutzung glänzte. Der Kamin war kalt, unbenutzt, an den Wänden hingen mehrere Bilder von Jesus und Maria.
    Rasch ging sie durch die zwei weiteren Zimmer. Das eine, Olivers Büro, war so kahl wie der Rest des Hauses und enthielt nur einen Schreibtisch, ein Tagesbett und Bücher, die ordentlich auf Regalbrettern standen. Shannon kannte die Titel: Texte über Religion, Theologie, Psychologie und so weiter. Der nächste Raum, Olivers Schlafzimmer mit seinem schmalen, ordentlich gerichteten Bett und einer Kommode, die noch aus seiner Jugendzeit stammte, war ebenfalls leer, das Bett unberührt.
    »Wo steckt er nur?«, fragte sie, und ihr Blick streifte die offene Tür zum Badezimmer. Leer. Sauber und ordentlich. Das blaue Handtuch neben dem Waschbecken war militärisch korrekt zusammengelegt.
    »Ich weiß es nicht.« Travis ging zurück ins Wohnzimmer, zu dem Tisch mit der Bibel. Er knipste das Licht an und überflog die aufgeschlagenen Seiten.
    »Hast du was gefunden?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube nicht.«
    »Es ist schon so spät.« Sie furchte die Stirn und war bereits im Begriff, einen ihrer Brüder zu alarmieren, war sogar schon auf dem Weg zum Wandtelefon in der Küche, blieb dann jedoch stehen und überlegte. Versuchte, sich in Oliver hineinzuversetzen. Sie betrachtete die Kruzifixe an den Wänden, die Palmwedel, die Kunstwerke. »Wenn man kurz vor der Priesterweihe steht und einen etwas bedrückt … Wenn man große Sorgen mit sich herumschleppt …«, überlegte sie laut, durchquerte das Wohnzimmer und öffnete die Jalousien, um über den kleinen Garten hinweg zum Grundstück der Mission auf der anderen Straßenseite hinüberzuschauen. Der Glockenturm und die Kreuze auf den Spitzdächern wurden von unten angestrahlt. »Wenn man in großer Sorge wäre, wohin ginge man dann?«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin nicht katholisch«, erwiderte Travis, trat jedoch zu ihr ans Fenster und folgte ihrem Blick.
    »Wenn dich etwas quält, dich, Travis Settler, wohin gehst du dann, um Trost zu finden?«
    »Ich mache gewöhnlich einen Spaziergang. Draußen. Irgendwo, wo es ruhig ist und ich nachdenken kann«, sagte er.
    Shannon nickte. »Ich glaube, er ist in der Kirche bei der Mission. Gleich gegenüber.«
    »Möglich«, räumte Travis ein.
    Shannon eilte voran, und sie verließen das Haus auf demselben Weg, auf dem sie hereingekommen waren. Sie verfiel in Laufschritt, denn ihr Gefühl sagte ihr, dass die Zeit drängte. Warum hatte sie sich bei ihrer Mutter nicht auf das Gespräch mit Oliver eingelassen? Hätte sie nicht wenigstens ein paar Minuten für ihren Bruder erübrigen können, der sich offensichtlich mit etwas quälte?
    Lass das, Shannon, mach dich nicht selbst fertig. Du weißt ja nicht einmal, was es war, das ihn belastete!
    Sie lief über die Straße, Travis an ihrer Seite. Sie betraten den Plattenweg über das Grundstück, eine alte Missionsstation, die die Kirche noch nutzte. Diese Kirche war klein, nicht annähernd so groß oder modern wie die Hauptkirche, St. Theresa, eine halbe Meile nördlich, aber sie lag in die Nähe, und Olivers Auto stand vor dem Haus. Hier musste er sein.
    Das Portal lag im Schatten; als sie sich näherten, war von drinnen kein Geräusch zu hören.
    Shannon legte die Hand auf den großen Türknauf und zog. Die Tür öffnete sich geräuschlos. Sie zögerte einzutreten, empfand ein Unbehagen, als sei sie hier nicht willkommen, ein unbefugter Eindringling. So freundlich und warm und heilig

Weitere Kostenlose Bücher