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Deathkiss - Suess schmeckt die Rache

Deathkiss - Suess schmeckt die Rache

Titel: Deathkiss - Suess schmeckt die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
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und es war ihr unangenehm, dass er Zeuge privater Familienstreitigkeiten geworden war. Sie wollte nicht, das er allzu viel über sie wusste.
    Doch der letzte Blick auf ihn im Rückspiegel brannte sich tief in ihr Bewusstsein ein: breite Schultern, hartes Kinn, starke Ausstrahlung.
    Am Tisch im Restaurant hätte sie blind sein müssen, um seine scharfen Gesichtszüge, die sonnenbraune, wettergegerbte Haut nicht zu bemerken. Sie spüre, dass er ein harter Brocken war, und sie stellte sich vor, dass sein Lächeln eine Frau bis in die Seele treffen würde. Aber er war angespannt, von dem Drang getrieben, seine Tochter zu finden. Was ihn in ihren Augen nur noch attraktiver erscheinen ließ.
    Attraktiv?
    Himmel, wohin verstiegen sich ihre Gedanken?
    Es lag wahrscheinlich an den Schmerzmitteln.
    Oder an dem Schock, den Adoptivvater ihres Kindes kennenzulernen.
    Oder an den Fotos, die er ihr gezeigt hatte.
    Travis Settler zu begegnen, dem Vater ihrer Tochter, war schwer gewesen, aber noch schwerer war es, die Bilder des jungen Mädchens zu sehen, zu dem ihr Baby herangewachsen war. Innerlich zitterte sie immer noch. Die Fotos hatten einen ungeheuren Schmerz in ihr ausgelöst, ein Gefühl tiefster Einsamkeit.
    Du hättest sie nicht weggeben sollen. Du hättest ihr erstes Weihnachtsfest mit ihr erleben sollen. Du hättest ihr das Radfahren und das Reiten, die Achtung vor Tieren beibringen sollen. Sie hätte wie du in Saint Theresa ihre Erstkommunion begehen sollen. Es hätte Fotos geben sollen, auf denen sie auf deinem Schoß sitzt, nicht auf dem von Travis Settlers Frau. Deine Tochter hätte mit ihren Onkeln und ihren Großeltern aufwachsen sollen, und vor allem hättest du, Shannon Flannery, sie beschützen sollen. Vor so etwas – vor dem Grauen, das sie jetzt womöglich durchmacht.
    Shannon hatte rasende Kopfschmerzen, und der Kloß in ihrem Hals machte es ihr fast unmöglich zu schlucken. Wo war Dani? Lebte sie überhaupt noch? Hoffte sie verzweifelt auf Rettung? Oder war das Unvorstellbare bereits geschehen?
    Der Pick-up holperte durch ein Schlagloch, und ein scharfer Schmerz schoss durch ihre Rippen. Ihr Kopf dröhnte. Sie musste dringend nach Hause, um Schmerztabletten zu schlucken und mindestens hundert Stunden zu schlafen.
    Dann konnte sie sich dem Chaos wieder stellen, zu dem sich ihr Leben entwickelt hatte.
    Das Gespräch zwischen ihren Brüdern hatte sie kaum noch verfolgt, doch nun fiel erneut Mary Beths Name.
    »Ein Miststück«, lautete Aarons Urteil.
    »Krank im Kopf … Wie der Rest ihrer Familie«, pflichtete Shea ihm bei. »Sieh dir doch Liam und Kevin an.«
    »Ja, warum zum Teufel war Liam eigentlich heute Abend bei ihr?«
    »Als moralische Unterstützung«, sagte Shannon.
    Aaron schnaubte verächtlich. »Ausgerechnet er! Was weiß der Kerl schon von Moral?«
    Im Stillen pflichtete Shannon ihm bei: Die Carlyles waren wirklich krank im Kopf. Ryans Vettern Liam und Kevin waren berüchtigt für ihr aufbrausendes Temperament. Sie explodierten beim geringsten Anlass. Wie oft hatte sie selbst während ihrer Ehe mit Ryan auf Familienfesten der Carlyles die Wutausbrüche der Brüder miterlebt?
    Inzwischen hatten sie die Stadt hinter sich gelassen und fuhren über hügeliges Land. Als die Unterhaltung aussetzte, wurde Shannon bewusst, dass Aaron sie abwartend ansah. Offenbar hatte er ihr eine Frage gestellt, doch sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie es gar nicht wahrgenommen hatte.
    »Was?«
    »Ich wollte wissen, ob du Settler seine Geschichte abnimmst. Dass er rein zufällig zur Tatzeit auf deinem Grundstück war«, wiederholte Aaron.
    »Ich weiß nicht recht, was ich glauben soll«, gestand sie.
    Shea bremste vor einer Kurve ab. »Ich auch nicht.«
    »Ich bin noch dabei, ihn zu überprüfen«, sagte Aaron. »Ich glaube, unser Freund hat eine ganze Menge zu verbergen. Ein verteufelter Zufall, dass er aus seiner Kleinstadt im Norden von Oregon ausgerechnet in der Nacht, in der Shannons Schuppen brennt, bei ihr ankommt. Das gefällt mir nicht.«
    »Mir auch nicht«, stimmte Shea zu.
    In dem Punkt hatte Aaron recht, dachte Shannon. Das konnte wirklich kein Zufall sein. Andererseits hielt sie ihn nach dem heutigen Gespräch nicht mehr für einen Brandstifter. Und zu dem Zeitpunkt, als sie die Geburtsurkunde fand, war er noch gar nicht in der Gegend gewesen.
    Shea drosselte das Tempo und bog von der Landstraße ab. Im Scheinwerferlicht des Dodge sah Shannon die knorrigen Bäume entlang ihrer Zufahrt.

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