Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
größer, Madeleine Wade. Dr. Wilson hatte sich offenbar zur Sprecherin ernannt; sobald er nämlich eintrat, marschierte sie ihm entgegen und pflanzte sich vor ihm auf.
»Superintendent, wir möchten Sie sprechen. Es geht um Geoff Genovase.«
»Sie hätten keinen besseren Zeitpunkt wählen können«, erwiderte Kincaid lächelnd. »Wir hätten Sie sonst vorgeladen. Wir brauchen Sie zur offiziellen Identifizierung der gestohlenen Gegenstände.« Er warf einen Blick über seine Schulter. »Will, gibt es vielleicht einen etwas gemütlicheren ...«
»Sie verstehen das falsch, Mr. Kincaid.« Der Ton war ungeduldig. Als hätte sie einen widerspenstigen Patienten vor sich. Die Pfarrerin machte ein besorgtes Gesicht, und Madeleine Wade sah aus, als genösse sie die Szene, bemühte sich jedoch, es nicht zu zeigen.
Rebecca Fielding trat vor und legte ihre Hand auf Gabriella Wilsons Arm. »Mr. Kincaid, wir sind hergekommen, um Ihnen zu sagen, daß wir von einer Anzeige absehen möchten. Wir sind gern bereit, die einzelnen Gegenstände zu identifizieren, aber das ändert nichts an unserem Entschluß.«
»Was zum ...« Er schüttelte den Kopf. »Das ist ja nicht zu glauben. Miss Wade?«
»Wir sind uns völlig einig. Wenn nötig, sagen wir einfach, wir haben ihm die Sachen geliehen Und es dann vergessen.« Sie lächelte mit Verschwörermiene.
»Und was ist mit Percy Bainbridge?«
»Ja, Percy macht gern Schwierigkeiten, das stimmt«, sagte Gabriella Wilson. »Aber im Moment ist Paul bei ihm. Ich bin sicher, es wird ihm gelingen, ihn zur Einsicht zu bringen.«
»Und wenn nicht?« Kincaid sah die drei Frauen skeptisch an.
Gabriella Wilson lächelte, und er sah das kriegerische Aufblitzen in ihrem Blick. »Dann werden wir ihm das Leben zur Hölle machen.«
Kincaid rieb sich das stoppelige Kinn. »Was ist, wenn Sie sich in Geoff täuschen? Was ist, wenn er am Mittwoch abend doch in Gilberts Haus war und den Commander getötet hat?«
Madeleine Wade trat vor. »Wir täuschen uns nicht. Ich versichere Ihnen, Geoff ist nicht fähig, jemanden zu töten.«
»Sie haben keinerlei Beweise«, fügte Gabriella Wilson hinzu. »Und wenn Sie versuchen sollten, ihm das anzuhängen, dann werden Sie im Nu ein halbes Dutzend Leute auf dem Hals haben, die sich plötzlich erinnern, daß sie ihn zur fraglichen Zeit ganz woanders gesehen haben.«
»Finden Sie das nicht alles ein bißchen selbstherrlich?« Als niemand antwortete, sagte Kincaid mit aufwallendem Zorn: »Ihnen ist doch klar, was Sie hier tun? Sie nehmen das Gesetz in die eigene Hand, obwohl Sie weder über das Wissen noch über die Unparteilichkeit verfügen, um das zu tun. Genau so etwas soll unser Rechtssystem verhindern ...«
»Wir sind nicht bereit, Geoff Genovase zu opfern, um die Wirksamkeit unseres Rechtssystems auf die Probe zu stellen, Superintendent.« Die Gesichter der drei Frauen waren unerbittlich.
Kincaid starrte sie einen Moment zornfunkelnd an, dann seufzte er. »Na gut. Will, kümmern Sie sich um die Formalitäten, ja? Ich geh und sage Brian, daß er seinen Sohn mit nach Hause nehmen kann.«
Kincaid drängte sich neben Gemma auf die Bank, ehe Will oder Deveney ihm zuvorkommen konnten, und lächelte über die Enttäuschung in Deveneys Miene. Sie hatten sich in ein Pub in der Nähe des Bahnhofs vertagt, um ihre Strategie zu planen und ihren Hunger zu stillen.
»Der Chief Constable hat angerufen«, bemerkte Deveney im Konversationston, nachdem sie bestellt hatten.
Keiner schien besonders erpicht darauf zu hören, was der hohe Herr von sich gegeben hatte, doch Kincaid stellte sein Bier nieder und brach das Schweigen. »Na schön, Nick, dann lassen Sie mal hören, damit wir’s hinter uns bringen.«
»Sie werden es nie erraten.« Deveney lockerte den Knoten seiner Krawatte und knöpfte seinen Kragen auf. »Er wartet mit großer Ungeduld auf eine >Klärung< und wäre >hochzufrieden<, wenn wir Anlaß fänden, Geoff Genovase wegen des Mordes an Gilbert unter Anklage zu stellen. Das würde jedem öffentlichen Verdacht, daß wir nur rumsitzen und Däumchen drehen, augenblicklich den Boden entziehen, verstehen Sie.«
Gemma verschluckte sich an ihrem Drink. »Ist er denn bescheuert? Wir haben nicht den kleinsten Beweis. Wir würden uns zum Gespött machen, wenn wir versuchten, eine Anklage wegen Mordes durchzubringen.«
»Nicht bescheuert. Nur ein politisch denkender Mensch«,
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