Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
Geoff der Polizei zu übergeben? Brian hatte sowieso schon allen Grund, ihn zu hassen. Wie weit würde er gehen, um seinen Sohn zu schützen?«
»Sie haben recht«, sagte Deveney nach einer kleinen Pause. »Das gefällt mir überhaupt nicht. Aber es wäre ein Motiv, und ein besseres haben wir bis jetzt nicht.«
Kincaid gähnte. »Dann schlage ich vor, wir stellen morgen als erstes mal fest, ob Brian für den Mittwoch abend ein vollständiges Alibi vorweisen kann. Und wir lassen auch bei Malcolm Reid nicht locker. Irgendwas an dieser Situation ist mir nicht geheuer. Ich kann es nicht definieren.«
»Schön, dann machen wir für heute Schluß«, meinte Deveney. »Ich bin erledigt. Ich habe Ihnen zwei Zimmer in dem Hotel in der High Street reservieren lassen.« Er legte seine Hand aufs Herz und strahlte Gemma an. »Ich werde gleich viel besser schlafen, wenn ich Sie in meiner Nähe weiß.«
Das Hotel war ganz anständig, wenn auch ein bißchen muffig. Nachdem Kincaid dem anhänglichen Nick Deveney mit aller Entschiedenheit gute Nacht gewünscht hatte, folgte er Gemma mit schicklichem Abstand die Treppe hinauf. Ihre Zimmer lagen einander gegenüber, und er wartete im Korridor, bis sie ihre Tür aufgesperrt hatte. »Gemma ...« begann er, dann geriet er ins Stocken.
Sie sah ihn mit einem unnahbaren Lächeln an. Sie hatte die Mauern wieder hochgezogen. »Gute Nacht, Chef. Schlafen Sie gut.« Die Tür fiel hinter ihr zu.
Er kleidete sich langsam aus, hängte sein Hemd auf, legte seine Hose so ordentlich über den einzigen Stuhl im Zimmer, als hinge sein Leben davon ab, daß die Bügelfalten messerscharf blieben. Alkohol und Erschöpfung hatten eine betäubende Wirkung, und er hatte das Gefühl, seine eigenen Handlungen aus der Ferne zu beobachten. Er wußte, daß sie absurd waren, dennoch machte er weiter, als wäre peinliche Ordnung sein einziger Schutz. Als er seinen Mantel im Schrank aufhängte, fiel eine zerknitterte Papierblume aus seiner Tasche.
Er hatte sie am letzten Sonntag getragen, vor einer Woche, als er zu St. Johns Kirche in Hampstead gegangen war, um den Major zu hören, der beim Faure Requiem zur Feier des Volkstrauertags mitgesungen hatte. Der Gesang hatte ihn über sich selbst hinausgehoben, alle Sorgen und Wünsche für kurze Zeit gestillt, und als er jetzt in sein schmales Hotelbett stieg, versuchte er, diesen Zustand wiederzugewinnen.
Es überfiel ihn, gerade als er in den Schwebezustand unmittelbar vor dem Schlaf hineinglitt. Er sprang aus dem Bett und warf in seiner Hast die alberne kleine Nachttischlampe um. Als er sie wieder aufgestellt hatte, knipste er sie an und begann in seiner Brieftasche zu suchen.
Er hatte die Karte schnell gefunden. Blinzelnd im trüben Licht, das durch den rosafarbenen Fransenschirm der Lampe sickerte, starrte er auf sie hinunter. Er hatte sich nicht geirrt. Die Telefonnummer auf der Geschäftskarte, die er in Malcolm Reids Laden mitgenommen hatte, war dieselbe, die er unter dem Datum des Tages vor Gilberts Tod in dessen Terminkalender gesehen hatte. >18 Uhr< war daneben eingetragen gewesen.
* 10
Die Presseleute hatten ihre Zelte abgebrochen, der Constable war von seinem Posten am Gartentor abgezogen worden, die schmale Straße schien in der Morgensonne friedlich vor sich hinzuträumen. Als sie in den Garten traten, brummelte Kin-caid ein paar Worte, von denen Gemma nur etwas wie »dieses Eden ...« verstand.
»Wie?« sagte sie, sich nach ihm umwendend, als er noch dabei war, das Tor zu schließen.
»Ach, nichts.« Er holte sie ein, und sie gingen nebeneinander den Weg hinauf. »Nur ein altes Sprüchlein, das mir eben eingefallen ist.« Als sie um die Ecke bogen, sprang Lewis in seinem Zwinger auf, doch sein tiefes warnendes Bellen wurde zu freudig aufgeregtem, hellem Kläffen, als Kincaid ihn ansprach.
»Sie haben eine Eroberung gemacht«, bemerkte Gemma, als er zum Drahtzaun ging und durch das Gitter griff, um den Hund hinter den Ohren zu kraulen.
Er drehte den Kopf und sah sie an. »Eine wenigstens.«
Gemma errötete, und während sie noch über eine schlagfertige Antwort nachdachte, flog die Küchentür auf, und Lucy rief nach ihnen. In einem zu großen roten Pullover, mit heruntergerutschten Kniestrümpfen und einem Schottenrock, der kaum lang genug war, um diesen Namen zu verdienen, trat sie auf die Stufe vor der Tür.
»Meine Mutter ist nicht da. Sie wollte vor dem Kirchgang noch
Weitere Kostenlose Bücher