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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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»Nicht in diesem Ton, Jo. Es gibt keinen ...«
      »Martin, hör mir gefälligst erst mal zu. Annabelle ist tot. Jemand hat sie umgebracht.«
      »Was?«
      »Du hast gehört, was ich gesagt habe. Sie haben ihre Leiche gestern morgen im Mudchute Park gefunden.« Jo beobachtete ihn und überlegte, wann sie ihn zum letzten Mal ohne diesen mißbilligenden Ausdruck gesehen hatte, der in sein Gesicht eingemeißelt zu sein schien.
      Dann zuckte sein Mund. »Geschieht ihr recht, der Hexe.«
      »Martin ...!«
      »Was hatte sie denn im Park zu suchen? Hat sie ihre Haut dort zu Markte getragen? Tja, so was passiert eben, wenn man eine Hure ist. Du hättest wissen müssen ...«
      »Du Schwein!« Jo riß automatisch die Hand hoch. Wie durch einen Nebel spürte sie in ihrer Wut, wie ihre Handfläche in einer schallenden Ohrfeige auf seiner Wange landete. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ihre Haut brannte. Sie bedeckte ihre schmerzende Hand mit der anderen Hand, und wich aus Angst vor Vergeltung zurück. Dann merkte sie, daß Martin sich der Blicke der Passanten viel zu bewußt war, um zu riskieren, noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Sie hatte ihn öffentlich gedemütigt, und es gab nichts, was er mehr haßte.
      »Das war verdammt gemein und ungerecht«, zischte er. Ihre Hand zeichnete sich deutlich rot auf seiner Wange ab. »Bist du jetzt komplett verrückt geworden?«
      »Ist mir egal, wie du über sie denkst, sie war meine Schwester. Meine Schwester! Wie konntest du nur ...« Sie schluckte und wandte den Blick ab. Sie traute ihrer Stimme nicht mehr.
      Sie starrte auf den Teegarten, wo sich die interessierten Zuschauer wieder ihren Getränken und Unterhaltungen zugewandt hatten und nur noch gelegentlich einen Blick auf Martin und sie warfen.
      »Bist du es nie leid, die Märtyrerin zu spielen, Jo? Auch jemand wie du könnte sich irgendwann mal dazu durchringen, zu verzeihen ...«
      »Meine Gefühle spielen jetzt keine Rolle. Ich muß es den Kindern beibringen. Und ich dachte, du könntest ...«
      »Ich könnte was? Ihnen eine kleine moralische Geschichte erzählen? Ihnen erklären, daß genau das Nutten und Frauen zustößt, die Familien zerstören?«
      Jos Wut verflüchtigte sich so schnell, wie sie gekommen war. Pure Erschöpfung stellte sich ein. Sie schwankte. Es war sinnlos gewesen, diese Bitte an ihn zu richten, soviel begriff sie und wollte nur noch nach Hause. Aber so schnell ging das nicht. »Versprich mir, daß du mit den Kindern nicht über Annabelle redest. Versprich mir, daß du Harry nicht diese Dinge sagst.«
      Martin musterte sie. Er hatte das Kinn, das sie einmal für Charakterstärke gehalten hatte, eigensinnig vorgeschoben. »Warum soll ich ihnen nicht die Wahrheit sagen? Du machst doch nur eine Heilige aus ihr ...«
      »Versprich mir wenigstens, daß du sie erst wiedersiehst, wenn sie Zeit hatten, damit fertig zu werden. Es sind Kinder, mein Gott. Kannst du nicht auch mal an andere denken?«
      »Aus deinem Mund ist das starker Tobak«, entgegnete er giftig. Jo erkannte plötzlich, daß das alles nur in denselben endlosen Streit münden würde, der sich durch Jahre ihres Lebens zog. Und sie war dumm genug gewesen zu glauben, die Scheidung würde einen Schlußstrich darunter ziehen. Sie schloß die Augen, und seine Stimme wurde leiser, bis sie nur noch ein fernes Krächzen war.
      »Jo, was ist los mit dir? Was fällt dir ein? Kipp hier bloß nicht um, hast du gehört?« Martins Finger bohrten sich in ihre Schultern, rissen sie hoch. »Hörst du mich? Ich habe gesagt, daß ich die Kinder heute nachmittag nicht holen werde. Also geh jetzt nach Hause.«
      Er ließ sie los, vergrub die Hände in den Hosentaschen und ging davon.
     
    Kincaid gab sich redlich Mühe, beim Fahren ein Schinkenbrot zu essen - eine Hand am Steuer, eine Hand, um das Sandwich zu halten, und wenn er schalten mußte, nahm er das Sandwich in die Hand am Steuer. Dabei hatte er die flüchtige Vorstellung, daß das Yard eines Tages seinen Mitarbeitern den Luxus von Dienstfahrzeugen mit Automatik gönnen möge. Als nächstes träume ich womöglich noch von einer Klimaanlage, seufzte er stumm.
      »Sollen wir wechseln?« fragte Gemma und verschlang die letzten Krümel aus ihrer dreieckigen Sandwichbox.
      »Sind sowieso gleich da«, antwortete er kauend. Dann schluckte er. »Ich glaube, wir sind sogar zu früh dran.«
      »Dann hätten wir genausogut irgendwo in Ruhe essen

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