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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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eine Firma.« Gemma berührte leicht seine Schulter, als sie sich vorbeugte, um aus seinem Fenster zu sehen.
      »Die Gegend hier wurde als erste neu erschlossen. Die meisten der alten Speicherkomplexe am Fluß sind in den vergangenen fünf Jahren abgerissen worden, um neuen Eigentumswohnungen der gehobenen Preisklasse Platz zu machen.«
      »Ah, du hast also Janice wieder mal ausgequetscht.«
      »Sie hat mir eine Lektion in Heimatkunde erteilt, würde ich sagen. Widerstand wäre zwecklos gewesen. Die Firma Hammond’s hat ihren Sitz noch in einem der letzten alten Speicher an diesem Uferabschnitt. Schau doch! Das muß er sein.«
      Er stellte den Wagen am Straßenrand ab, stieg aus und betrachtete das alte Gebäude. Es war eine klobige, letzte Bastion viktorianischer, industrieller Tüchtigkeit aus braunem Backstein mit vier Stockwerken, dessen strenge Fassade durch orangefarbene, gemauerte Bögen über jedem Fenster und über dem Haupteingang ein wenig aufgelockert wurde. Über dem flachen Dach erhob sich ein Ziergiebel, der wie eine unpassende Spielerei über der Fassade wirkte. Darunter stand in gemauerten Lettern Hammond’s Fine Teas, 1879.
      Gemma trat zu ihm und drückte die Klinke der glänzenden, dunkelblau lackierten Tür. »Abgeschlossen. Wenigstens ist es auf dieser Seite ein bißchen kühler ... wenn wir schon warten müssen.«
      Kincaid betrachtete die Schule auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Obwohl der Haupttrakt im phantasielosen Stil der Postmoderne erbaut worden war, verriet das separate Gebäude an der Front seinen viktorianischen Ursprung, in dem sich die dreieckigen Ziergiebel und die orangerote Fensterverzierung des Speichers wiederholte. »Besteht wohl kaum Hoffnung, daß wir da drüben einen glaubhaften Zeugen für Freitag abend finden. Sehen wir mal zur Rückfront des Speichers«, schlug Kincaid vor und wandte sich in Richtung Fluß. Zu ebener Erde gab es dort keine Fensteröffnungen.
      Auf der Rückseite lag das Gebäude auf gleicher Höhe mit der Wasserlinie, so daß der mit Backsteinen gepflasterte Fußgängerweg am Fluß um den Speicher herum geführt werden mußte. »Endstation«, berichtete er erschöpft. »Dieser verdammte Speicher ist eine uneinnehmbare Bastion.«
      »In den alten Zeiten wurden Lagerhäuser auch mal gern ausgeraubt.« Es war Ebbe. Gemma rümpfte die Nase, als ihr der Gestank von Hafenschlick in die Nase stieg.
      »Sicher. Trotzdem muß es doch von der anderen Seite einen ebenerdigen Zugang geben. Schon damals brauchten sie Laderampen für Fuhrwerke, wenn sie Waren vom Wasser her eingelagert haben.«
      »Und der Fluß hat damals vermutlich noch schlimmer gestunken«, fügte Kincaid hinzu, lehnte sich über das Geländer am Fußgängerweg und starrte auf das Sammelsurium von Müll, den das ablaufende Wasser hinterlassen hatte. »Und die Leute haben vermutlich noch ganz anderen Abfall da hineingeworfen. Stimmt nicht gerade optimistisch, was?« Er starrte auf die drei dunklen Schornsteine des Stromkraftwerks am gegenüberliegenden Ufer und von dort auf das gleißende Weiß des Naval College weiter flußaufwärts hinter der Biegung. »Gelegentlich fragte ich mich, ob sich die Menschheit wirklich weiterentwickelt hat.« Er deutete über den Fluß zum College und fügte hinzu: »Schau dir nur an, was Christopher Wren da auf die Beine gestellt hat.«
      »Ich bin eher für sanitäre Anlagen, danke«, bemerkte Gemma. Und Kincaid fiel auf, daß er sie an diesem Nachmittag zum ersten Mal lächeln sah. Ihr Nasenrücken war von der Sonne leicht rosarot verbrannt, und die sonst nur matt sichtbaren Sommersprossen auf ihren Wangen waren deutlicher und dunkler geworden.
      »Alles in Ordnung mit dir?« fragte er und streichelte mit den Fingerkuppen über ihre Wange.
      »Ist nur die Hitze.« Sie strich sich eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn und wandte den Blick ab.
      »Ich dachte ...«
      Ganz in der Nähe schlug eine Autotür zu. »Das war vorn«, sagte Gemma und horchte. »Da ist jemand gekommen.« Sie lief zur Vorderfront des Speichers zurück. Er folgte ihr und fragte sich, was er wohl gerade hatte sagen wollen.
      Eine schlanke blonde Frau in Jeans und gelbem T-Shirt stand vor dem Eingang des Speichers, einen Schlüsselbund in der Hand.
      Kincaid rief ihr etwas zu, und sie wirbelte überrascht herum.
      »Entschuldigung«, sagte Kincaid, als sie sie erreichten. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Wir sind von Scotland

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