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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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nie wieder ... das nächste Mal hast du vielleicht weniger Glück. Ganz zu schweigen davon, daß du gegen die Regeln verstoßen hast.«
      »Als ob du das nie tun würdest«, murmelte sie.
      »Verdammt, Gemma! Ich bin ...« Er hielt inne. Jedes weitere Wort würde sie nur noch bockiger machen, so gut kannte er sie inzwischen. Und es gab keinen Grund, deshalb einen Streit vom Zaun zu brechen. Er hatte in den vergangenen zwei Tagen mit seiner Unbeherrschtheit genug Schaden angerichtet.
      Die Lifttür ging auf, und während sie warteten, daß die Passagiere ausstiegen, sah Kincaid, daß der Aufzug ungewöhnlich groß war und von einem Mann in Uniform bedient wurde. Sobald sie im Lift standen, entdeckte er das moderne elektronische Gegenstück dieser altmodischen Höflichkeitsgeste: eine Überwachungskamera mit Monitor, die auf Deckenhöhe angebracht war.
      Sie lehnten sich gegen die Bank im rückwärtigen Teil, als die anderen Passagiere hereinströmten. »Wenn er eine Beziehung zu ihr zugegeben hat, dann hat deine Taktik allerdings Erfolg gehabt«, lenkte er ein.
      Gemma warf ihm einen prüfenden Blick zu, während der Lift langsam in die Tiefe glitt. Sie wußte offenbar nicht recht, was sie von seinem Entgegenkommen halten sollte. Das Objektiv der Überwachungskamera schwenkte vom Tunnel auf die Aufzugkabine, und einen Moment lang sah er sich selbst mit Gemma im Monitor. Dann kam der Lift mit leisem Ächzen zum Stehen. Die Türen glitten auf und entließen sie in die weiß gekachelte, klamme und beklemmende Atmosphäre des Tunnels.
      Als sie den leicht abwärtsgeneigten Gewölbegang entlangliefen, bemerkte er, daß sich kondensierte Luft an der gewölbten Decke gesammelt hatte, herabtropfte und in Rinnsalen über den abschüssigen Betonboden floß. Stimmen und Schritte hallten unheimlich von den Wänden wider. Von irgendwoher hörte er Musik. »Was genau war auf dem Video zu sehen?« fragte er. »Ist Finch mit ihr weggegangen?«
      »Reg Mortimer scheint die Wahrheit gesagt zu haben, zumindest was Annabelles Verhalten im Tunnel betrifft.« Gemma drängte sich dichter an Kincaid, um einem Fahrradfahrer Platz zu machen. Schilder mit der Aufschrift Fahrradfahren streng verboten waren deutlich sichtbar am Tunneleingang angebracht gewesen. »Annabelle ist stehengeblieben, hat mit Gordon Finch gesprochen, und Mortimer war nirgends zu sehen. Sie schien auf Finch einzureden, aber der hat nicht reagiert. Dann ist sie weitergegangen. Wenige Minuten später hat er seine Sachen zusammengepackt und ist ebenfalls verschwunden.«
      »Haben sie sich später noch mal getroffen?«
      »Er sagt, daß er geradewegs nach Hause gegangen sei. Ich habe Janice gebeten, jemanden zu seiner Vermieterin zu schicken, um das nachzuprüfen.«
      Kincaid warf einen Blick auf Gemma. Sie erschien ihm unnatürlich blaß, aber er wußte nicht recht, ob daran das kalte, von den Kacheln reflektierte Licht oder der beklemmende Gedanke schuld war, da sie sich tief unter der Themse befanden.
      Sie gingen schweigend auf den ebenerdig verlaufenden Mittelteil des Tunnels zu. Die Musik, die sie schon von weitem gehört hatten, entpuppte sich als dilettantische Version von Bad Moon Rising, die der Sänger mehr schlecht als recht mit der Gitarre begleitete. »Man sollte denken, die Leute bezahlen den Kerl nur, damit er endlich aufhört. Wenn Gordon Finch auch nur annähernd so untalentiert ist, wollte Annabelle ihn vielleicht überreden, seine Klarinette einzupacken.«
      »Er ist ...« Gemma hielt inne und warf ihm einen unergründlichen Blick zu. Sie senkte den Kopf, kramte in ihrer Handtasche und warf im Vorübergehen eine Münze in den Gitarrenkasten des Musikers. »Das hat sie nicht getan. Da bin ich sicher.«
      »Hat Finch zugegeben, von Annabelle und seinem Vater gewußt zu haben?«
      »Im Gegenteil. Er behauptet, keine Ahnung gehabt zu haben. Außerdem wissen wir nicht, ob sie eine Affäre mit Lewis Finch hatte. Sie wurde lediglich mit ihm zusammen gesehen.«
      »Wie recht du hast«, bemerkte Kincaid sarkastisch. Gemmas Bemühen, nur das Beste von Annabelle Hammond zu denken, amüsierte ihn.
      Sie gingen jetzt leicht bergauf zum Ausgang des Tunnels auf der Seite von Greenwich. Gemma lief so schnell, daß Kincaid sich anstrengen mußte, Schritt zu halten. Die Musik drang nur noch in kurzen, verzerrten Wellen zu ihnen herauf.
      Das Ende des Tunnels kam in Sicht, und Tageslicht fiel durch den Treppenschacht neben

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