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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Mal im vergangenen Herbst. Außerdem hat Ihr Vater eine Nachricht auf Annabelle Hammonds Anrufbeantworter hinterlassen ... am Abend ihres Todes.«
      »Und?« konterte Gordon herausfordernd, doch er war blaß geworden.
      »Wann haben Sie Annabelle zum ersten Mal gesehen?«
      Er zündete die nächste Zigarette an. »Weiß ich nicht mehr.«
      »Sie haben gesagt, sie habe Ihnen zugehört ... als Sie irgendwo gespielt haben. Sie müssen sich doch wenigstens erinnern, in welcher Jahreszeit das gewesen ist«, beharrte Gemma.
      »Im Sommer, vermutlich, jedenfalls war’s heiß.«
      »Und wann haben Sie mit ihr Schluß gemacht?«
      »Vor ein paar Monaten. Schätze, es war Anfang des Frühjahrs.«
      Ist es damals gewesen, als er bei ihrer Begegnung in Islington so schroff und abweisend gewesen war, fragte sich Gemma. Der Zeitpunkt stimmte. »Und Sie hatten sie bis Freitag abend nicht wiedergesehen?«
      »Sehen und reden sind zwei Paar Stiefel. Ich habe sie gesehen - die Isle of Dogs ist ein Dorf-, aber ich hatte nicht mehr mit ihr gesprochen.«
      Eine Brise wehte ein Notenblatt vom Notenständer. Es segelte auf Gemma zu. Sie bückte sich, um es aufzufangen, und dabei drehte sie es um. »Es ist also doch Mozart, was Sie gespielt haben. Hab’s mir gleich gedacht.«
      Gordon wirkte überrascht. »Sie haben zugehört?«
      »Blieb mir gar nichts anderes übrig. Und ich habe mich erinnert, daß Sie’s schon mal gespielt haben.«
      »In Islington.« Er blinzelte in die Rauchwolke, die von seiner Zigarette aufstieg, und musterte sie prüfend. »Sie mögen also Musik? Spielen Sie ein Instrument?«
      Aus seiner Stimme klang unerwartet offenes Interesse. Den Spott hatte er abgelegt. »Nein, ich ...« Gemma zögerte, ihr Geheimnis zu verraten. Allerdings bot es ihr die Chance, seine Mauer des Schweigens zu durchbrechen. Sie schüttelte den Kopf, stand auf und schlenderte zum Küchentisch. Dort drehte sie sich wieder zu ihm um, die Handtasche gegen die Taille gepreßt wie ein Kind. Vielleicht hielt er sie für blöd. »Nein, ich spiele nicht. Aber ich ... ich möchte Klavierspielen lernen. Die erste Stunde hatte ich schon.«
      Er drückte seine Zigarette aus und kam zu ihr, zog einen Stuhl vom Küchentisch, drehte ihn um und setzte sich rittlings darauf. »Warum?«
      Gemma lachte. »Sie klingen wie meine Lehrerin. Warum wollen alle nur immer das Warum wissen? Ich bin nicht so blöd, zu glauben, daß aus mir eine große Pianistin werden könnte, falls Sie das denken. Es ist nur, daß Musik mir ein Gefühl gibt...«
      »Weiter.«
      »Ich weiß nicht. Es hat irgendwie mit mir zu tun«, wiegelte sie lächelnd ab, um sich nicht unnötig lächerlich zu machen. Gordon Finch jedoch nickte nur, als wäre das für ihn sehr plausibel. »Wie ist das bei Ihnen?« fragte sie. »Sie sind gut ... soviel kann ich beurteilen. Warum leben Sie so?« Ihre Geste bezog Wohnung, Klarinette und alle sichtbaren Zeichen seiner bescheidenen Existenz mit ein.
      »Ich liebe mein Leben.«
      »Aber Sie könnten in einem Orchester spielen, in einer Band ...«
      »Oh, ja natürlich. Wie ein Lackaffe im Frack in einem Konzertsaal sitzen oder in einem piekfeinen Restaurant spielen, wo dir sowieso niemand zuhört.«
      »Aber das Geld wäre doch sicher ...«
      »Ich verdiene genug. Und niemand sagt mir, wann ich zur Arbeit oder wann ich nach Hause gehen soll. Niemand kann über mich bestimmen. Ich könnte morgen alles zusammenpacken und irgendwo anders hingehen. Bin frei wie ein Vogel!«
      Gemma sah ihn an. Sie war ihm so nahe, daß sie erkannte, wie klar und rein das Grau seiner Augen war. »Und warum tun Sie’s dann nicht?«
      Die Frage wog schwer in der absoluten Stille, die plötzlich herrschte. Nach einem Moment gab sie ihr Schweigen auf. »Diese Freiheit ist doch eine Illusion, oder?« fuhr sie fort. »Wir haben alle unsere Bedingungen, Verpflichtungen. Auch Sie, so heftig Sie das auch leugnen mögen. Haben Sie deshalb mit Annabelle Schluß gemacht? Hatten Sie Angst, daß sie Ihnen zu nahe kommt?«
      »Nein, ich ...«
      »Im Tunnel wollte sie etwas von Ihnen. Was war es?«
      Er lachte humorlos. »Gute Frage, habe sie Annabelle oft genug gestellt.«
      Sam hob den Kopf und jaulte leise auf, als beunruhige ihn die unterschwellige Spannung in ihren Stimmen. Gordon kniete neben ihm nieder und legte beruhigend die Hand auf den Kopf des Hundes.
      Gemma trat einen Schritt näher. »Was

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