Debütantinnen - Roman
Meeresbrise wehte ihre dunklen Locken um ihr hübsches Gesicht. »Gehört das wirklich uns?«
»Ja.« Er nickte lächelnd. »Es gehört wirklich uns.«
Er nahm einen Schlüsselbund aus seiner Manteltasche. Und dann legte er Irene einen Arm um die Schultern und führte sie zur Haustür. »Wir werden hier glücklich sein«, versprach er und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
»Ja. Ich weiß«, pflichtete sie ihm mit leuchtenden Augen bei.
Ihr Gatte drehte den Schlüssel im Schloss. »Willkommen in Endsleigh.«
ZWEITER TEIL
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5 St. James’s Square
London
13. Juli 1932
Meine liebste Wren,
oh, ich vermisse Dich schrecklich! Obwohl ich sagen muss, dass das letzte Wochenende in Endsleigh geradezu göttlich war. Du bist die perfekte Gastgeberin − ich weiß nicht, wie Du Lord Rothermere dazu gebracht hast, ohne Zahn prothese »Mademoiselle from Armentières« zu singen, aber es war urkomisch! Wenn man einmal seinen Gaumen gesehen hat, kann man sich unmöglich vorstellen, dass er den Premierminister berät. Und Jock Witney − fortan nur noch als der Fummler bekannt − hat beim mitternächtlichen Eierlaufen ganz jämmerlich geschwindelt. Er hat mich gnadenlos zum Stolpern gebracht und hatte die Hände überall gleichzeitig, was äußerst lästig war. Ich wette, er ist im Geschäftsleben genauso abscheulich wie auf dem Spielfeld. Deine Köchin ist einfach exzellent, und das macht sehr viel aus. Solche Mengen frischer Austern − die reine Extravaganz! Aber ich muss mich doch über Deine Zofe wundern. Ich weiß, dass sie aus der Gegend und noch sehr jung ist, doch irgendetwas an ihr ist seltsam; als würde sie einen die ganze Zeit beobachten. Pass bloß gut auf Deinen Schmuck auf.
Und das Schönste überhaupt ist, dass Du so gut aussiehst, Liebes. Gesund und entspannt und − darf ich es sagen? − kugelrund! Es heißt ja, aller guten Dinge sind drei, und ich bin mir ganz sicher, das wird bei Dir auch so sein. Ich weiß, die ganze Sache war eine Qual, und Du bist unendlich tapfer mit Deinen Enttäuschungen umgegangen. Nicht zuletzt, weil Muv sich endlos darüber auslassen wird, wie wichtig es ist, die Linie zu erhalten. Sie schwadroniert unablässig über die Linie. Ich kann es kaum abwarten, richtig einkaufen zu gehen und Möbel und neue Vorhänge zu kaufen − ich werde das Kind verwöhnen wie keine zweite Tante im Land!
Und was gibt es Neues aus London? Also, Pinky geht jetzt oft mit Gloria Manning aus, die ihre Haare wie ein Pudel frisiert und Augen hat wie ein Frosch. Ich habe ihn in Grosvenor House am Samstag geschnitten, aber ehrlich, einem Mann sollte nur eine bestimmte Anzahl an Heiratsanträgen erlaubt sein − jedes Mal, wenn Pinky ein Glas Champagner in der Hand hält, sinkt er auf ein Knie. Schrecklich ermüdend.
Harpers Bazaar hat Fotos von mir beim Tanzen auf einem High-Society-Ball veröffentlicht, und darauf sehe ich fast ein bisschen überspannt aus, und ich kann mich nicht entscheiden, ob das gut oder schlecht ist. Und Cecil Beaton will, dass ich mich noch einmal von ihm fotografieren lasse − als Venus. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich jetzt schon langweile. Aber er ist ewig hinter mir her und sagt, es würde ungewöhnlich werden und gewagt. Ich bin Menschen leid, die Fotos von mir machen. Ich komme mir schon vor wie ein Nationaldenkmal. Eine »Schönheit« zu sein wird unglaublich überschätzt. Besonders, da die Menschen das Gefühl haben, sie hätten das Recht, einen anzustarren und einem alles ins Gesicht zu sagen, wonach ihnen der Sinn steht. Neulich erst vor der Wilton’s Music Hall, da marschieren doch zwei fette Amerikanerinnen auf mich zu, mustern mich von oben bis unten und erklären dann laut und deutlich: »Na, mir will nicht einleuchten, was das ganze Theater soll!« Ich hatte das Gefühl, ich müsste vor Demütigung und Zorn tot umfallen. Wenn Anne nicht dabei gewesen wäre, wäre ich ihnen bestimmt hinterhergelaufen.
Anne ist einfach reizend. Und ich bewundere sie, dass sie sich eine eigene Wohnung genommen hat. Sie arbeitet in einer Buchhandlung in der Nähe von Piccadilly, wo sie die Buchführung macht und Bestellungen verschickt, was sich ziemlich langweilig anhört, nach ihren Worten aber himmlisch ist. Ich fürchte, sie wird noch zur Kommunistin − sie ist in heller Aufregung über Spanien und seine neue Republik. Spricht dauernd von der Morgendämmerung eines neuen Zeitalters, obwohl es sich für mich, wenn ich ehrlich bin, genauso
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