Debütantinnen - Roman
sonst Kontakt mit ihr aufnehmen? Ihr Ego blähte sich auf, füllte sich mit Luft wie ein leerer Ballon. Sie war begehrenswert, verführerisch, und solange der Umschlag ungeöffnet blieb, hatte sie alles vollkommen unter Kontrolle.
*
Der Feuermelder ging los, und Rachel rannte ins Esszimmer. »Was ist los?«
»Tut mir leid!« Cate wedelte mit den Händen wild über einem alten Marmoraschenbecher herum, in dem der Briefumschlag sich aufrollte und zerfiel, während er von Flammen verzehrt wurde. »Tut mir leid! Tut mir leid! Ich wollte das hier bloß … also … loswerden.«
Rachel riss die Fenster auf und wedelte mit ihrer Schürze. »Du hättest ihn auch einfach wegwerfen können.«
»Ja, aber … aber ich traue mir nicht!«
Rachel schnappte sich vom Kaminsims einen Pflanzensprüher und sprühte, bis die Flammen erloschen. »Also«, sie beäugte die Reste, »lesen kannst du das jetzt nicht mehr.«
Sie starrten beide auf das durchweichte, verkohlte Papier.
»Nein.« Und zum ersten Mal an diesem Tag musste Cate lachen. »Es tut mir leid, Rachel. Ich bin übernervös. Aber du musst dir keine Sorgen machen. Es gibt nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest. Ehrenwort.«
Rachel legte Cate den Arm um die Schultern und drückte sie. »Außer vielleicht, dass du mir das Haus abfackelst!«
»Ah! Ja. Da war doch was.«
Rachel nahm den Aschenbecher mit in die Küche, leerte ihn in den Abfalleimer und wischte ihn sauber.
Cate folgte ihr. »Sag mal, wenn du einige alte Kleidungsstücke hättest und wolltest mehr darüber herausfinden, zum Beispiel eine Handtasche oder ein Paar Schuhe oder so, wo könntest du mehr darüber erfahren?«
»Kleidung?« Rachel rührte die Suppe um. »Was für Kleidung?«
»Nur etwas, worauf ich in einem Antiquitätenladen in Devon gestoßen bin.«
»Na ja, vermutlich könntest du damit rüber zu Alfies Antiques Market gehen. Oder in die Bibliothek im Victora and Albert Museum. Die haben da eine sehr umfangreiche Quellensammlung zu der Geschichte der Mode.«
Cate lehnte sich an die Arbeitsplatte. »Eine gute Idee.«
»In der Modeabteilung dort habe ich sogar einen Kontakt. Sie bieten gelegentlich auf ein Stück, das zur Auktion kommt. Es ist schon ein Weilchen her, aber ich könnte dich mit ihm bekannt machen.« Sie zog konzentrierte die Augenbrauen zusammen. »Theodore. Ja, so heißt er. Er kann dir vielleicht helfen. Willst du eine Sammlung anfangen?«
Cate zuckte die Achseln. »Ich bin nur neugierig. Mehr nicht.«
»Es überrascht mich, dass du in Endsleigh nichts gefunden hast. Du weißt, dass es im Besitz einer der Blythe-Schwestern war?«
»Ja, ich glaube, Jack hat es erwähnt«, meinte sie leichthin.
»Also, das waren vielleicht grundverschiedene Schwestern!«
»Ehrlich?« Sie nahm sich einen Streifen rohe Möhre, der auf dem Schneidebrett liegen geblieben war, süß und knackig.
»Die Ältere, Irene, hat sich ganz der Wohltätigkeitsarbeit gewidmet, besonders für Flüchtlingskinder während des Krieges. Und Diana war das genaue Gegenteil − wild, promiskuitiv, nichts als Scherereien.«
»Was glaubst du, was ihr zugestoßen ist?«
»Ich persönlich glaube, sie ist durchgebrannt.«
»Warum?«
Rachel verdrehte die Augen. »Warum läuft jemand weg? Ich stelle sie mir gern als runzlige alte Frau vor, die in einem Wohnwagenpark irgendwo in Arizona ein ruhiges Leben lebt.«
»Ziemlich an den Haaren herbeigezogen.«
»An den Haaren herbeigezogen ist normalerweise das, was das Leben uns serviert, meine Liebe.«
Cate lächelte. Doch sie wusste genau, warum Menschen wegliefen. Es war schwierig, ja, schier unmöglich, sich zu ändern. Konnte man jemandem wirklich einen Vorwurf daraus machen, wenn er sich stattdessen für Luftveränderung entschied?
Vielleicht hatte Rachel recht. Vielleicht war Diana Blythe irgendwo da draußen, in irgendeinem bescheidenen Winkel der Welt, das Unmögliche gelungen − sich der Welt ein für alle Mal zu entziehen.
»Soll ich Theodore morgen früh anrufen?«
»Klar, das wäre toll.«
»Was ist es überhaupt?«
»Nicht viel. Nur ein bisschen Krimskrams. Also, das mit dem Feuermelder tut mir wirklich leid.« Sie drückte Rachel einen Kuss auf die Wange. »Ich gehe mal besser auspacken.«
Als sie mit ihrer Tasche die Treppe hinaufeilte, überkam sie spürbare Erleichterung. Der Brief war zerstört. Aber warum schickte er einen Boten bis nach London, um ihn abzuliefern? Warum hatte er ihn nicht einfach in die Post gegeben?
Sie blieb
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