Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
sie sind absolut perfekt mit ihren phantastisch kryptischen Wahlsprüchen! Anne und Nick und ich tragen sie überall, und jetzt haben wir sogar James in den Spaß eingeweiht … Es ist die beste Fopperei aller Zeiten, und alle glauben, wir wären plötzlich schrecklich ernst und politisch gesinnt, und brennen darauf zu erfahren, was das alles zu bedeuten hat! Wir haben sogar eine Art »Geheimgruß« erfunden, der die Presse verrückt macht vor Neugier. Geschieht ihr recht − besonders dieser widerlichen kleinen Zeitung The Week . Natürlich ist Paul gekränkt, weil Anne überall mit James Dunning gesehen wird, dem sehr lustigen, sehr reichen Mitglied des Unterhauses, der sie mit Diamanten bewirft, die sie wiederum begierig mit beiden Händen auffängt. Sie sagt, diesmal werde sie des Geldes wegen heiraten, denn aus Liebe zu heiraten habe keinerlei irdischen Nutzen. Ich glaube, Pauls Vater hat ihn gezwungen, sich eine Stelle im Bankwesen zu suchen, um die Alimente zahlen zu können. Vorbei sind also die Tage des kleinen roten Halstuchs und des braunen Filzhuts. So so.
    Lang lebe die dekadente Bourgeoisie!
    BB

A uch als er bereits auf dem Bahnsteig stand, wusste Jack nicht, ob er tatsächlich fahren würde. Für den Fall, dass er es sich anders überlegte und stattdessen ins Büro ginge, hatte er seine Aktentasche dabei. Doch als der Zug einfuhr, stieg er ein − fuhr in die entgegengesetzte Richtung wie die Menschen, die der Innenstadt zustrebten.
    Er wusste, dass er es bereuen würde, wenn er es nicht tat. Und doch hatte er mit dem Gedanken gerungen, mit dem komplizierten Wirrwar von Gefühlen. Hauptsächlich Zorn. Sein Zorn war so gewaltig wie die Steine, die ihn jetzt umgaben: schwerer, dunkler Marmor in der grünen, belaubten Ruhe des Fortune Green Cemetery.
    Hier war ein Stein, der aussah wie ein Engel, die Arme über der Brust verschränkt, eine einzelne Lilie in der Hand, den Kopf gebeugt, einen hauchdünnen Schleier vor dem Gesicht. War das Trauer? Wie ein Filter, durch den man die Schönheit und die Hoffnung dieser Welt nicht mehr wahrnehmen konnte? Er kam an einer beeindruckenden Familiengruft vorbei, die versperrt war mit einem schwarzen schmiedeeisernen Tor. Oben drauf war eine gigantische, mit steinernen Stoffbahnen drapierte Steinurne. Dies war das allgemeine Thema; im Tod wurden die Lebenden von ihren Liebsten durch Türen getrennt, die auf immer verschlossen waren, und eine gewaltige Verzweiflung legte sich über sie wie schwere Falten aus Stoff, die sie niederdrückten.
    Er ging den breiten zentralen Weg hinunter, und unter den Sohlen seiner Sommerschuhe knirschte der Kies. Die Luft war frisch. Einige Leute führten ihre Hunde spazieren; zwei weiße Labradore tollten hechelnd herum, spielten Fangen zwischen den Grabsteinen, und ihre Ausgelassenheit und ihre Lebendigkeit stand seltsamerweise nicht im Widerspruch zu der düsteren Ernsthaftigkeit des Ortes.
    Er hatte vergessen, wie schön es hier war. Und wie ruhig.
    Am Haupteingang der Kapelle war ein Blumenstand. Er blieb stehen. Er hatte keine Blumen mitgebracht. Der Tag sollte etwas Besonderes sein, aber nicht auf traditionelle Weise. Er hatte das Gefühl, wenn er endlich einsah, dass es vorbei war, dass sie fort war, wäre er erlöst. Und er wollte frei sein. Er musste unbedingt darüber hinwegkommen.
    Das Wort »Vergebung« ging ihm durch den Kopf, doch er sträubte sich innerlich dagegen. Sein Zorn hatte ihn beschützt, hatte ihn durch die ersten vernichtenden Jahre getragen und war die einzige Energiequelle gewesen, die er hatte, um weiterzumachen. Er hatte Angst, ihn loszulassen, denn er fürchtete sich vor dem, was dahinterlag. Doch jetzt kam sein Zorn ihm vor wie die wuchernden Tentakel eines starken Efeus, die sich um die Äste eines schlanken Baumes schlangen und ihn erdrückten, bis das, woran sie sich klammerten, ganz unter ihnen verschwunden war.
    Er ging weiter.
    Auf dem abschüssigen Nebenweg, der zum hinteren Ende des Friedhofs führte, schlug sein Herz einen Trommelwirbel, und er wurde von einem mulmigen Gefühl ergriffen, halb Aufregung, halb Angst, wie Eiswasser. Konnte er es sehen? Würde er den Grabstein erkennen? Er hatte ihn zusammen mit ihrem Vater ausgesucht. Eine unangenehme, quälende Aufgabe. Sie hatten einander nicht in die Augen sehen können. Doch niemals würde Jack das Gesicht ihres Vaters vergessen, erstarrt in einer grimmigen Maske unerträglicher Entschlossenheit, das zu tun, wovor ihn am meisten graute, um seiner

Weitere Kostenlose Bücher