Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
war?
Geduld, Geduld.
Decker erinnerte sich plötzlich an ein zehn Jahre zurückliegendes Polizeiseminar. Der Vortrag ging über einen Psychologen, der ein herausragender Hypnotiseur war. Statt die Ausführung in Frage zu stellen, arbeitete der leitende Arzt den Widerstand des Patienten teilweise in die Ausführung mit ein.
»In Ordnung«, sagte Decker. »Sie waren nicht da, okay?«
Cruces kniff die Augen zusammen und starrte ihn an. »Das stimmt.«
»Sie waren nicht da. Rondo Martin hat sich geirrt, Joe Pine hat sich geirrt, die Fingerabdrücke sind falsch, Sie waren nicht da.«
»Das stimmt.«
»In Ordnung«, wiederholte Decker, »ich glaube Ihnen.«
Die folgende Pause war lang, bis Cruces sagte: »Gut.«
»Wissen Sie, warum ich Ihnen glaube?«, fragte Decker.
»Warum?«
»Weil wir Sie jetzt so lange verhört haben und Sie immer wieder denselben Satz sagen: Sie waren nicht da. Da muss ich mich einfach fragen: Warum sagt jemand immer und immer wieder diesen einen Satz, obwohl die Beweise gegen ihn so erdrückend sind? Und das Einzige, was mir dazu einfällt, ist … es muss die Wahrheit sein.«
»Das stimmt.« Cruces drückte seinen Rücken durch. »Es ist die Wahrheit.«
»Okay, Sie waren nicht da«, wiederholte Decker noch einmal, »aber Sie kennen ein paar der Leute, die da waren.«
»Ich weiß nicht, wer da war, weil ich nicht da war.«
»Ich sage ja nur, dass Sie Joe Pine kennen, oder?«
»Klar, sicher.«
»Und Sie kennen Esteban Cruz und Gordo Cruces. Das sind Cousins von Ihnen, oder?«
»Klar, das sind meine Cousins.«
»Und Sie kennen Julio Davis. Er ist der Typ, der Ihnen Ihr Alibi gegeben hat.«
»Klar, Julio kenne ich. Er war auch nicht da. Ich hab’s Ihnen doch gesagt, wir haben uns zusammen in der Bar betrunken. Ungefähr eine Million Leute haben uns gesehen.«
»Und Sie kennen Miguel Mendoza.«
»Bin ihm ein paarmal begegnet.«
»Das ist alles, was ich sage. Dass Sie die Jungs kennen, von denen Joe Pine behauptet, sie waren an den Morden beteiligt.«
»Joe besteht nur aus Scheiße.«
»Wahrscheinlich. Aber zurück zu Ihnen. Wenn ich Ihnen glaube und bereit bin, Ihnen zu helfen, dann müssen Sie mir auch helfen.«
»Kommt drauf an.«
»Darf ich offen zu Ihnen sein?« Als Cruces nicht widersprach, sagte Decker: »Wir stecken da in einer Zwickmühle. Wir wissen, dass die Leute, die die Kaffeys erschossen haben, von jemandem dafür hoch bezahlt wurden. Weil Joe Pine sagt, er hat zehn Riesen kassiert.«
»Joe redet nur Scheiße.«
Decker beugte sich vor. »Und wir wissen, dass die Kaffey-Morde ein Insiderjob waren, Martin. Wir wissen, dass keinesfalls ein Haufen Bodega-12th-Street-Kumpels und ein paar Wachmänner das organisieren konnten. Wir wissen, dass jemand mit sehr viel Geld das Ganze ins Rollen gebracht hat, kapiert?«
Cruces sagte nichts, rang sich aber ein schwaches Kopfnicken ab.
»Und wer immer das eingefädelt hat … der ist ein richtig übler Typ. Warum sollten Ihre Cousins die Schuld für irgend so einen Geldsack auf sich nehmen?«
Cruces antwortete nicht.
»Nun, Sie haben nichts damit zu tun«, sagte Decker, »also sind Sie doch fein raus. Warum machen Sie sich nicht gerade und helfen Ihren Cousins? Erzählen mir, wer Ihre Cousins für die Morde an den Kaffeys bezahlt hat?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Cruces, »ich war nicht da.«
»Aber wenn Sie raten müssten«, sagte Decker, »wer El Patrón ist, auf wen würden Sie tippen? Sie kennen El Patrón, oder?«
»Warum sollte ich den kennen?«
»Weil Sie wichtig sind, Martin. Sie wissen über diese Leute Bescheid.«
Cruces schwieg.
»Wer ist El Patrón?«
»Warum sollte ich über ihn Bescheid wissen?«
»Ich frage Sie nur nach Ihrer Meinung.«
»Na ja …« Cruces lehnte sich zurück. »Wenn ich Ihnen meine Meinung dazu verrate, lassen Sie mich dann gehen?«
»Das entscheide nicht ich. Aber ich sage jedem, dass ich Ihnen glaube. Und ich sage jedem, dass Sie mir mit Ihrer Meinung weitergeholfen haben.«
»Das heißt, Sie lehnen sich nicht gerade weit aus dem Fenster.«
»Was kostet es Sie schon, mir Ihre Meinung mitzuteilen? Sie geben dadurch gar nichts zu.«
»Das stimmt. Ich sage rein gar nichts.«
Decker seufzte übertrieben laut. »Ich weiß, dass Sie mir weiterhelfen können. Sie sind ziemlich schlau.«
»Warum sollte ich Ihnen helfen?«
»Weil ich der Einzige bin, der Ihnen glaubt.«
»Sind Sie wirklich ein Lieutenant?«
»Ja, Sir, das bin ich. Ich will nur Ihre Meinung, Mr. Superhirn.
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