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Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Titel: Deer Lake 01 - Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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auf diesem Gehsteig festgehalten? Hatte er an dem Tag im Krankenhaus mit dieser Idee gespielt? Versucht, Indizien in ihren Kopf zu pflanzen, ohne daß sie etwas ahnte? Oder haschte sie nur nach Strohhalmen, weil sie so versessen darauf war, einen Fall zu beenden, bei dem sie inzwischen an jeder Ecke Verdächtige vermutete? Megans Bauch verneinte das, und ihr Bauch irrte sich selten. Im Gegensatz zu ihrem Mund, der regelmäßig im falschen Moment mit dem Falschen herausplatzte. Oder ihr Herz …
    Der dritte Stock der Cray Hall war ein Irrgarten von Büros und schmalen Gängen, alles senffarben gestrichen. Das Gebäude gehörte
zu den alten Häusern, die das ganze Jahr über modrig und schäbig wirken. Das scharfe Klacken ihrer Stiefelabsätze auf dem abgenutzten Bodenbelag hallte durch den Gang wie Schüsse.
    Die Tür zu Priests Büro stand offen, aber es war nicht Priest, dessen Augen sie über einen Berg von Büchern und Papieren auf dem Schreibtisch ansahen. Todd Childs, der Verkäufer aus der ›Leseratte‹, glotzte überrascht aus schläfrigen, von Drogen geweiteten Pupillen herüber.
    »He, Dirty Harriett!« er grinste. Eine rostrote Strähne fiel ihm übers Gesicht, und er strich sie nach hinten. Hinter ihm hob Garrett Wright den Kopf aus einem Aktenschrank.
    »Anscheinend sollen unsere Pfade sich immer wieder kreuzen, Agent O’Malley«, sagte Wright und strich sich über seine schicke Seidenkrawatte, als er hinter dem Schreibtisch hervorkam. »Was führt Sie denn in die heiligen Hallen von Harris?«
    »Ich bin auf der Suche nach Professor Priest«, Megan sah sich kurz im Büro um. »Das ist doch sein Büro, nicht wahr?«
    »Ja, ich glaube, ich hab’s Ihnen erzählt – Chris und ich arbeiten an einem gemeinsamen Projekt über Lernen und Auffassungsgabe. Dazu gehört ein Computerprogramm, das von seinen Studenten entworfen wurde«, erklärte er. Er steckte seine Hände in die Taschen seiner dunklen Bundfaltenhose und wippte auf seinen Fußsohlen hin und her. »Wirklich faszinierend, das Zeug! Wir bereiten gerade die nächste Testphase vor. Todd und ich gehen die Daten durch, die wir im letzten Semester zusammengetragen haben.«
    »Total coole Geschichte«, ergänzte Todd, »wie Individuen die Welt um sich herum wahrnehmen, wie verschiedene Persönlichkeitstypen auffassen und lernen. Die menschliche Psyche ist ein unerschöpfliches Thema.«
    »Könnte Priest irgendwo in der Nähe sein?« fragte Megan, deren Interesse an Lernen und Wahrnehmen sich ausschließlich auf den Fall beschränkte.
    »Tut mir leid«, verneinte Wright. »Er hat gesagt, er müßte nach St. Peter. Geht es um den Fall?«
    »Ich wollte ihm nur ein paar Fragen stellen«, Megan zuckte nicht mit der Wimper. St. Peter. Der Anruf von Josh war aus St. Peter gekommen. »Mir sind ein paar Dinge nicht ganz klar, die er mir verdolmetschen könnte.«
    »Ah … entschuldigen sie.« Wright zögerte, etwas betreten, »aber
habe ich da nicht etwas in der Star Tribune gelesen, daß Sie von dem Fall abgezogen sind?«
    Megan setzte ein falsches Lächeln auf: »Sie sollten nicht alles glauben, was Sie lesen, Dr. Wright!«
    Ganz überzeugend klang das nicht, er tat es aber mit einem Schulterzucken ab, als wäre es ihm egal. »Ja, also … Aller Voraussicht nach ist er gegen halb drei zu Hause und steht Ihnen sicher gerne zur Verfügung. Er ist so mit dem Fall beschäftigt, daß er kaum noch von etwas anderem spricht.«
    Wie beschäftigt hätte Megan gerne gefragt, aber falls Priest tatsächlich der geheimnisvolle Täter war, dann hatte er das wohl kaum seinen Kollegen vom College mitgeteilt. Was hast du denn in den Winterferien gemacht, Chris? Oh, ich hab einen kleinen Jungen entführt und eine ganze Gemeinde als Geiseln für meine Raffinesse kassiert. Und wo hast du dich rumgetrieben?
    »Ich wollte mich eigentlich auch aktiver beteiligen«, fuhr Wright fort und wippte wieder hin und der. »Hannah und Paul tun mir furchtbar leid. So eine Familie«, sagte er mit einem verkniffenen Lächeln. »Leider habe ich nicht viel zu den Bemühungen beitragen können. Die Medien haben sich auf mich gestürzt, weil ich Psychologie lehre. Ich habe ihnen deutlich zu verstehen gegeben, daß ich kein Fachmann für kriminelles Verhalten bin. Sie kapieren es scheinbar nicht.«
    »Ja, nun, so sind sie eben«, Megan ging langsam zur Tür.
    »Sie sehen das Gesamtbild nicht«, steuerte Todd bei und schüttelte traurig seinen zotteligen Kopf.
    Megan produzierte für Wright ein

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