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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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entbehrlich war – bedeutungslose Rituale, die wichtig genommen wurden, weil sie der Menschheit das Gefühl gaben, besser zu sein als alle anderen Kreaturen auf dem Planeten. In einem anderen Teil des Hauses klingelte ein Telefon. Sie entschuldigte sich.
    »Der Treuhandfonds wird eingerichtet«, sagte er zu Pater Tom. »Sie können mit dem Geld machen, was sie wollen. Von mir aus können sie es verschenken.«
    Der Priester hob gelangweilt die Schultern. »Es kann Ihnen dann ja auch egal sein. Sie haben sich Absolution verschafft, Ihren Teil getan, Ihre Gebühr bezahlt.«
    »Ich kann tun, was ich will, es ist immer das Falsche«, schimpfte Jay. »Wenn ich jeden Cent für mich behalte, bin ich ein gefräßiger Bastard. Wenn ich das Geld verschenke, will ich mich vom schlechten Gewissen freikaufen.«
    »Und, tun Sie das nicht?«
    Er lachte und wandte sich ab. Was zum Teufel sollte ihm sein Gewissen? Es war nur unnötiger Ballast, ein zusätzlicher Stein um seinen Hals. Wenn er ein Gewissen hätte, müßte er glauben, daß es allein seine eigene Schuld war, wenn Christine ihm all die Jahre seinen Sohn vorenthalten hatte, und nicht gehässige Bosheit ihrerseits. Der Gedanke, er selbst könne schuld daran sein, daß man ihm acht Jahre des Lebens seines Sohnes genommen, ihm nicht einmal etwas von dessen Existenz gesagt hatte, war unerträglich.
    Ein Mop brauner Haare und ein paar blaue Augen tauchten plötzlich in der Tür zum Wohnzimmer auf. Die Augen waren ernst, starrten ihn unverwandt an.
    »Tag, Josh«, sagte Pater Tom ganz beiläufig. »Magst du dich zu uns setzen?«
    Der Junge schob den Rest seines Körpers ins Blickfeld, behielt aber eine Hand am Türstock. Mit der anderen umklammerte er den Griff eines vollgestopften Nylonrucksacks. Er trug weite Bluejeans und ein Blackhawks-Hockeyhemd, das ihm mehrere Nummern zu groß war. Er machte keinerlei Anstalten, das Zimmer zu betreten.
    Jay drehte sich im Stuhl zur Seite und legte seine Unterarme auf die Schenkel. »Hallo, Josh«, sagte er leise. »Mein Name ist Jay. Dein Vater hat mir erzählt, du wärst ein toller Baseballspieler.«
    Josh verzog keine Miene. Er entspannte sich kein bißchen, als der Name seines Vaters fiel, zeigte überhaupt keine Reaktion. Jay erinnerte sich an das Lächeln auf dem Foto in Pauls Büro – glänzende Augen und Stolz – und an das Foto auf den Fahndungspostern – Zahnlücken, das Grinsen eines Schlingels und eine Pfadfinderuniform.
    Josh überquerte langsam den Gang, kam ins Eßzimmer und umrundete den ganzen Raum, den Blick immer auf Jay gerichtet. Als er bei Pater Tom angelangt war, blieb er stehen, kramte ein Ringbuch aus dem Rucksack, schlug es auf und riß eine Seite heraus.
    »Ich denke, jetzt ist wohl eher Eishockey angesagt«, fuhr Jay fort, er machte Konversation, um die Spannung zu mildern, die den Raum erfüllte. Er wollte den Jungen aus der Reserve locken.
    »Da, wo ich herkomme, spielen wir nicht viel Eishockey. Wir haben praktisch keinen Winter.«
    Josh ignorierte ihn. Er kniete sich auf den Boden und faltete den Zettel zweimal in der Mitte zusammen. Dann stand er auf, hängte seinen Rucksack über eine Schulter und ging in gerader Linie über den Teppich, wie auf einem Drahtseil. Am Tisch angelangt, reichte er Pater Tom das Papier.
    »Für mich?« fragte er und nahm das Geschenk.
    Josh nickte. »Aber jetzt noch nicht aufmachen.«
    »In Ordnung.« Er steckte den Zettel in eine Innentasche. »Ich heb's mir für später auf.«
    Der Junge nickte wieder, stellte sich einen Augenblick hinter Pater Tom und huschte an den Wänden entlang zur Tür zurück, während er Jay mit großen ernsten Augen beobachtete.
    Hannah kam zurück, blieb kurz stehen und strich ihrem Sohn über den Kopf. Josh duckte sich unter der Liebkosung und verschwand im Wohnzimmer.
    »Tut mir leid, daß wir unterbrochen wurden«, sagte sie. »Haben Sie sich entschieden, was den Kaffee angeht?«
    Jay erhob sich. »Nein, danke, Ma'am. Ich muß los.« Er kramte eine Karte aus den vielen Taschen seines Parkas und reichte sie ihr. »Falls Sie Ihre Meinung ändern.«
    »Das werde ich nicht«, sagte sie überzeugt, aber ihr Blick schien um Verzeihung zu bitten.
    Sie spielte in einer anderen Liga als ihr Mann. Ihre Ehe, nahm er an, war wohl eine Story für sich. Wer von ihnen hatte sich zum Besseren oder zum Schlechteren verändert? Wie lange hätten sie durchgehalten, wenn Joshs Entführung sie nicht so plötzlich auseinandergebracht hätte?
    »Es war mir eine

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