Deer Lake 02 - Engel der Schuld
O'Malley, in Anbetracht des Ausmaßes der Verletzung Ihrer Hand, haben Sie eine realistische Hoffnung, je wieder Ihre Pflichten als Field Agent für das Bureau of Criminal Apprehension wahrzunehmen?«
Die Frage traf Megan wie ein Backstein gegen den Solarplexus. Die Antwort war etwas, dem sie aus dem Weg gegangen war, das sie verdrängt hatte. Es hatte sie nächtelang wach gehalten. Es machte ihr eine Höllenangst. Alles, was sie sich im Leben je gewünscht hatte, war, ein guter Cop zu sein. Und wenn sie kein Cop sein konnte, was war sie dann – wer war sie?
Die Tränen trübten ihr die Sicht, und sie blinzelte heftig, als sie stolz ihr Kinn vorschob. »Es ist ziemlich unwahrscheinlich. Nein.«
Ellen richtete einen giftigen Blick auf Costello. »Ihre Zeugin.«
Er erhob sich mit kühler Miene, die Brauen zusammengezogen, während er einen Zeitungsausschnitt überflog. »Ich muß zugeben, Agent O'Malley, ich bin etwas verwirrt. Sie haben dem Gericht gesagt, Sie hätten am Zweiundzwanzigsten Aspekte der Kirkwood-Entführung untersucht. Ist das korrekt?«
»Ja.«
»Aber laut einem Artikel in der Star Tribune vom zweiundzwanzigsten Januar waren Sie bereits offiziell Ihres Postens enthoben, vom aktiven Dienst suspendiert. Laut Ihrem Vorgesetzten, Bruce de Palma, waren Sie am Tag zuvor im Gebiet Deer Lake durch Agent Martin Wilhelm ersetzt worden aufgrund Ihrer falschen Handhabung der Ermittlungen.«
»Das ist eine Lüge«, sagte Megan scharf.
Costello zog eine Braue hoch. »Sie nennen Ihren vorgesetzten Special Agent einen Lügner?«
»Nein, Mister Costello«, sagte sie schlicht. »Ich nenne Sie einen Lügner.«
Richter Grabko zuckte kurz zusammen, sein Gesicht war wutverzerrt. »Agent O'Malley, ich erwarte einen gewissen Anstand in meinem Gerichtssaal. Besonders von Mitgliedern des Polizeiapparates.«
Megan machte keine Anstalten, sich zu entschuldigen. Wenn der aufgeblasene alte Arsch Zerknirschtheit erwartete, dann würde er, verdammt noch mal, darum bitten müssen.
Costello ließ nicht locker, er wollte sich nicht aus dem Takt bringen lassen. »Sie hatten zehn Tage ohne befriedigende Ergebnisse an dem Fall gearbeitet. Ein Verdächtiger war im Gewahrsam gestorben . . .«
»Einspruch«, rief Ellen und erhob sich erregt. »Dieser Angriff ist unzulässig. Agent O'Malley steht nicht unter Anklage.«
»Euer Ehren, wir sind der Meinung, daß Agent O'Malleys Status beim BCA sowie ihr geistiger Zustand am Zweiundzwanzigsten hier sehr wohl eine Rolle spielen . . .«
»Das ist eine Anhörung, Mister Costello«, sagte Ellen, »kein Prozeß. Sie haben das Recht, eine Zeugin ins Kreuzverhör zu nehmen, aber nicht das Recht, sie in Frage zu stellen.«
Grabko ließ seinen Hammer heruntersausen. »Das ist mein Gerichtssaal, Miss North. Ich werde die Einhaltung der Regeln überwachen.«
»Ja, Euer Ehren«, sagte sie streng. »Bitte tun Sie das.«
»Einspruch abgelehnt. Bitte fahren Sie fort, Mister Costello.«
Costello kam um den Tisch herum und schlenderte in den offenen Bereich vor dem Richterstuhl. »Hatten Sie die Anweisung von Ihrem vorgesetzten Special Agent de Palma, am Samstag, dem 22 . Januar, im BCA-Hauptquartier zu erscheinen?«
»Ja«, gab Megan widerwillig zu.
»Und trotzdem wanderten Sie in Deer Lake umher, untersuchten Schleuderspuren, stellten Fragen, wie Sie selbst zugaben, und führten eine Untersuchung weiter, zu der Sie gar keine Verbindung mehr hatten. Ist das korrekt?«
»Nein. Ich hatte das Gefühl, immer noch eine sehr starke Verbindung zu diesem Fall zu haben. Josh wurde immer noch vermißt. Ich hatte noch Fragen. Ich fühlte mich verpflichtet, Antworten zu finden. Im Hauptquartier zu erscheinen überwog nicht das Bedürfnis, ein Kind zu finden, das in Gefahr war, und den dafür verantwortlichen Kerl zu verhaften.«
»Sie widersetzten sich also einem direkten Befehl Ihres Vorgesetzten?«
»Ich verzögerte.«
»Weil Sie diesen Fall nicht aus den Händen geben wollten?«
»Ich war vielleicht nicht mehr der Agent, der die Ermittlung leitete, aber ich war immer noch Polizistin«, sagte Megan. »Ich fühlte eine moralische Verpflichtung.«
»Ihre Berufung in das Gebiet Deer Lake hat ziemliches Aufsehen erregt, nicht wahr?« fragte Costello, und wechselte geschickt das Thema.
»Mag sein.«
»Sie sind zu bescheiden. Sie waren die erste Frau in der Geschichte des BCA, die einen Außenposten zugeteilt bekam. Ist das richtig?« sagte er mit geheucheltem Erstaunen.
»Ja.«
»Sie standen
Weitere Kostenlose Bücher