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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Gedanke, daß ein weiteres Kind leiden muß, macht mich krank. Ich bin kein Blutsauger, Ellen, und diese Anspielung paßt mir gar nicht.«
    Sie hob ihre Aktentasche auf einen Kirschholztisch mit grazilen Queen-Anne-Beinen und ließ sie mit einem satten Knall umfallen. »Hart. Ich habe Sie nicht gebeten herzukommen. Ich habe Sie nicht in mein Haus gebeten. Und, offen gesagt, ich bin nicht in der Stimmung, die Gastgeberin zu spielen.«
    »Ich bin gekommen, um zu sehen, wie es Ihnen geht«, sagte er. »Sie haben einen ziemlich miesen Tag hinter sich.«
    Ein Blick genügte ihm, um das Eßzimmer zu erfassen – sanft goldfarbene Wände, die mit Messingleuchtern und naiven Porträts aus dem achtzehnten Jahrhundert dekoriert waren. Geschmackvoll, einfach, mit Klasse. Die hintere Wand wurde von einem Erker dominiert, dessen Tür wahrscheinlich zu einer Terrasse oder einem Patio führte. Gegenüber dem Fenster zog sich ein etwa dreieinhalb Meter langes Geländer hin, ein bezaubernder Platz, von dem aus man hinunter ins Wohnzimmer schauen konnte.
    »Sehen Sie jetzt, wie unrecht Sie mir getan haben?« Er lief die mit einem Läufer belegte Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Mit einem Druck auf den Schalter erfüllten die Messinglampen den Raum mit gedämpftem Licht. »Ich bin hier, weil ich besorgt um Sie bin. Ich meine, unser Erlebnis von heute nachmittag verbindet uns doch irgendwie. Der Versuch, jemanden von den Toten zu erwecken, ist ein ziemlich intimes Erlebnis.«
    »Ja, wir sind praktisch Blutsbrüder«, sagte Ellen trocken. Sie zog ihren Mantel aus und hängte ihn über die Rückenlehne eines Stuhls. Ihre mißtrauische Aufmerksamkeit galt allein dem Mann, der sich nicht nur in ihr Haus eingeschlichen hatte, sondern auch in ihren Fall. Wie eine ruhelose Katze tigerte er durch den Raum, strich mit der Hand über die Möbel, als würde er sein Territorium markieren.
    »Ganz abgesehen von Ihrer großen Besorgnis um mich«, sagte sie und stieg die Stufen hinunter, »hatten Sie nicht die Absicht herzukommen, um vielleicht ein paar Insiderinformationen über die Entführung von Dustin Holloman zu kriegen?«
    »Diese Informationen kann ich aus anderen Quellen beziehen. Besseren Quellen, falls Sie die Wahrheit hören wollen.« Er drückte einen messinggerahmten Schalter neben dem Kamin, und sofort erwachten um einen Stapel künstlicher Holzscheite Flammen zum Leben. Ordentlich, sauber, kein Schmutz, keine Mühsal. Er drehte seinen Rücken dem Feuer zu, drückte die Hände gegen das Gitter, um die Wärme aufzusaugen, die trotz der künstlichen Scheite echt war.
    Ellen stand ihm auf der anderen Seite des Raumes gegenüber, neben einem massiven Polstersessel. Sie hatte es offensichtlich nicht geschafft, vor der Krise in Campion nach Hause zu kommen, und trug immer noch das anthrazitfarbene Kostüm, das sie bei Wrights Kautionsverhandlung und Richter Frankens Tod angehabt hatte. Ihr Haar hatte sich aus dem Knoten gelöst und fiel in glatten seidigen Strähnen bis zu ihren Schultern. Ihre Schutzschicht aus Make-up und guten Manieren war längst abgeblättert. Sie sah erschöpft und jähzornig und völlig unnahbar aus.
    Doch während er sie in diesem Zustand vor Augen hatte, erinnerte er sich daran, wie sie ausgesehen hatte, als sie den Kommandoposten in der Sons of Norway -Halle von Campion betreten hatte – erschüttert, verängstigt. Ihr Bösewicht hatte ihnen einen gemein angeschnittenen Ball zugeworfen, und keiner hatte damit gerechnet.
    »Der Richter in Ihrem Fall stirbt Ihnen unter den Händen, ein weiteres Kind wird gekidnappt, während ihr böser Bube im Knast sitzt«, sagte er und kam langsam auf sie zu. »Das ist eine ganze Menge, mit der sie fertig werden müssen.«
    »Ja, und jetzt muß ich noch mit Ihnen fertig werden«, sagte Ellen und verschränkte die Arme. »Und ich muß mich fragen, ob Sie sich jedes meiner Worte eingeprägt oder ob Sie einen Recorder in Ihrer Tasche haben.«
    »Sie sind verdammt mißtrauisch.«
    »Ich würde Ihnen nicht so weit trauen, wie ich einen Kerl von Ihrer Statur werfen kann.«
    »Nachdem ich hergekommen bin, um nach Ihnen zu sehen und mich von Ihrem Wohlbefinden zu überzeugen?«
    »Haha«, sagte sie ohne rechte Überzeugung.
    »Sie können mich filzen, wenn Sie wollen«, bot er mit dunkler, verführerischer Stimme an. »Aber ich warne Sie – das ist kein Recorder in meiner Tasche.«
    »Ihr Wort genügt mir. Also, Sie haben jetzt gesehen, daß ich noch heil bin.« Sie breitete die Arme aus,

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