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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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einer weißen Strähne seines Barts. »Würden Sie nicht sagen, Ellen«, begann er mit seiner Professorenstimme, »daß Kaution in Höhe einer halben Million Dollar in bar eigentlich die Ablehnung einer Kaution ist?«
    Ellen sagte nichts. Natürlich war es die Ablehnung einer Kaution. Sie dachte an Josh Kirkwood, der seit seiner Rückkehr kaum ein Wort gesagt hatte. Sie dachte an Megan, zusammenge schlagen, gebrochen, die Berufslaufbahn wahrscheinlich durch Garrett Wrights hemmungslose Brutalität beendet. Sie dachte an Dennis und glaubte für einen Moment, den Geruch des Todes wahrzunehmen. Sie dachte an Wright selbst und stellte sich vor, wie sein Blick sich in sie gebohrt hatte an jenem Tag im Verhörraum.
    »Mir scheint das wirklich extrem«, fuhr der Richter fort. »Ich bin mit Dr. Wrights Ruf vertraut und mit seinem Programm für jugendliche Straftäter; nach allem, was ich von dem Mann weiß, habe ich Schwierigkeiten mir vorzustellen, daß bei ihm zum jetzigen Zeitpunkt Fluchtgefahr besteht.«
    »Aber, Euer Ehren, das ist ja genau der Punkt. Sehen Sie das nicht?« flehte sie ihn an. »Der Collegeprofessor ist nicht der Mann, mit dem wir es hier zu tun haben. Hier haben wir es mit einer Seite von Garrett Wright zu tun, die zu allem fähig sein könnte. Der Mann ist böse.«
    Costello rollte die Augen. »Ist das nicht ein wenig melodramatisch, Ellen?«
    »Sie würden anders reden, wenn Sie heute morgen im Büro Ihres Vorgängers gewesen wären.«
    Er besaß die Unverschämtheit, amüsiert seine Überraschung zu äußern. »Sie geben meinem Klienten die Schuld an Enbergs Tod? Das wäre wirklich ein erstaunlicher Vorgang, wenn man bedenkt, daß er zu dieser Zeit im Gefängnis war.«
    Grabko warf ihr einen strengen Blick zu und strich mit dem Daumen an seinem Kinn entlang. »Einhunderttausend Dollar, bar oder Bürgschaft.«
    »Mister Brooks, aus welcher Perspektive wollen Sie diese Story angehen?«
    Jay sah die Reporter, die sich um ihn drängten, mit gerunzelter Stirn an. Sie hatten sich im Gerichtssaal versammelt, um die neueste Entwicklung des Falls zu verfolgen. Anthony Costello stellte Antrag auf Kautionsminderung. Aber die Stars der Show mußten erst noch auf der Bühne erscheinen, und die Journalisten waren inzwischen so unruhig geworden wie Kleinkinder in der Kirche. Eine Gruppe hatte Paul Kirkwood eingekreist, der sich in der ersten Reihe hinter der Anklagebank postiert hatte. Jay besaß die Fähigkeit, gleichzeitig zu lauschen und ein Gespräch zu führen, und so fing er den Kern von Pauls Aussage auf – Gerechtigkeit, Rechte der Opfer, die amerikanische Art. »Ich weiß noch nicht, ob es ein Buch geben wird«, sagte Jay und schüttelte den Kopf. »Ich bin nur als Beobachter hier. Ihr seid diejenigen, die an dem Fall arbeiten.«
    Er hätte ihnen genausogut sagen können, daß er hierhergekommen sei, um sich zum Diktator und absoluten Herrscher des Staates Minnesota auszurufen. Sie hörten, was sie hören wollten, den Rest ignorierten sie.
    »Werden Sie mit der Familie arbeiten, oder sind Sie an Dr. Wrights Geschichte interessiert?«
    »Kein Kommentar, Jungs.« Er grinste sie an. »Jetzt hört mal zu, ihr habt mich schon soweit gekriegt, daß ich wie ein Anwalt rede. Das ist mehr Arbeit, als ich mir eigentlich machen will.«
    Ihre Augen blitzten auf wie Weihnachtslichter, und er wußte, daß er einen schweren Fehler gemacht hatte. Eine Blondine mit Mikrofon beugte sich zu ihm.
    »Als ehemaliger Strafverteidiger, Mister Brooks, was ist Ihre Meinung über den Laufpaß, den Dennis Enberg bekam – der heute morgen mutmaßlich Selbstmord begangen hat – , und über die Ankunft seines Nachfolgers, Anthony Costello?«
    Ein Mann hatte sich den Kopf weggeblasen, und die Blonde flocht das einfach ein, als wäre es eine kleine Nebensächlichkeit in ihrer Story. Es widerte ihn an. Sein Ekel amüsierte ihn auf eine merkwürdige Art und Weise. Ellen hätte gesagt, er wäre keinen Deut besser als diese Frau mit ihrer Gier nach einer Story. Oberflächlich gesehen war er aus dem gleichen Grund hier. In Wirklichkeit aber lagen seine Motive tiefer und waren vielleicht noch schlimmer.
    Selbstverachtung verzog seinen Mund zu einem bitteren Lächeln. »Ma'am, ich bin schon seit sehr langer Zeit kein Anwalt mehr«, sagte er. »Und wenn ich, verdammt, ein guter Anwalt gewesen wäre, würde ich es wahrscheinlich immer noch sein, nicht wahr? Ich verstehe nicht, wieso meine Meinung über all das auch nur einen Pfifferling wert

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