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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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wünschen, daß sie das hier nie angefangen hätte.«
    Er entfernte sich von der Säule und wandte sich der Treppe am hinteren Ende der Halle zu. Das plötzliche Durcheinander von Stimmen, die alle gleichzeitig redeten, sagte Jay, daß die Pressekonferenz vorbei war. Er sah sich nicht nach Ellen um, sondern folgte Todd Childs. Mit gesenktem Kopf eilte er die Treppe hinunter und holte Childs auf dem ersten Treppenabsatz ein.
    »Dann sind Sie an den Protesten vor dem Haus beteiligt?« fragte er, während sie das Erdgeschoß durchquerten.
    »Ja.« Childs warf ihm einen Blick aus den Augenwinkeln zu. »Sie stellen viele Fragen. Wer sind Sie?«
    »James Butler«, log er, ohne zu zögern. »Ich bin unabhängiger Berater für das Büro des Bezirkssteuerprüfers. Wie Sie vielleicht erraten haben, bin ich nicht von hier. Ich bin nur zufällig hier reingeschneit – wie wenn man bei einem Film erst in der Mitte einsteigt, verstehen Sie?«
    »Ja, also, Sie wissen ja, wie es heißt, Mann«, murmelte Childs, als er seine Sonnengläser herunterklappte. »Die Wahrheit ist seltsamer als jeder Roman.«
    Er drängte sich durch die schwere Eingangstür und lief diagonal die Treppe hinunter. Sein buschiges Haar wippte wie ein Fuchsschwanz auf seinem Rücken. Jay sah ihm von der Tür aus nach, sein sechster Sinn regte sich heftig.
    »He!« Eine Stimme ertönte neben ihm. »Sie sind Jay Butler Brooks! Adam Slater, Grand Forks Herald. Könnte ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    »Ja, sicher«, murmelte Jay resigniert. Sein Blick folgte weiter Todd Childs, der sich einer kleinen Gruppe protestierender Studenten näherte, die jetzt die Entlassung seines Mentors feierten, . . . und direkt an ihnen vorbeiging, als ob sie nicht existierten.

16
    Die Nachricht von Wrights Entlassung auf Kautionsbürgschaft verbreitete sich wie ein Lauffeuer in Deer Lake und weiter nach Campion. Die Telefone im Gericht und im Justizzentrum waren von erbosten Anrufern aus jener Fraktion der Bevölkerung blockiert, die Wright für schuldig hielt. In Campion verlief die Suche nach Dustin Holloman weiter ergebnislos, und die Reporter wurden es leid, noch mehr Bilder von entschlossen dreinschauenden Freiwilligen zu schießen, die durch den Schnee stapften. Die Nachricht, daß Anthony Costello eine formelle Verlautbarung vor dem Gerichtsgebäude von Park County abgeben würde, ließ sie den Ort wechseln.
    Auf dem Gehsteig vor dem Gerichtsgebäude herrschte die Karnevalsstimmung einer politischen Kampagne, die auf ihren Sieg zusteuert. Die Studenten vom Harris College, die gegen Dr. Wrights Inhaftierung protestiert hatten, stimmten immer neue Festgesänge an. Die Sci-Fi Cowboys, die für einen Tag vom Unterricht befreit waren, hatten auf dem Gehsteig einen Stand errichtet und verkauften T-Shirts zugunsten von Wrights Verteidigungsfonds. Aus einem Ghettoblaster röhrte Rap-Musik mit Texten gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Die Einwohner von Deer Lake beobachteten die Festlichkeiten mit mißtrauischen Blicken durch das Vorderfenster des Scandia House Caf é . In für das ländliche Minnesota typischer Manier wurde jede offene Bezeugung von Emotionen mit großem Argwohn betrachtet.
    Ellen sah sich den Aufruhr vom Fenster des Konferenzraums an. Das Pendel schlug zu Wrights Gunsten aus. Noch vor Tagen hatte sie das Ruder in der Hand gehalten. Jetzt löste man ihre Hand Finger für Finger.
    »Glauben Sie, die haben eine Genehmigung für den Verkauf dieser T-Shirts?« fragte Cameron.
    »Haben sie«, sagte Phoebe und hielt ihre Brille auf ihrer Knopfnase fest, während sie hinuntersah. »Ich hab's überprüft.
    Und wir können Mister Costello auch nicht daran hindern, von den Stufen des Gerichtsgebäudes herab zu sprechen.«
    »Er würde es nur gegen uns benutzen, wenn wir es versuchten«, murmelte Ellen.
    Sie wandte sich vom Fenster ab und baute sich vor ihrem Team auf. Mitch hatte sich an ein Ende des Tisches gesetzt, Steiger war am entgegengesetzten Ende in Stellung gegangen und hatte einen seiner dreckigen Stiefel auf einen Stuhlsitz gelegt. Wilhelm saß auf halbem Weg zwischen ihnen. Mit seinem glasigen Blick sah er aus wie das Opfer einer Explosion. Das idiotische Grinsen, das er vor einer Woche nach Deer Lake mitgebracht hatte, war in den letzten Tagen schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Durch die Entwicklungen im Kirk-wood-Fall, in der Holloman-Entführung und durch Denny Enbergs Tod war die Arbeitsintensität höllisch gewesen und der Druck enorm. Und

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