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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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bewußt werden. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand eine Schrotflinte nimmt, sie einem in den Mund steckt und abdrückt.«
    Mord. Als ob dieser Fall nicht schon finster genug wäre.
    Jay ließ den Blick über die Menge schweifen, die sich zu Ellens spontaner Pressekonferenz versammelt hatte. Das alte Schlachtroß, das eben in ihr Gespräch geplatzt war, brüllte seine Kollegen nieder.
    »Miss North, wie ist Ihre Reaktion auf Garrett Wrights Entlassung nach Hinterlegung einer Bürgschaft für die Kaution?«
    »Ich bin zutiefst enttäuscht.« Sie war jetzt wieder so cool und beherrscht, als hätte es jene Momente der Schwäche im Gerichtssaal gar nicht gegeben. »Wie auch immer, Richter Grabko hat beide Seiten angehört und seine Entscheidung getroffen, und wir werden damit leben. So funktioniert eben unser System.«
    Womit sie letztendlich sagte, daß es diesmal nicht funktioniert hatte. »Wird Dr. Wright in sein Haus im Lakeside-Viertel zurückkehren – das buchstäblich nur ein paar Meter vom Kirk-wood-Haus entfernt liegt?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Ellen. »Ich hoffe nicht, um der Familie willen.«
    »Wie steht's mit den Gerüchten, daß Dennis Enbergs Leiche zur Autopsie ins Hennepin County Medical Center abtransportiert wurde?«
    »Mister Enberg starb eines gewaltsamen und unerwarteten Todes. Die Stadt- und die Bezirksbehörden sind verpflichtet, diesen Tod zu untersuchen, um einwandfrei klären zu können, ob es Selbstmord war oder nicht.«
    »Gibt es einen Abschiedsbrief?«
    »Kein Kommentar.«
    »Da Garrett Wright zur fraglichen Zeit im Gefängnis saß, können Sie ihn doch unmöglich verdächtigen, an Mister Enbergs Tod oder an der Entführung von Dustin Holloman beteiligt gewesen zu sein?«
    »Kein Kommentar zu laufenden Ermittlungen.«
    Sie hatte ihren Standpunkt zu Wrights Entlassung klargemacht, der Rest war nur noch Show. Die harte Anklägerin, die der Welt diese kleine Niederlage eingestehen mußte, ließ sich nicht beirren. Keiner dieser Reporter hatte ihre Tränen gesehen oder den Selbstvorwurf in ihrer Stimme gehört.
    Er hatte. Und das bedeutete ihm sehr viel, was, gelinde gesagt, unklug war.
    Er löste seinen Blick von ihr und fuhr fort, die Menge zu mustern. Gerichtspersonal lungerte am Rand der Mediengruppe herum, neugierig darauf, die angeblich so ehrgeizige stellvertretende Bezirksstaatsanwältin in Aktion zu sehen. Bis zur ersten Entführung waren Pressekonferenzen in diesem Haus eine Rarität gewesen.
    Ein rostroter Schopf erregte seine Aufmerksamkeit. Er bewegte sich langsam durch die Halle, umrundete die Menge wie ein Jäger, der sich vorsichtig einer mißtrauischen Beute nähert.
    Todd Childs hatte seine Aufmerksamkeit auf Ellen konzentriert, sein Blick war kalt hinter der minimalistischen Brille. Er stand halb versteckt hinter einer Marmorsäule in einem langen, olivgrünen Wollmantel, der aussah, als hätte er seit Jahren in irgendeinem Speicher einen harten Kampf gegen die Motten geführt. Childs war ein Student von Wrights in Harris, sein Name war in den Zeitungsberichten über den O'Malley-Vorfall am Samstag gefallen. Eine der lokalen Fernsehstationen hatte ein Bild von ihm gebracht und in dem Nachfolgebericht am Samstag einen Kommentar zu Dr. Wrights Unschuld.
    Jay rückte ganz nahe an ihn heran und neigte verschwörerisch den Kopf.
    »Die ist ganz schön cool, was?« murmelte er.
    »Die ist ein Luder«, sagte Childs mit zusammengebissenen Zähnen. Er riß seinen Blick von Ellen los und sah Jay an, als habe er das Gefühl, daß man ihm diese Antwort mit einem Trick entlockt hatte. »Sind Sie Reporter?«
    »Ich? Nee. Bloß interessiert. Und Sie?«
    Childs kratzte seinen räudigen Ziegenbart und schniefte. »Ja . . . ich bin interessiert. Dr. Wright ist so eine Art Mentor für mich. Der Mann ist ein gottverdammtes Genie.«
    »Ja, aber ist er schuldig?« fragte Jay ruhig.
    Childs starrte wütend zu ihm hinunter, die blasse Haut spannte sich über seinem knochigen Gesicht. Obwohl das Licht in diesem Teil der Eingangshalle schwach war, waren seine Pupillen schwarze Stecknadelköpfe, ein Anzeichen dafür, daß er irgendeine Substanz eingenommen hatte. Zusätzlich zum Dope, das er rauchte, und dessen Geruch sich wie Mottenpulver in seinem schäbigen Mantel festgesetzt hatte.
    »Der Mann ist ein verdammtes Genie«, sagte er noch mal, sprach jedes Wort überdeutlich aus. »Die Anklage gegen ihn ist Bockmist.« Er warf Ellen einen giftigen Blick zu. »Sie wird sich noch

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