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Deichgrab

Deichgrab

Titel: Deichgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
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gesagt?«
    »Darfst du denn schon aufstehen?«, fragte Tom überrascht.
    »Ja, ja, das geht schon in Ordnung. Ich muss zwar noch eine Weile hier bleiben, aber ich soll mich bewegen und so. Aber nun erzähl schon, wie ist es gestern Abend gelaufen?«
    »Ich weiß nicht so genau.«
    »Wie, du weißt nicht? Ihr wart doch bei der Polizei, oder?«
    Sein Blick wanderte fragend zwischen den beiden hin und her.
    »Wir müssen abwarten.«
    »Wie abwarten? Warten worauf? Soll etwa noch einer draufgehen?«
    »Der Staatsanwalt entscheidet über den Fall.«
    »Der Staatsanwalt?«
    »Ja, der muss entscheiden, ob Onkel Hannes exhumiert wird oder nicht.«
    »Hm, und wann entscheidet er das?«
    Tom zuckte mit den Schultern.
    »Eine Exhumierung?«, meldete sich nun der Bettnachbar zu Wort, »wer soll denn exhumiert werden?«
    Haie sprang vom Bett auf.
    »Kommt, wir gehen in den Park.«
    Draußen auf dem Flur fügte er eine Erklärung für seinen spontanen Vorschlag an:
    »Der ist mir zu neugierig. Als ich gestern mit Elke telefoniert habe, hat der auch die ganze Zeit gelauscht.«
    Sie gingen zum Aufzug. Als die Türen des Fahrstuhls sich öffneten, erblickten sie Frank. Der starrte sie wie versteinert an.
    »Moin«, begrüßte Haie ihn, »wie geht es Broder?«
    Frank schluckte kräftig.
    »Er ist heute Nacht gestorben.«
    »Was?«, entfuhr es Tom.
    Marlene stieß ihm unauffällig ihren Arm in die Seite, als sie Franks erschrockenen Blick sah.
    »Mein Beileid«, sagte sie.
    »Danke, es ging nun doch recht schnell.«
    Der Fahrstuhl hielt im Erdgeschoss. Frank räusperte sich.
    »Kann ich Sie vielleicht einen Augenblick sprechen?«
    Sein Blick war unbeweglich auf den Linoleumfußboden gerichtet.
    »Gehen wir doch in die Cafeteria«, schlug Tom vor.
    Sie setzten sich an einen der kleinen Tische. Marlene holte drei Kaffee und einen Tee für Haie.
    »Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll«, räusperte sich Frank etwas unbeholfen.
    Tom nickte ihm aufmunternd zu.
    »Worum geht es denn?«
    »Nun ja. Eigentlich, also, Ihr Onkel war nicht der Mörder von Britta. Mein Vater hat mir, bevor er heute Nacht gestorben ist, erzählt, was damals passiert ist. Sie müssen mir glauben, aber er hat das alles nicht gewollt.«
    »Was hat er nicht gewollt?«
    Frank holte tief Luft und begann die letzten Worte seines Vaters zu wiederholen.
    »Mein Vater hat damals krumme Geschäfte mit dem Crutschinow gemacht. Er hat auf einigen unserer Felder Giftmüllfässer aus der Papierfabrik verklappt. Die Fässer wurden nachts auf den Hof geliefert und dann in der alten Scheune zwischengelagert. Wenn es günstig war, meist in der nächsten Nacht, hat mein Vater die Fässer zu den Feldern rausgefahren und dort entsorgt.«
    »Deswegen also die vielen brachliegenden Flächen im Koog«, bemerkte Haie, »Broder konnte sie nicht mehr bestellen, weil der Boden verseucht ist. Und verkaufen konnte er sie erst recht nicht.«
    Frank nickte.
    »Und wer hat ihm dabei geholfen?«, fragte Tom.
    »Klaus Nissen und manchmal wohl auch Volker Johannsen.«
    »Und deswegen hat Broder Volker hin und wieder finanziell unter die Arme gegriffen«, sagte Haie.
    Frank schüttelte leicht seinen Kopf.
    »Leider nicht nur deswegen. An dem Tag, an dem Britta zum Reiten kommen wollte, ist sie auch auf dem Hof angekommen. Bevor sie jedoch zum Pferd gegangen ist, wollte sie wahrscheinlich in der Scheune nach den Katzen schauen. Mein Vater hatte uns Kindern zwar strikt verboten, die Scheune zu betreten, aber daran haben wir uns so gut wie nie gehalten. In der Scheune muss Britta die zwischengelagerten Fässer entdeckt haben. Wahrscheinlich hatte sie der Totenkopf auf den Fässern neugierig gemacht. Als mein Vater am späten Nachmittag in die Scheune kam, fand er Britta tot neben einem offenen, umgeworfenen Fass.«
    »Was waren das denn für Fässer?«, fragte Tom.
    »Chlor«, antwortet Haie an Franks Stelle. »Durch das Einatmen der Chlordämpfe verätzte ihre Luftröhre und sie erstickte.«
    Für einen Moment schwiegen sie.
    »Mein Vater hatte wohl schreckliche Angst, dass nun die Sache mit dem Giftmüll herauskommen würde. Er hätte dann alles verloren. Den Hof, die Familie – einfach alles. In seiner Not hat er dann Klaus Nissen angerufen, der ihm half, die Leiche von Britta verschwinden zu lassen. Klaus Nissen hat das auch mit Brittas Fahrrad inszeniert. Alles sollte so aussehen, als sei Britta an diesem Tag nicht auf dem Hof angekommen. Danach hat mein Vater die Gerüchte über Ihren Onkel

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