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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
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Einen Job suchen
    T uut .
    »Hallo?«
    »Ja, hallo, bin ich da bei Matthias?«
    »Na, wen haste denn angerufen?«
    »Hallo, hier ist Tilman. Ich hab –«
    »Wer ist da?«
    »Tilman. Ich hab deine Nummer vom –«
    »Kenn keenen Tilman.«
    Klick .
    Tuut .
    »Hallo?«
    »Ja, Tilman nochmal. Wir sind wohl eben gerade unterbrochen worden.«
    »Nee, simmer nich. Ich hab aufgelegt.«
    »Passts dir grade nich, oder …?«
    »Ich mach bei keiner Umfrage mit, und ich will auch nüscht gewinnen.«
    »Jetzt warte doch mal ab! Es geht um deine Arbeit auf dem Schiff.«
    »Bin ich gefeuert?«
    »Nein! Ich hab deine Nummer vom Thomas. Der Thomas hat mir erzählt, dass du als Ansager auf sonem Spreedampfer arbeitest, und ich –«
    »Das heißt nicht Ansager, das heißt Stadtbilderklärer.«
    »Is ja egal. Auf jeden Fall hat der Thomas –«
    »Nee, ist nicht egal. Ein Ansager sagt was an. Der quatscht nur runter. Ich erkläre. Mann, ich studiere doch nicht umsonst!«
    »Der Thomas hat erzählt, die würden für diesen Job noch Leute suchen.«
    »Ja, na und?«
    »Ich wollte dich mal fragen, ob du da eine Telefonnummer hast oder ob du mir was über den Job erzählen kannst.«
    »Das isn Job, gibt Geld. Ich erkläre, die zahlen.«
    »Und was machst du da?«
    »Was hab ich denn gerade gesagt?«
    »Also du sagst quasi: Links sehen Sie das und das, das wurde dann und dann gebaut. Rechts sehen Sie das und das, das wird gerade renoviert.«
    »Ich sehe, du hast auch studiert, wa?«
    »Und wo fährt der Dampfer lang?«
    »Das ist kein Dampfer. Wir fahren mit Benzin.«
    »Bitte?«
    »Wat heißt denn Dampfer? Glaubst du, wir fahren da mit sonem Schaufelraddampfer rum wie bei Tom Sawyer oder was? Tuut, tuut, Alta? Nächster Halt: Onkel Toms Hütte, Alta? Und unter Deck stehen die Neger und schippen Kohle in den Ofen?«
    »Heißt das nicht so?«
    »Nee, heißt dit nich.«
    »Aber kann man doch auch sagen, oder? Dampfer? Oder Ansager.«
    »Ick brauch mir von dir nich meine Arbeit erklärn lassen.«
    Klick .
    Tuut .
    »Wat is?«
    »Also gut, du bist – dings – Stadterklärer.«
    »Bild!«
    »Stadterklärerbild?«
    »Stadtbilderklärer.«
    »Gut. Du bist Stadtbilderklärer und arbeitest nicht auf dem Dampfer, sondern auf dem Boot.«
    »Ein Boot is was zum Rudern. Ich arbeite aufm Schiff.«
    »Na, dann halt Schiff. Und wo fährt das Schiff lang?«
    »Na, auf der Landstraße wird dit Ding kaum fahren, wa?«
    »Mooaaah!«
    »Na komme, nu rege dich ma nich auf, Schnuckileinschen. Ich fahre immer die kurze Tour: vom Palast der Republik zu Berge bis zur Mühlendammschleuse, denn umdrehen und zu Tal bis zum Tiergarten kurz vor der Martin-Luther-Brücke. Kurzer Stopp an der Schwangeren Auster und wieder zurück bis Palast.«
    »Und da muss man dann die ganze Zeit reden?«
    »So siehts aus. Du kriegst am Anfang son Skript, aber das ist voller Fehler. Ich musste das erst mal durcharbeiten und korrigieren. Und dann musst du ja jede Ansage auch noch auf Englisch wiederholen.«
    »Das kann ich ja.«
    »Supi. Klasse. Toll. Er kann Englisch!«
    »Hast du denn eine Telefonnummer, wo ich mich mal bewerben kann?«
    »Ja, hab ich auch.«
    »Super.«
    »…«
    »Kann ich die Nummer auch haben?«
    »Na ja, ich mach mal ne ganz große Ausnahme, Kollege. Wart mal grade.«
    Raschel, raschel.
    »Hier: Hammer und Zirkel Reederei. 030 2809xxx «
    »Danke.«
    »Macht dann zehn Öre Vermittlungsgebühr.«
    »…«
    »Kleener Spaß, Alta. Und du willst da jetzt anfangen?«
    »Naja, mal schauen. Klingt ja eigentlich nach ner ganz netten Arbeit.«
    »Ganz nette Arbeit, jaja. Pass mal auf, ich erzähl dir was, Kollege. Wenn du sechs Touren hintereinander gemacht hast, immer nur mit einer halben Stunde Pause dazwischen, die du nich mal bezahlt kriegst, dann klingst du am nächsten Tag wie Konrad Kujau. Du quatschst dir da n Wolf und hast dit allet historisch super recherchiert und so, und nach der Tour kommen die Amis zu dir und wollen wissen, was Hitler heute so macht und ob der noch im Parlament sitzt. Den Australiern musst du erklären, dass Westberlin eingemauert war. Die glauben doch, dass Deutschland in der Mitte mipm Lineal geteilt war, und Berlin lag halt zufällig auf der Grenzlinie. Dann kommen irngdwelche Glatzen aus Brandenburg und wollen von dir wissen, wo der Führerbunker gewesen is. Na, da hör ich doch schon den Schäferhund bellen, Alta. Und die Bootsführer kieken dich mipm Arsch nich an, weil –«
    »Aber die suchen noch Leute?«
    »Ja, ick glaube

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