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Deichgrab

Deichgrab

Titel: Deichgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
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Bankbeamten überreicht bekamen. Dokumente, die der Schlüssel zu allen bisher ungeklärten Fragen waren.
    Plötzlich musste er scharf bremsen, verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Das Auto, das ihn kurz vor der Kreuzung geschnitten hatte, hielt an. Volker Johannsen stieg aus. Aufgeregt kam er auf Haie zugerannt.
    »Bist du verletzt? Mensch, ich hab dich gar nicht gesehen.«
    Haie rappelte sich auf. Seine Handflächen waren leicht blutig, sonst konnte er keine Verletzungen feststellen.
    Volker half ihm auf. Seine Knie zitterten, Volker setzte ihn auf den Bordstein und hob anschließend das Fahrrad auf.
    »Geht’s?«
    »Nicht so schlimm!«
    Volker packte ihn am Arm, zog ihn hoch.
    »Komm, auf den Schrecken kriegen wir einen Lütten bei Max.«
    Er ließ sich die alte Warft zur Gaststätte hochziehen. Seit vier Uhr hatte die Kneipe geöffnet, dennoch waren sie die einzigen Gäste.
    »Moin Max«, rief Volker von der Tür aus zum Tresen hinüber, »bring uns mal zwei Klare!«
    Sie setzten sich an den nächstbesten Tisch.
    »Na, ihr seid aber heute früh dran«, sagte der Wirt und reichte ihnen die Gläser.
    »Nee«, Volker hob sein Glas, »wir hatten einen kleinen Unfall und auf den Schreck genehmigen wir uns erst mal einen. Also, nichts für ungut.«
    Er nickte leicht.
    »Ach, wat«, entgegnete Haie, »nicht der Rede wert.«
    Sie tranken den klaren Schnaps mit einem Schluck und bestellten noch zwei weitere Gläser.
    »Weißt du«, sagte Volker, »ich war wirklich ganz in Gedanken. Eigentlich war ich gerade auf dem Weg zu Broder. Ich wollte ihn bitten, mir Geld zu leihen. Du weißt ja, Marlies geht es gesundheitlich nicht besonders und ihr Gehalt fehlt uns einfach.«
    Soweit Haie sich erinnern konnte, hatte Marlies schon die letzten dreißig Jahre nicht gearbeitet, um genau zu sein, seit Brittas Tod war sie gar nicht mehr in der Lage gewesen, einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Er hatte sich schon öfters gefragt, wie die beiden sich trotzdem das Haus und den großen Wagen leisten konnten, und den Pflegeplatz für Marlies’ Schwester zahlten sie auch, jedenfalls hatte Volker das mal am Stammtisch erzählt. Stolz hatte er geprahlt, dass sie dem Sozialamt deswegen nicht auf der Tasche lägen. Warum sie sich allerdings ausgerechnet bei Broder Petersen Geld liehen, wunderte ihn ebenso wie die Tatsache, dass Volker so offen mit ihm darüber sprach.
    »Wie kommst du an Broder?«
    »Ach weißt du, seit unsere Kleine damals verschwunden ist, hat er uns schon ein paar Mal ausgeholfen. Eigentlich ist er nämlich gar nicht so geizig, wie Frank immer erzählt.«
    Haie zog seine linke Augenbraue nach oben. Broder Petersen als milder Wohltäter? Das passte so gar nicht in das Bild, welches er von dem Großbauern hatte. Sie prosteten sich mit der zweiten Runde Korn zu und Haie zweifelte daran, dass Broder das Geld völlig uneigennützig verlieh.

22
    Das Restaurant, das Martin Schleier für das gemeinsame Abendessen vorgeschlagen hatte, war nur wenige Straßen weit entfernt. Sie wählten einen Tisch auf der Terrasse. Martin Schleier bestellte eine Flasche Weißwein und vertiefte sich in die Speisekarte. Von seiner Familie war bis zu ihrem Aufbruch niemand heimgekehrt und Tom war froh, den Abend mit ihm allein verbringen zu können.
    Der Kellner brachte den Wein und nahm ihre Bestellung auf. Während sie auf das Essen warteten, zündete Martin Schleier sich eine Zigarette an und ließ den Rauch in kleinen Kringeln gen Himmel steigen.
    »Ich wüsste nur zur gern, warum Broder Petersen damals seine Aussage zurückgezogen hat. Vielleicht war ihm die Freundschaft zu ihrem Onkel ja doch wichtiger.«
    »Das glaube ich kaum«, entgegnete Tom. »Während ich bei meinem Onkel gelebt habe, hat er nicht ein einziges Mal Kontakt zu jemandem aus dem Dorf gehabt, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern.«
    Er erzählte von der Begebenheit mit dem beobachteten Kneipenbesuch, an den er durch seinen Brief erinnert worden war.
    »Keiner aus dem Dorf wollte etwas mit ihm zu tun haben. Und mit mir auch nicht. Ich habe nie einen Freund gehabt, war immer ein Außenseiter. Das Schlimme war, ich wusste nicht einmal warum. Vielleicht war das auch der Grund, warum ich nie wieder ins Dorf zurückgekehrt bin.«
    »Sie haben Ihren Onkel nie wieder besucht?«
    »Nein«, Tom senkte seinen Blick, »kein einziges Mal.«
    Das Essen wurde serviert und sie begannen, schweigend zu essen. Es schmeckte vorzüglich. Der Matjes war pikant zubereitet und

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