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Deichgrab

Deichgrab

Titel: Deichgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
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Männer aus dem Rettungswagen sahen ihn verwundert an. Frank fiel ein, dass er nackt war.
    Plötzlich ging alles ganz schnell. Die Männer hoben Franks Vater mit gekonntem Griff aus der Badewanne, legten einen Zugang und stülpten eine Sauerstoffmaske über das bläuliche Gesicht. Sie legten Broder auf eine Bahre und trugen ihn hinaus. Einer der Männer fragte:
    »Nimmt Ihr Vater irgendwelche Medikamente?«
    Frank zuckte mit den Schultern.
    »Wem gehören die Tabletten dort?«
    Der Mann wies auf eine Schachtel Schlaftabletten. Als Frank erneut mit den Schultern zuckte, griff der Mann nach den Tabletten und steckte sie in seine Jackentasche. Dann waren sie weg. Frank war wie versteinert. Er konnte nicht wirklich begreifen, was gerade geschehen war.
    Er stellte sich unter die heiße Dusche. Mit dem warmen Wasser kehrte nach und nach wieder Leben in seinen Körper. Er spürte, wie seine Muskeln sich entkrampften und ihm bewusst wurde, was gerade geschehen war.
    Vermutete der Notarzt etwa, sein Vater hätte sich umbringen wollen? Was sollte sonst die Frage nach den Schlaftabletten? Frank hatte die Schachtel schon häufiger im Badezimmer liegen gesehen, aber er war davon ausgegangen, sie gehöre Meike. Und wenn nicht? Was, wenn sein Vater sich tatsächlich das Leben nehmen wollte? Frank schüttelte seinen Kopf. Sein Vater und Selbstmord? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Jemand wie er brachte sich nicht einfach um. Er stieg aus der Dusche, trocknete sich ab und zog frische Kleider an. Mit den Gedanken immer noch bei den vorangegangenen Geschehnissen, machte er sich auf den Weg ins Krankenhaus.

23
    Frieda war früh aufgestanden. Sie saß am Küchentisch und schrieb zum wiederholten Male mehrere Zahlen fein säuberlich auf dem kleinen Notizblock untereinander. Aber auch diesmal war die Summe unter dem Strich die gleiche wie die Male zuvor und sie kratzte sich mit dem Bleistift ratlos am Kopf.
    Ihre Nebenkostenabrechnung war in zwei Tagen fällig und sie hatte keine Ahnung, wovon sie den recht hohen Betrag bezahlen sollte. Ihre Ersparnisse waren so gut wie aufgebraucht. Es war nie viel gewesen, denn als sie das Haus verkaufen musste, war von den Hypotheken kaum etwas abgezahlt gewesen. Frieda hatte sich das nicht erklären können, schließlich hatten sie schon viele Jahre ihren Abtrag gezahlt. Der Bankangestellte hatte ihr erklärt, Lorentz hätte vor gut zwei Jahren das Haus erneut beliehen. Wofür wusste er jedoch nicht. Und Frieda hatte er nichts gesagt.
    Lorentz zu fragen, traute sie sich nicht
    Auf den Sparbüchern war wenig Geld gewesen, teure Anschaffungen hatten sie in der letzten Zeit nicht gehabt. Lorentz zu fragen hatte sie sich nicht getraut. Wahrscheinlich hätte er sich auch nicht erinnern können.
    So waren ihr lediglich fünfzehntausend DM geblieben, von denen sie den größten Teil sofort an das Pflegeheim hatte überweisen müssen. Und nun war der Rest auch so gut wie aufgebraucht. Jedenfalls würde er nicht mehr für die Nebenkostenabrechnung reichen.
    Frieda ging ins Schlafzimmer, suchte aus ihrem Kleiderschrank ihren vornehmsten Rock und eine passende Bluse heraus. Vor dem Spiegel kämmte sie ihre Haare. Sie nahm ihre Handtasche und den Mantel von der Garderobe und verließ die Wohnung.
    An der Bushaltestelle wartete sie auf den Zehn-Uhr-Bus. Der kam pünktlich. Frieda löste eine Fahrkarte und setzte sich zwei Sitze hinter dem Fahrer ans Fenster. In Gedanken legte sie sich bereits die Worte zurecht, mit denen sie bei der Wohnungsgesellschaft um eine Ratenzahlung bitten wollte. Mit der Geschichte von Lorentz und dem Pflegeheim würde sie sicher Mitleid erregen und einen Zahlungsaufschub bekommen.
    Nur eine Haltestelle weiter stieg Elke Ketelsen in den Bus. Sie sah Frieda und grüßte kurz, setzte sich aber auf einen Sitz weiter hinten. Frieda hatte Elke lange nicht gesehen und wunderte sich. Sie kannten einander gut aus dem Landfrauenverein, aber gestern war Elke nicht zum Treffen erschienen.
    Frieda überlegte gerade, ob sie sich zu ihr setzen sollte, da hielt der Bus erneut und Meike stieg ein. Sie sah noch blasser aus als gestern, ihre Augen waren immer noch gerötet. Sie setzte sich neben Frieda.
    »Morgen Meike, wie geht es dir?«
    Meike holte tief Luft. »Ich bin erstmal bei einer Freundin untergekommen. Heute Morgen bin ich beim Arzt gewesen, der hat mir Medikamente verschrieben, aber ich soll nicht mit dem Wagen fahren, solange ich sie nehme. Ich hoffe nur, die Medikamente helfen mir

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