Dein fuer immer
wahrsten Sinn des Wortes.
Vees Hand schloss sich über meiner. »Geh, und sichere dir deinen Titel. Um den Rest kümmern wir uns später.«
Ich schluckte ein ungläubiges Auflachen hinunter. Später ? Mir war vollkommen egal, was hiernach passieren würde. Ich empfand nichts als kalte Distanziertheit gegenüber meiner Zukunft. Ich wollte nicht weiter als eine Stunde vorausdenken. Mit jedem verstreichenden Augenblick wich mein Leben weiter von dem Weg ab, den Patch und ich zusammen gegangen waren. Ich wollte das nicht noch fördern. Ich wollte zurück . Dorthin, wo ich wieder mit Patch zusammensein konnte.
»Scott und ich werden da unten sein, in der Menge«, erklärte Vee fest. »Pass … einfach nur auf dich auf, Nora.«
Tränen traten mir in die Augen. Das waren Patchs Worte. Ich brauchte ihn hier, damit er mir versicherte, dass ich das schaffen konnte.
Der Himmel war immer noch dunkel, der Mond goss weißes Licht über die geisterhafte Landschaft. Beißende Kälte brachte das Gras unter meinen Füßen zum Knirschen, als ich langsam den Hügel hinunter zum Friedhof ging, nachdem ich Vee einen Vorsprung gegeben hatte. Die Grabsteine schienen im Nebel zu schweben, weiße Steinkreuze und schlanke Obelisken. Ein Engel mit abgeschlagenen Flügeln streckte mir zwei gebrochene Arme entgegen. Ein raues Schluchzen steckte in meiner Kehle. Ich schloss die Augen, beschwor Patchs starkes, schönes Gesicht herauf. Es tat weh, mir ihn vorzustellen und zu wissen, dass ich ihn nie wieder sehen würde. Wag es bloß nicht, jetzt zu heulen, schalt ich mich selbst. Ich sah weg, aus Angst, dass ich es nicht durchstehen würde, wenn ich mir irgendein anderes Gefühl außer eiskalter Entschlossenheit erlaubte.
Hunderte Nephilim versammelten sich unten auf dem Friedhof. Die schiere Anzahl ließ mich langsamer werden. Da Nephilim aufhörten zu altern, nachdem sie Treue geschworen hatten, waren die meisten jung, etwa zehn Jahre älter als ich, aber ich sah auch eine Handvoll älterer Männer und Frauen, die unter ihnen zusammenstanden. Ihre Gesichter leuchteten vor Erwartung. Kinder sausten um die Beine ihrer Eltern, spielten Fangen, bevor sie an den Schultern gepackt und festgehalten wurden. Kinder. Als ob das Ereignis des Morgens ein familientaugliches Unterhaltungsprogramm wäre, wie ein Zirkus oder ein Ballspiel.
Als ich näher kam, bemerkte ich, dass zwölf Nephilim knöchellange schwarze Roben trugen und die Kapuzen hochgeschlagen hatten. Das mussten dieselben mächtigen Nephilim sein, die ich am Morgen nach Hanks Tod getroffen hatte. Als Anführerin der Nephilim hätte ich eigentlich wissen müssen, was die Roben bedeuteten. Lisa Martin und ihre Gefolgsleute hätten es mir erklären müssen. Aber sie hatten mich nie in ihren Kreis aufgenommen. Weil sie mich von Anfang an niemals in ihrem Kreis gewollt hatten. Ich war sicher, dass die Roben irgendwie Macht und Rang bedeuteten, aber das hätte ich selbst herausfinden müssen.
Eine der Nephilim schlug die Kapuze zurück. Lisa Martin höchstpersönlich. Ihre Miene war feierlich, ihr Blick erwartungsvoll. Sie reichte mir eine schwarze Robe, allerdings eher, als sei sie dazu verpflichtet, denn als ein Zeichen der Anerkennung. Die Robe war schwerer, als ich erwartet hatte, aus dickem Samt genäht, der sich in meinen Händen glatt anfühlte. »Hast du Dante gesehen ?«, fragte sie mich leise.
Ich ließ die Robe über meine Schultern gleiten, antwortete aber nicht.
Mein Blick fiel auf Scott und Vee, und mir wurde etwas leichter ums Herz. Zum ersten Mal, seit ich Patchs Haus verlassen hatte, holte ich tief Luft. Dann sah ich, wie sie sich an den Händen hielten, und plötzlich fühlte ich mich seltsam einsam. Meine eigene Hand kribbelte in der Kälte. Ich riss mich zusammen, damit meine Faust nicht zitterte. Patch würde nicht kommen. Nie wieder würde er seine Finger mit meinen verschränken, und als mir das klar wurde, entrang sich meiner Kehle ein leiser Klagelaut.
Sonnenaufgang.
Ein goldener Streifen erhellte den Horizont. Innerhalb von Minuten würden Sonnenstrahlen durch die Bäume dringen und den Nebel wegbrennen. Dante würde kommen, und die Nephilim würden von ihrem Sieg erfahren. Die Angst davor, Treue schwören zu müssen, und die Bedrohung, die vom Cheschwan ausging, wären dann Geschichte. Sie würden sich freuen, sich wild beglückwünschen und Dante als ihrem Retter zujubeln. Sie würden ihn auf ihren Schultern tragen und seinen Namen singen. Und dann, wenn er ihre
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