Dein - Grünberg, L: Dein
gesucht hast.«
Der Rest der Woche war eine einzige Qual. Nadines Bedenken waren nicht ohne Wirkung geblieben, schließlich beschäftigte Sophie ja auch immer wieder die Frage, ob sie sich verrannt hatte. Sie wünschte, die Tage vergingen schneller. Das Packen und sich entscheiden, was ihr wichtig war, was sie mitnahm, und die Warterei auf Tag X machten sie unzufrieden, mürrisch und unkonzentriert.
In ihrer Position konnte sie es sich nicht leisten, mit ihren Gedanken abzuschweifen. Zu schnell verfälschte ein Zahlendreher, eine falsche Summe, eine fehlerhafte Berechnungsformel, das Gesamtergebnis.
Selbst ihren Kollegen war aufgefallen, dass sie abgelenkt war und hatten sie gefragt, ob mit ihr alles in Ordnung wäre. Sophie hatte sich herausgeredet, Familienstress zu haben und da sie nur wenig über Privates sprachen, wusste niemand nicht, dass dies ihr kleinstes Problem war. Ihre Eltern waren seit langem geschieden, ihr Vater lebte im Ausland, und ihre Mutter in einer anderen Stadt. Weil sie nur gelegentlich telefonierten und sich selten sahen, würde es vorerst nicht nötig sein, ihre Mutter über ihren Umzug zu informieren.
Nervös und neugierig fragte Sophie sich ohne Unterlass, wie ihr neuer Herr wohl aussehen würde. Groß, muskulös und attraktiv? Das würde zu seiner Stimme passen. Ach, er musste einfach attraktiv sein!
Sie würde keinen Rückzieher machen. In ihren Augen wäre das nicht vernünftig, sondern feige. Und waren nicht sowieso ihre spontanen Entscheidungen immer die besten?
Der Chauffeur, der Sophie auch schon zum ersten Treffen gefahren hatte, holte sie pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt am Samstagmittag ab. Sie hatte ihn gefragt, ob er fest für ihren Herrn arbeite und er hatte erwidert, nur von Zeit zu Zeit, sozusagen auf Abruf. Mehr sei nicht erforderlich.
Als sie die Wohnungstür abschloss, erfasste Sophie ein mulmiges Gefühl. Hinter dieser Tür mit zwei Zimmern, Bad und Küche, lag die Vergangenheit der letzten sechs Jahre. Nun gab es endgültig kein Zurück mehr. Sie gehörte nicht mehr sich selbst.
Der Mann nahm ihren Koffer und ihre Reisetasche und lud beides in den Wagen ein. Die Fahrt war eine Qual. Als hätten sich die roten Ampeln gegen sie verschworen, kamen sie nur langsam voran.
Dann war es soweit. Sophie staunte über ihr Ziel, das sie nun endlich sehen durfte, ein modernes Appartementhaus unweit der Stadtmitte, nicht allzu weit von ihrer Arbeitsstelle entfernt. Ein Aufzug brachte sie schnell hinauf zum Penthouse.
Sophie wartete im selben Zimmer wie beim ersten Mal. Sie hatte vermutet, dass es zu seiner Wohnung gehörte. Aber es war eben nur eine Vermutung gewesen.
Ihre Finger trommelten nervös auf der Tischplatte. Nach einer Minute sah sie auf die Uhr, nach einer weiteren, und obwohl sie glaubte, sich beherrscht zu haben, waren nur knapp zwei Minuten vergangen, als ihr Blick schon wieder auf die Uhr fiel.
»Guten Tag, Sophie.«
Sie zuckte zusammen. Wie verführerisch diese Stimme war, von angenehmer Tiefe und Volumen. Wenn sie schon so aufregend aus dem Lautsprecher klang, wie erregend musste das erst ohne diese Distanz sein.
»Guten Tag, Herr. Ihre Sklavin meldet sich zum Dienst.«
Ein trockenes Lachen klang. »Langsam, noch bist du nicht meine Sklavin. Erst wenn auch ich den Vertrag unterzeichnet habe.«
»Dann tun Sie das bitte«, sagte Sophie mit Nachdruck. »Ich bin hier, ich bin bereit, Ihnen zu dienen.« Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie musste ihn endlich sehen, sonst würde sie noch durchdrehen.
»Du hast deine Meinung also nicht geändert?«
»Nein. Ich stehe zu meinem Wort.« Sophie atmete tief durch. Ihr Herz klopfte immer schneller. »Ich denke an nichts anderes mehr, obwohl ich nicht weiß, wer Sie sind.«
Er lachte leise. »In Ordnung, dann will ich dieser Qual mal ein Ende bereiten.«
»Danke, Herr.«
»Du hast nur deine wesentlichen persönlichen Dinge mitgebracht?«
»Ja, Herr. In zwei Koffern. Obwohl ich darin nicht alles untergebracht habe und vieles, was mir wichtig ist, zurücklassen musste«, erwiderte sie vorwurfsvoll.
Wieder lachte er leise, als nähme er ihren Einwand nicht ernst. »Wenn es dich beruhigt, ich werde deine Sachen in einem kleinen Lager, das ich angemietet habe, ein Jahr lang aufbewahren. Wobei du bald feststellen wirst, Sophie, dass du sie gar nicht vermissen wirst.«
In diesem Punkt war Sophie zwar anderer Meinung, aber sie verkniff sich eine Erwiderung. Es käme bestimmt nicht gut, sich schon
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