Dein ist die Rache
Arbeit, Aector«, sagt sie, ihn von der Seite ansehend. »Soweit es die Bosse betrifft, befasst sich mein Team mit der Drogensache. Der Benzinbombe. Alan Rourke und dem rothaarigen Fiesling. Das sind unsere derzeitigen Aufgaben. Simon Appleyard taucht auf keinem Radar auf.«
»Nur ein Anruf«, sagt er und sieht sie an. »Und wir sorgen dafür.«
Pharaoh blickt zum Himmel. Man sieht immer noch ein bisschen Blau, aber die dunklen, regenschwangeren Wolken ziehen wieder heran. Sie hängen tief, als würden sie nur darauf warten, dass jemand sie mit einer Klinge aufschlitzt. Sie wirken drückend. Bedrohlich. Sie könnten genauso gut voller schwarzer Aale stecken wie voll Regen.
»Mich müssen Sie nicht überzeugen«, sagt sie. »Ich freue mich nicht gerade darauf, den Leuten erzählen zu müssen, dass wir Peter Tressider in Verbindung mit einer Morduntersuchung förmlich vernehmen wollen, doch ich bin bereit, es zu tun. Aber vorher brauche ich etwas mehr als ein paar zufällige Übereinstimmungen, ein intuitives Gespür und einen großen Sprung in puncto Glauben.«
»Suzie«, sagt McAvoy, während er die Hand ausstreckt und die Kirschblüte befreit, bevor er sie im nächsten Windstoß freisetzt. »Sie kann erzählen, was ihr zugestoßen ist.«
»Eine sehr zuverlässige Zeugin, nicht wahr? Eine Swingerin mit Vorstrafenregister.«
»Sie wurde überfallen.«
»Sie war an einem Dogging-Platz und bei einer Sexparty.«
»Sie ist ein Opfer.«
»Sie ist eine Schlampe.«
»Das ist nicht fair. Nach allem, was sie durchgemacht hat …«
Pharaoh wirft den Becher auf den Holztisch. Er prallt ab und rollt ins Gras. »Das sind nicht meine Worte, Aector. Sondern das, was ich mir werde anhören müssen.«
Eine Weile sitzen sie schweigend da. McAvoy hätte viel zu sagen, schafft es aber nicht, die Worte in die richtige Reihenfolge zu bringen. Stattdessen überlegt er, ob Roisin auf ihn wütend ist. Pharaoh ihrerseits lässt ihre Gedanken zu weniger verworrenen Dingen schweifen. Betrachtet ihre schwarzgemusterte Strumpfhose und fragt sich, ob sie sich die Beine hätte rasieren sollen, bevor sie sie anzog. Ob sie in den Achselhöhlen Abschürfungen vom Drahtbügel ihres schlechtsitzenden Büstenhalters davontragen wird. Ob sie den Brownie hätte essen sollen, den McAvoy ihr besorgt hat, oder lieber ein Stück Obst …
»Ray wirkte nicht besonders erfreut, mich zu sehen«, meint sie resigniert. »Bei den Verhören ist nicht viel herausgekommen, oder? Aber er hatte so einen Ausdruck in den Augen.«
»Wenn er auf etwas gestoßen ist, muss er es Ihnen sagen. So ist der Dienstweg.«
»Ach so, stimmt ja«, sagt sie sarkastisch. »Wir machen ja immer alles nach Vorschrift.«
Der blaue Himmel wird noch eine Schattierung dunkler. Die Bäuche der Wolken sacken tiefer. Ein Spatz flattert auf einen benachbarten Picknicktisch und pickt auf einem liegengelassenen Kronkorken herum, bevor er wieder davonfliegt.
»Hübsch hier«, sagt Pharaoh. »Suzie würde es gefallen.«
»Wie bitte?«
»Abgeschieden«, sagt sie zur Erklärung. »Man kann hier allen möglichen Unfug treiben.«
McAvoy dreht sich halb zu ihr um, merkt dann aber, dass ihm die Röte wieder in die Wangen steigt, fängt sich gerade noch und starrt vor sich hin.
»Sie wissen, dass wir es tun müssen«, sagt er leise. Er holt Luft. Lässt die Farbe aus seinem Gesicht weichen. Dann endlich dreht er sich um und sieht sie an. »Sie wissen, dass es funktioniert.«
Pharaoh steckt sich die Zigarette zwischen die Lippen und stößt mit der Zungenspitze gegen den Filter. Sie wackelt damit herum, während sie nachdenkt.
»Das würde sie in große Gefahr bringen.«
»Ich wäre ja bei ihr.«
»Würde sie sich dazu bereit erklären?«
»Ich glaube schon.«
Sie nicken beinahe unmerklich, ihre Übereinkunft bleibt unausgesprochen. Sie akzeptieren einfach, was geschehen muss.
»Wir brauchen mehr«, sagt Pharaoh schließlich. »Wenn es zu einer Verhandlung kommt, müssen wir nachweisen, dass ein begründeter Anfangsverdacht bestand …«
Hier draußen gibt es ein gutes Netz, und McAvoys Telefon klingelt. Er formt mit den Lippen »Entschuldigen Sie« und nimmt das Gespräch an. »Sollte er es nicht sein …«
»… wäre ich entzückt«, sagt Pharaoh. »Das ist das Schlimme daran. Selbst wenn wir unsere Befugnisse überschritten haben, wenn wir einen Killer schnappen, ist alles wieder in Butter. Aber wenn wir den Vorsitzenden der Polizeidirektion in Handschellen abführen, gibt
Weitere Kostenlose Bücher