Dein ist die Rache
eine Pfütze zu drücken, so dass sie ohne größere Verbrennungen davonkam.
Der Einsatz hatte in einem Fiasko geendet. Der Landrover schaffte es, die Streifenwagen im Gewirr der alten Gebäude unten bei den Docks abzuschütteln. Als der angeforderte Hubschrauber endlich auftauchte, war es zu spät, um die Spur aufzunehmen. Und als Pharaoh und die Überreste ihres Teams das schief in den Angeln hängende Holztor des baufälligen Lagerhauses aufbrachen, um den Abend zumindest durch die Beschlagnahmung von ein paar Tonnen Marihuana zu retten, fanden sie alles verlassen vor. Die Tischreihen, die den langen, kalten Raum durchzogen, waren voller Erde und Blätter: ein Hinweis darauf, dass das Gebäude tatsächlich zum Drogenanbau benutzt worden war. Aber die Verantwortlichen hatten längst alles ausgeräumt. Leanne ging nicht ans Telefon, und der uniformierte Beamte, der zu ihrem Haus geschickt worden war, fand es leer und unbeleuchtet vor.
»Ihr passiert schon nichts«, sagt Roisin leise. »Pharaoh. Sie ist ein großes Mädchen.«
McAvoy betrachtet seine Frau und versucht, ihren Gesichtsausdruck zu enträtseln. Sie ist seiner Chefin noch nie begegnet. Obwohl sie mit einem Polizisten verheiratet ist, fühlt sie sich nicht wohl in Gegenwart des Gesetzes. Sie weiß, dass Pharaoh ihrem Mann viel bedeutet und er sie nie betrügen würde, aber in letzter Zeit hat McAvoy eine gewisse Schärfe in der Stimme seiner Liebsten vernommen, wenn die Sprache auf Pharaoh kommt.
»Besprechung am Morgen«, sagt McAvoy. »Oder besser: rückblickende Analyse. Mal sehen, was wir aus der heutigen Nacht noch retten können. Ich versuche es zuallererst bei Leanne. Ich bin sicher, sie hatte mit der Falle nichts zu tun. Sie ist kein schlechter Mensch. Sie ist nur, du weißt schon … ach, es ist ein totaler Schlamassel …«
»Du kriegst die Sache schon hin, Aector. Keine Sorge.«
Sie stehen in der Küche, an die Arbeitsfläche gelehnt. Roisin hat gerade den Abwasch gemacht. Sie lässt nie zu, dass McAvoy ihr dabei hilft. Das hat mit ihrer Überzeugung zu tun, dass Männer im Haushalt nichts zu suchen haben, aber auch damit, dass er zwei linke Hände hat, ständig Sachen zerbricht und eine Sauerei anrichtet.
»Übrigens, ich hatte heute einen Anruf von einem alten Freund«, sagt Roisin plötzlich. »Er kann uns einen dieser Toyotas besorgen, mit Allradantrieb. Zwei Riesen, und nur drei Jahre alt …«
McAvoy zuckt zusammen. Errötet. Wünscht sich, sie hätte das Thema nicht aufgebracht. Er ist nie sicher, wie er reagieren soll, wenn sie »Freunde« und »Kontakte« erwähnt – vor allem nicht seit der peinlichen Begegnung heute früh mit dem fahrenden Volk. Er glaubt nicht daran, dass ein solches Fahrzeug zu diesem Preis ganz legal aufzutreiben ist. Befürchtet, es könnte sogar gestohlen sein. Er schämt sich seiner Vorurteile, selbst gegenüber dem Menschen, den er über alles liebt.
»Mal sehen«, sagt McAvoy. »Vielleicht zahlt die Versicherung ja noch.«
Roisin stößt ein verächtliches Lachen aus. Die McAvoys befinden sich im Krieg mit ihrer Kfz-Versicherung. Ihr Minivan hat sich eine Woche vor Weihnachten in ein ausgebranntes Wrack verwandelt, als ein Serienmörder, der bei der folgenden Explosion ums Leben kam, ihn gegen eine Mauer fuhr. McAvoy kam mit kleineren Verbrennungen davon. Doch die Verletzungen waren ein Klacks im Vergleich zu dem Heckmeck mit der Versicherung. Die Gesellschaft behauptet, er sei für einen mit der Arbeit in Zusammenhang stehenden Unfall nicht versichert. Weigert sich einfach, zu zahlen. Sie haben McAvoy ein Dutzend Mal von einer Abteilung zur nächsten verwiesen; alle sind anscheinend besetzt von Zwölfjährigen, die sich vor Lachen gar nicht mehr einkriegen, wenn sie seine Beschreibung des Unfalls lesen.
Von oben ertönt ein halbherziges Weinen, und Roisin schließt frustriert die Augen. Sie sieht müde aus. Lilah war den ganzen Tag quengelig und schlecht gelaunt, wollte sich nicht füttern lassen.
»Ich gehe schon«, sagt McAvoy, aber Roisin winkt ab und besteht darauf, dass er sich hinsetzt. Das will er nicht, weil er befürchtet, auf der Stelle einzuschlafen, sobald er die Augen schließt. Sie schlüpft an ihm vorbei und ist zu erschöpft, um zu bemerken, wie er den Arm ausstreckt, um sie an sich zu drücken.
Eine Weile bleibt McAvoy einsam in der Küche stehen. Betrachtet den Brotkasten und die Keksdose. Isst ein paar Erdnussbutterkekse und spült die Krümel mit einem Schluck aus dem
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