Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
Arme über den Kopf und streckt den Rücken, bis die Wirbel knacken, und schlägt dann mit beiden Fäusten auf den Tisch. Bei seiner Kraft klingt das Geräusch der auf den Tisch knallenden Metallhandschellen wie ein Schuss, alle im Zimmer bis auf DI Cray zucken zusammen. Gideon
kreuzt die Arme an den Handgelenken und hält sie wie zur Abwehr vor seinen Körper. Dann reißt er die Hände auseinander, Blut spritzt quer über den Tisch und landet auf Veronica Crays Bluse.
Gideon hat sich mit den Kanten der Handschellen eine Schnittwunde in der linken Handfläche zugefügt. DI Cray sagt nichts, aber sie ist blass geworden. Sie schiebt ihren Stuhl zurück und betrachtet den dunkelroten Blutspritzer auf ihrer weißen Bluse. Dann entschuldigt sie sich, um sich umzuziehen.
Mit drei hastigen, steifen Schritten ist sie an der Tür. »Sagen Sie dem Professor, dass er kommen soll«, ruft er ihr nach. »Dann erzähle ich ihm, wie seine Frau gestorben ist.«
69
Ich treffe Veronica Cray im Flur vor dem Verhörraum. Sie sieht mich hilflos an und senkt den Blick, erschlagen von dem, was sie weiß und was sie nicht weiß. Der Blutfleck auf ihrer Bluse trocknet langsam.
»Die schicken einen Militärhubschrauber. Ich kann sie nicht aufhalten. Sie haben einen vom Innenministerium unterzeichneten Haftbefehl.«
»Was ist mit Charlie und Julianne?«
Die Schulterblätter unter ihrer Bluse zucken. »Ich kann nichts mehr machen.«
Genau das hatte ich befürchtet. Das Verteidigungsministerium ist mehr daran interessiert, Gideon zum Schweigen zu bringen, als meine Frau und meine Tochter zu finden.
»Lassen Sie mich mit ihm reden«, sage ich. »Er will mich sehen.«
Für einen Moment flimmert die Zeit. Der Tumult der Welt tritt in den Hintergrund.
DI Cray zieht eine Zigarette aus der Schachtel in ihrer Hose und steckt sie in den Mund. Ich bemerke das Zittern ihrer Hand. Wut. Enttäuschung. Frustration. Es könnte alles sein.
»Ich schaff den Armyanwalt aus dem Weg«, sagt sie. »Sie haben vielleicht maximal zwanzig Minuten. Nehmen Sie Ruiz mit. Er wird wissen, was zu tun ist.«
In ihren Worten schwingen vorher nicht gehörte Andeutungen mit. Sie wendet sich ab und geht langsam den Flur hinunter bis zur Treppe.
Ich betrete den Verhörraum, und die Tür fällt hinter mir zu. Einen Moment sind wir allein. Selbst die Luft in dem Zimmer
scheint sich in ferne Ecken verzogen zu haben. Gideon kann nicht mehr aufspringen oder auf und ab laufen. Seine Handschellen sind mit Bolzen und eingelassenen Schrauben auf der Tischplatte fixiert worden. Ein Arzt hat die Schnittwunde an seiner Hand verbunden.
Ich komme näher, setze mich ihm gegenüber und lege meine Hände auf den Tisch. Mein linker Daumen und Zeigefinger trommeln einen stummen Zapfenstreich. Ich ziehe die Hand weg und klemme sie zwischen die Knie. Ruiz ist hinter mir in den Raum gekommen und hat leise die Tür geschlossen.
Gideon sieht mich fest und mit einem unbestimmten Lächeln an. In seinen Brillengläsern sehe ich die Trümmer meines Lebens gespiegelt.
»Hallo, Joe, in letzter Zeit was von deiner Frau gehört?«
»Wo ist sie?«
»Tot.«
»Das glaube ich dir nicht«
»Du hast sie getötet, als ich verhaftet wurde.«
Ich kann den Gestank seiner Eingeweide riechen, den ranzigen eiternden Hass auf die Frauen und die Welt.
»Sag mir, wo sie sind.«
»Du kannst nur eine von beiden haben. Ich habe dich aufgefordert zu wählen.«
»Nein.«
»Ich habe gar keine Wahl bekommen, als ich meine Frau und meine Tochter verloren habe.«
»Du hast sie nicht verloren. Sie sind vor dir weggelaufen.«
»Die Schlampe hat mich betrogen.«
»Das sind doch bloß Vorwände. Du bist besessen von deinem eigenen eingebildeten Anspruch. Du glaubst, weil du für dein Land gekämpft und dabei schreckliche Dinge getan hast, hättest du etwas Besseres verdient.«
»Nein. Nichts Besseres. Ich will nur, was alle anderen auch wollen. Aber was ist, wenn mein Traum mit deinem kollidiert? Was, wenn mein Glück auf deine Kosten geht?«
»Wir arrangieren uns irgendwie.«
»Das ist nicht genug«, sagt er und blinzelt langsam.
»Der Krieg ist vorbei, Gideon. Lass sie heimkehren.«
»Kriege sind nie zu Ende«, gibt er lachend zurück. »Kriege florieren, weil es immer noch genug Menschen gibt, die sie lieben. Manchmal trifft man Leute, die glauben, ein Einzelner könnte dazu beitragen, Kriege zu verhindern, aber das ist Blödsinn. Sie jammern, dass unschuldige Frauen und Kinder verwundet und getötet
Weitere Kostenlose Bücher