Deine Küsse - heißer als Feuer
ein Dieb war sie in der Nacht davongeschlichen, danach hatte sie einfach nicht mehr einschlafen können. Er dagegen erschien sicher bestens ausgeruht zu dieser Präsentation.
Als er auf sie zukam, stockte ihr der Atem. Seine schwarze Stoffhose saß eng um die Hüften, das weiße Hemd dagegen war sehr lässig geschnitten und hing locker über dem schwarzen Gürtel. Der dunkle Dreitagebart mochte auf manchen der Anwesenden vielleicht ungepflegt wirken, auf Avery wirkte Guy dadurch nur noch unwiderstehlicher.
Ihre Blicke begegneten sich, und für ein paar endlose Sekunden sahen sie sich nur an. Dann lächelte er sie warm und herzlich an, und Avery senkte schnell den Blick. Sie würde auf dieses Lächeln, das so viele Versprechungen zu machen schien, nicht mehr hereinfallen. Jetzt stand er neben ihr, und während er seinen Laptop aufbaute, raunte er ihr zu: „Du hast mich verlassen.“
„Pst!“, machte sie und sah sich hastig um. Aber niemand schien bemerkt zu haben, dass da etwas zwischen ihnen vorging. „Du sahst so unschuldig aus mit deinen verstrubbelten Haaren“, flüsterte sie.
„So? Ich kann dir aber versichern, dass meine Gedanken alles andere als unschuldig waren, als ich heute Morgen aufwachte. Allein.“
Avery errötete und senkte schnell wieder den Kopf. Vielleicht hätte sie doch nachgeben und mit ihm schlafen sollen, dann würde sie sich jetzt nicht so zerschlagen fühlen. Kaum hatte sie seine Suite verlassen, hatte sie sich schon nach ihm gesehnt. Andererseits wusste sie, dass sie nicht zu den Frauen gehörte, die ohne eine tiefere Bindung mit einem Mann ins Bett gingen. Sex nur um des Sex willen, das war nichts für sie.
Irgendwie machte sie sich aber auch etwas vor. Warum fühlte sie sich denn sonst von Guy angezogen wie eine Motte vom Licht? Sie empfand etwas für einen Mann, der nur ihren Körper wollte. Wie sollte sie nur aus diesem Dilemma herauskommen? Sie nahm ihre ganze Willensstärke zusammen, hob den Kopf und sah Guy entschlossen an. „Hör auf damit!“, stieß sie leise hervor. „Wenn man dich hört! Ich will mir von dir nicht meine Karriere vermasseln lassen.“
„Ja, ja“, entgegnete er ungeduldig, „ich weiß. Das ist mir auch klar.“
„Gut.“ Aber wollte sie das wirklich? Keine leidenschaftlichen Nächte mehr? Damit musste Schluss sein. Sie würde sich endgültig von ihm lösen, er hätte nichts mehr in ihrem Leben zu suchen. Keiner würde sich das Maul darüber zerreißen können, dass die kleine Lancaster mit dem Big Boss schlief, um die Karriereleiter hinaufzuklettern.
Und das war gut so.
Sie musste zu ihren Prinzipien stehen und durfte sich nicht von Gefühlen leiten lassen. Das würde sie nur ins Unglück stürzen. Aber das würde alles andere als einfach werden.
Ihre zweite gemeinsame Präsentation fünf Tage später verlief schon sehr viel routinierter. Und es war auch nicht so, dass Avery und Guy sich nach der Nacht in seiner Suite aus dem Weg gegangen wären. Im Gegenteil, jeden Tag verbrachten sie einige Stunden damit, verschiedene Rezepte durchzugehen, die Guy neu in sein Angebot aufnehmen wollte, und die passenden Weine zu den Gerichten auszusuchen. Außerdem arbeitete Avery jeden Tag mit den Angestellten der Restaurants und der Bars, um den Gästen den bestmöglichen Service bieten zu können. Abends trafen sie sich meist in Guys Suite, bestellten etwas beim Zimmerservice und besprachen das, was sie tagsüber erreicht hatten. Avery liebte diese beinah familiäre Atmosphäre und nahm sich vor, die Erinnerung daran auf immer in ihrem Herzen zu bewahren.
Nach dem gemeinsamen Vortrag kamen drei bekannte Restaurantchefs auf Guy zu, und Louis, der Chefkoch vom Chagall’s, gratulierte Avery. Auch Trevor und Gavin schüttelten ihr die Hand, und Trevor meinte: „Das war sehr gut. Ich kann es kaum noch erwarten, die berühmten kalifornischen Weingüter zu besuchen.“
„Das freut mich.“ Avery strahlte. „Dann sollten Sie mit dem El Dorado anfangen. Da bin ich nämlich aufgewachsen.“
Als Erica und Christian noch dazukamen, war man sehr schnell bei deren bevorstehender Hochzeit im Dezember. „Zur Begrüßung könnten wir doch einen Champagner-Cocktail reichen, oder? Was meinen Sie?“, wandte Erica sich vertrauensvoll an Avery.
„Gute Idee, vielleicht noch mit einem Spritzer Cassis.“
„Und Christian meint, dass du, Trevor, uns am ehesten sagen könntest, wo die Trauung stattfinden sollte.“
In gespieltem Entsetzen hob Trevor beide Hände.
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